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nds 8-2015
◆◆
Körperposition:Nahdran ist stärker alsweit
weg.MiteinemTischodereineranderenBar-
riere zwischen sichunddemKinderzielt die
Lehrkraft eine schwächereWirkung. Extrem
wirkt hingegendie distanzloseNähe, die in
die letzten 30 bis 50 Zentimeter Raum um
das Kind herum eindringt.
◆◆
Bewegung: Auf das Kind zugehend wirkt
stärkeralsstehend.BeimStehen istdieSchritt-
position (vorderes Bein belastet) stärker als
dieStandposition (Füßenebeneinander).Eher
defensiv ist dieSchrittpositionmit hinterem
Bein belastet.
◆◆
Blick: StetigerBlickkontakt ist stärker alsein
Blick, der zur Seitewegflackertoderhin- und
herhuscht. Eher defensiv wirkt es, am Kind
vorbei oder zuBoden zu sehen.
◆◆
Tonfall: Laut zu werden, ist meistens über-
flüssigundmanchmal sogarkontraproduktiv.
Wichtig ist allerdings eine feste Stimme in
eher tiefer Tonlage. Die Satzmelodie sollte
eher nach „.“ oder „!“ als nach „?“ klingen.
DieKörpersprachewillentlich inall diesenund
weiterenAspekten–zumBeispielMimik,Sprech-
tempo und Betonung – genau zu steuern, ist
anspruchsvoll. Zugleich steckt der Teufel im
Detail, wenn zum Beispiel ein Wegflackern
des Blicks für ein paar Zehntelsekunden als
Unsicherheit gelesen wird. Es lohnt allerdings
durchaus, gute Interventionen zuüben:Mitten
in der Praxis in der Schule, zu Hause vor dem
Spiegel oder imRollenspiel mit KollegInnen.
Die Formulierung
DieWortwahl istnicht irrelevant fürdenErfolg
einer Intervention,wirdaberoftüberschätzt.Die
Lehrkraft kann mit exzellenter Körpersprache
undgutemKontaktnochmitderungünstigsten
Formulierung eine erfolgreiche Intervention
erreichen. Andersherum gilt das nicht: Die
perfekte Formulierung hilft nicht viel, wenn
die Körpersprache nicht überzeugt. Trotzdem
sind manche Formulierungen günstiger als
andere. Eine Standard-Interventionstechnik ist
die freundliche Anweisungmit der Satzformel
„Name – Jetzt – Bitte!“, zumBeispiel: „Marvin,
packdieSachen jetztbitte indeineTasche!“Die
Betonung liegtauf „Marvin“, „jetzt“und „bitte“.
DieDauer
Schultascheund schickt sichan, dieSpiel-
sachenhineinzuräumen.Daraufhinwendet
sichdieLehrerinwiederderganzenKlasse
zu. Marvin nimmt die Spielsachenwieder
ausder Tascheund spieltdamitnununter
dem Tischweiter.
ZumWeiterlesen
Dr. Jens Bartnitzky:
SchwierigeKinder. SchwierigeKlassen.
Was tun, wenn‘s brennt?
editionhoch32014, ISBN-13: 978-3943777604,
320 Seiten, 25,00 Euro, Bestellung unter:
/ 25,00 Euro
Dr. JensBartnitzky
Schwierige
Kinder
Schwierige
Klassen
Ein Praxishandbuch für SchuleundUnterricht
Was tun, wenn's brennt?
ZumAutor
Dr. JensBartnitzky (Jg.1975) ist Lehrer für Sonderpäda-
gogik. 2007 begann er, ein Konzept zur Arbeit mit
schwierigen Kindern und schwierigen Klassen zu ent-
wickeln,das er seitdemmit seinemReferententeam auf
über300Fortbildungenca.5000Lehrkräftenvorgestellt
hat.SeineerstenBerufsjahrearbeiteteeran Förderschu-
len (Schwerpunkt emotionaleund soziale Entwicklung),
seit 2009 anWittener Grundschulen im Rahmen des
Gemeinsamen Lernens.
DerAutor zumBuch
„Als ich mit den Fortbildungen anfing, passte alles, was ich zu dem Thema
zu sagen hatte, in ein paar Stunden. Heute bietet allein der „Grundlagentag
Schwierige Kinder – Schwierige Klassen“ Programm für wenigstens drei Tage.
