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thema
RenéBreiwe
WissenschaftlicherMitarbeiter
der Universität Duisburg-Essen
imRahmen der Praxisphasen der
LehrerInnenbildung sowie Lehrer
für die Sekundarstufe I und II
Der ersteDurchgang aus Sicht einesDozenten
Vom forschendenHabitus
im Praxissemester
Zum Sommersemester 2015wurde
dieKooperation zwischenden zen-
tralenOrtender LehrerInnenbildung
erstmals auf die Probe gestellt: Die
Schulen, die Zentren für schulprak-
tische LehrerInnenausbildung (ZfsL)
unddieUniversitäten arbeitennun
Hand inHand fürs Praxissemester.
Und inmittendieser Akteurskonstel-
lation stehendie Studierenden, die
als „Versuchskaninchen“ indas neue
Vorhabengehen.
Für DozentInnenwar die Premieremit eini-
gen Fragen undHerausforderungen versehen.
Ob sich die monatelange Vorbereitung auf
das Praxissemester imMaster of Education
an der Universität Duisburg-Essen bewähren
würde, sollte sichabFebruar2015 zeigen: Lan-
desweit strebten Lehramtsstudierende an den
Lernort Schule. IndenBildungswissenschaften
stehen parallel dazu die Forschungsprojekte
in der Vorbereitung angehender LehrerInnen
imMittelpunkt, denen nunmehr Kenntnisse
und insbesondereUmsetzungserfahrungen im
BereichderempirischenBildungsforschungmit
auf denWeg gegebenwerden.
Forschendes Lernen
ImvorbereitendenSeminarwerden insbeson-
dere Grundlagen im Bereich der qualitativen
sowieauchderquantitativenSozialforschunger-
arbeitetund inBezugaufpotenziellumsetzbare
Forschungsprojekte diskutiert. In den Begleit-
seminaren ist die Reflexion der Forschungs-
erfahrungenvonzentralerBedeutung.Beidieser
Thematik istein„forschenderHabitus“ relevant,
der als grundlegender Bestandteil professio-
nellen LehrerInnenhandelns im Rahmen des
Praxissemesters nachhaltig entwickelt werden
soll–einAspekt,derbesonders insGewicht falle,
betont auch das Schulministerium.
Flexibel bleiben
Die zentrale Herausforderung bleibt die
Kommunikation zwischen den Akteuren nicht
nur über Inhalte, sondern auch über Funktion
und Sinnhaftigkeit der Forschungsprojekte.
Dabei geht es nicht primär um Forschung im
reinwissenschaftlichenSinne–erst recht nicht
als „verlängerter Arm“ der universitären For-
scherInnen. Es geht um „forschendes Lernen“,
das heißt um die Grundhaltung, bildungsrele-
vanten Aspekten und Kontexten theoretisch
undempirischgestützt zubegegnenunddiese
zu reflektieren.
EinigegrundlegendeElementedesPraxisse-
mesterssindnochzuklären: ZumBeispiel zeigte
sich, dass über die intentionalenHintergründe
der Forschungsprojekteverstärkt kommuniziert
werdensollteund insbesondere rechtlicheFragen
nicht abschließend geklärt sind. Letztlich aber
konnten das Praxissemester konstruktiv umge-
setzt und die Forschungsprojekte erfolgreich
abgeschlossen werden – dank der flexibilitäts-
orientierten Unterstützung und Mitwirkung
allerBeteiligten inSchule, ZfsLundUniversität.
Mehr Themenbesetzen
FürdieHochschullehresowiedieVorbereitung
undBegleitungdesPraxissemestersaufuniver-
sitärer Seiteergibt sichausdenProblemfeldern
die konkrete Notwendigkeit, Gegenstand und
Praxis– insbesonderedes forschendenLernens–
zuvermitteln.DieStudierenden sollenbei ihren
Forschungsvorhabenmöglichst realitätsnah im
Sinne der Umsetzbarkeit unterstützt werden.
Gewisse Konfliktpotenziale bleiben beste-
hen, zumal die Studierenden bei der Planung
der Forschungsprojekte nicht wissen, an wel-
cher Schule sie ihr Praxissemester absolvieren.
Deshalb müssen sich die Themen auf Felder
fokussieren, die unabhängig von spezifischen
Schulprofilensind.DabeibestehtdieGefahr,dass
bestimmte Aspekte wie Unterrichtsstörungen
oder Unterrichtseinstiege zum Dauerbrenner
werden, dasieschulunabhängigsind.Dies liefe
jedochder Bandbreitemöglicher interessanter
Forschungsfelder entgegen.
Nicht nur Punkte sammeln
Auch die Anforderungen der nordrhein-
westfälischen Universitäten sind noch zu ver-
schieden:DieAnsprücheandieProjektesollten
quantitativ und qualitativ vergleichbar sein,
insbesonderevordemHintergrunddes reflexiven
Charakters imSinneeines forschendenHabitus.
Dieser kannnur entwickelt und reflektiertwer-
den, wenndie Freiräumedazubestehen.Mehr
Freiräume und Reflexionsanlässe zu schaffen,
gelingt beispielsweise, indem kreditierte Auf-
gaben reduziert werden. Das Praxissemester
soll eben nicht nur aus dem Abarbeiten von
Leistungsanforderungen unter besonderem
Notendruck bestehen, umdie entsprechenden
credit points zu erhalten. Denn das steht der
Entwicklungeines forschendenHabitusdiame-
tral entgegen.
René Breiwe
Ich konnte in meinem Praxissemester alle
Bereiche des Lehrberufs kennenlernen: Eltern-
sprechtage, Fortbildungen, Konferenzen, Noten-
findung, Korrekturen und vielesmehr. Vor allem
durfte ich Unterricht in allen Klassenstufen in
großem Umfang selbst gestalten. So habe ich
im Praxissemester wertvolle Erfahrungen ge-
macht, die für den Start indas Referendariat be-
stimmt hilfreich seinwerden. Leider gab es auch
viele Studierende, die kaum oder gar nicht un-
terrichten durften. Das muss geändert werden!
Verbesserungswürdig ist außerdem die Bela-
stung durch die Uni: drei bis vier Forschungs-
projekteplusHausarbeiten sinddefinitiv zu viel.
ManuelaKrause, Lehramtsstudierende
ander Universität Duisburg-Essen
Foto:1BrAt82/shutterstock.com
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