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bildung
Was eine starke Interventionstechnik braucht
„Marvin, lass das!“
Unterrichtsgespräch. Marvin spielt mit Dingen, die er sich mitgebracht hat.
VielleichtsindesSammelkartenodereinHandy.Erversuchtoffenbarkeineswegs,
dieAufmerksamkeitauf sich zu ziehen,will nur spielen stattamGespräch teilzu-
nehmen. Insofern isternichtbesonders laut, trotzdementstehenGeräusche.Wie
können LehrerInnen mit einer Situation wie dieser umgehen? Was macht eine
erfolgreiche Intervention aus? Jens Bartnitzky gibt Tipps für die Praxis.
Gemeint ist damit eine kommunikative Qua-
lität, die oft nicht durch knappes Ansprechen
einer Schülerin oder eines Schülers erreicht
werden kann. Selbst wenn sich die Blicke von
LehrerInundSchülerInkurz kreuzen, bedeutet
dies noch keinen echtenKontakt. Dochwenn
derBlickkontakt für einigeSekundengehalten
wird, wird spürbar, dass das Gegenüber nun
genau zuhört.
DieserKontakt istauchdannmöglich,wenn
einKinddenBlickkontaktvermeidet.Erbesteht,
wenn das Kind mit seiner Aufmerksamkeit
ganz bei der Lehrkraft undderen Intervention
ist, auch wenn es dabei auf den Boden oder
seineHändeblickt. FüreinengutenKontakt ist
folgendes Vorgehen häufig hilfreich:
1.
Namen des Kindes nennen.
2.
Blickkontaktabwarten.Wennernichtkommt,
auf das Kind zugehen und seinen Namen
noch einmal sagen.
3.
Bei Blickkontakt: Interventionstechnik ein-
setzen, Blickkontakt dabei halten.
FrauSonnenscheinwirdmitten imGespräch
aufMarvinsSpielaufmerksamund reagiert
sofort: Sie unterbricht sich. „Marvin, pack
die Sachenweg“, sagt sie und nimmt das
Unterrichtsgespräch wieder auf. Marvin
gucktgegenEndedesSatzeskurzhoch. „Ja“,
sagter leiseundspieltunverdrossenweiter.
Bei einigen Interventionstechniken kann
manbereitswährendder Interventionvorhersa-
gen, dass sie erfolglos bleibenwerden, andere
hingegen sind häufig erfolgreich. Woran kann
man dieses Erfolgspotenzial festmachen?Was
hat die eine Technik, was der anderen fehlt?
Fünf zentrale Faktoren sindhier entscheidend:
◆◆
der Kontakt,
◆◆
die Körpersprache,
◆◆
die Formulierung,
◆◆
dieDauer und
◆◆
dieNachbetreuung.
DerKontakt
Interventionenwerdendeutlichstärker,wenn
sie mit einem echten Kontakt einhergehen.
DieKörpersprache
Interventionenwerden stärker, jekonfronta-
tiver dieKörpersprache ist. Dazu zählen insbe-
sondere folgendeAspekte:
◆◆
Körperhaltung:DieHaltungsolltegeradeund
selbstbewusst sein. Die Hände entspannt,
aber aktionsbereit vor dem Körper (zum
Beispiel locker ineinander gelegt, etwa auf
Hüfthöhe), wirken stärker alsHände inden
Taschenoder hinter demRücken. Eher unsi-
cherwirkenHände, die ihrenPlatzwährend
der Intervention noch suchen.
◆◆
Körperhaltung relativ zum Kind: Eine fron-
tal zugewandteHaltung ist stärker als eine
schräge. Eher defensiv wirkt es, wenn die
Lehrkraft seitlich zumKind steht.
FrauSonnenscheinwirdmitten imGespräch
auf Marvins Spiel aufmerksam, führt den
Gedanken aber mit denKindern zu Ende,
weil die unmittelbare Störung gering ist.
DannwendetsiesichMarvinzuundspricht
ihnan: „Marvin?“Marvin reagiert zunächst
nicht, dieLehreringeht einigeSchritteauf
ihnzuundwiederholtdabeidieAnsprache.
Marvin schaut Frau Sonnenschein an. Sie
bleibt stehen, hält aber den Blickkontakt
und sagt: „Pack die Sachen jetzt bitte in
deine Tasche.“ „Okay“, seufzt Marvin und
räumt die Spielsachenweg.
Foto: funstock/ istockphoto.com
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