Immer wieder schärften die TeilnehmerInnen mit ihren guten Fragen meinen
Blick, ließen mich neue Aspekte entdecken, ließen mich noch genauer und
differenzierterhinschauen.Und immerwiederermutigten siemich:SchreibenSie
das doch allesmal auf! –Nun habe ich es getan und Sie halten es In derHand:
SchwierigeKinder – schwierigeKlassen –die Fortbildung alsBuch.“
Zum Inhalt
Was Jens Bartnitzky hier vorstellt, folgt keinem externen Theoriemodell und
basiert auch imWesentlichen nicht auf Bücherwissen. Er gibt in strukturierter
Formwieder,was er an theoretischenGrundlagenund anpraktischen Techniken
während seiner eigenen Arbeit entdeckt hat: systematisch, ausführlich und ge-
wohntpraxisorientiert.–EinStandardwerk für jede Lehrkraft,diemit schwierigen
Kindern arbeitet.
Dr. JensBartnitzky
Schwierige Kinder - Schwierige Klassen
ISBN978-3-943777-60-4
60_Umschlag.indd 1-1
27.06.14 11:33
„Als ichmit denFortbildungenanfing, passtealles,
was ich zu dem Thema zu sagen hatte, in ein paar
Stunden. Heute bietet allein der ‚Grundlagentag
Schwierige Kinder – Schwierige Klassen‘ Programm
für wenigstens drei Tage. Immer wieder schärften
die TeilnehmerInnen mit ihren guten Fragen mei-
nen Blick, ließen mich neue Aspekte entdecken,
ließen mich noch genauer und differenzierter hin-
schauen. Und immer wieder ermutigten sie mich:
Schreiben Sie das doch alles mal auf! Nun habe
ich es getan.“
Frau Sonnenschein hat sich vonMarvin ab-
gewandt, sobalddieserangefangenhatte, ihre
Anweisungumzusetzen. Insbesonderewenndies
eher widerwillig geschieht, sollte der Kontakt
aufrechterhalten werden, bis die Anweisung
ausgeführt ist oder zumindest bis die Hand-
lung soweit gediehen ist, dass ein Fortführen
wahrscheinlicher ist als einAbbruch.
DieNachbetreuung
Marvin schaut die Lehrerin an. Frau Son-
nenscheinhältdenBlickkontaktund sagt:
„PackdieSachen jetztbitte indeineTasche.“
„Okay“, seufzt Marvin, öffnet seine
Frau Sonnenschein interveniert geschickt
undMarvinpacktdieSpielsachen in seine
Tasche.WährendderUnterrichtweitergeht,
muss Marvin immer wieder an die Spiel-
sachen in seiner Taschedenken. Vielleicht
war er geradedabei zuüberlegen, welche
Sammelkarteer seinemFreundzumTausch
anbieten sollte. Oder erwolltemit seinem
Handy schnell dieNachricht seines Freun-
des beantworten. Frau Sonnenschein hat
nun schon einige Zeit lang nicht mehr zu
ihmhingesehen. Vorsichtig tastet er nach
seiner Schultasche ...
Wenn die Intervention dem äußerlichen
Anschein nach abgeschlossen ist, kreisen die
Gedanken der SchülerInnen oft noch um die
Sache, beider siegeradeunterbrochenwurden.
Das Ergebnis ist häufig, dass zwei Minuten
nacheiner zunächst erfolgreichen Intervention
etwader gleiche Zustandwiederhergestellt ist
wie vorher, nur versteckter. Wie lässt sich das
verhindern?
Frau Sonnenschein ist klar, dass Marvin
gedanklich noch bei seinen Spielsachen
ist. Abgesehen von einzelnen, offen auf-
munternden Blickkontakten schaut sie
bewusst nicht in seine Richtung. Wenn
er jetzt immer noch an seine Spielsachen
denkt und sie noch einmal herausholen
will, dann soll er es jetzt tun, solange sie
noch einen Teil ihrer Aufmerksamkeit für
dieNachbetreuungeinsetzt.Deshalbachtet
sie darauf, dass sieMarvins Bewegungen
ausdemAugenwinkel herauswahrnimmt.
Als seine Hand zu seiner Tasche tastet,
schaut sie ihn direkt an und schenkt ihm
ein Lächeln. Marvin fühlt sich ertappt,
aber auf eine nette Art. Rasch nestelt er
amVerschluss seinerTascheund tut so, als
hätte er sie nur richtig schließen wollen.
Dann wendet er sich entschlossen dem
Unterrichtsgespräch zu.
Klappt-Immer-Technikengibt esnicht
Man kann beschreiben, wie eine Interventi-
onstechnikstärkerwird,wiesieErfolgspotenzial
gewinnt.Dochobeswirklichklappt,entscheiden
amEndedieSchülerInnen. EineErfolgsgarantie
gibt es daher nie.
Jens Bartnitzky
Dr. Jens Bartnitzky
Lehrer für Sonderpädagogik im
Gemeinsamen Lernen, Referent
für Lehrerfortbildungen und
Moderator imKompetenzteam
Hagen sowie Buchautor
Jens Bartnitzky: Termine, Buchbe-
stellungundMaterialdownload
GEWNRW:Weiterbildungenmit
Jens Bartnitzky
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