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nds 8-2015
MehrQualität inderAusbildung
Dienotwendigeund richtigeVerankerungder
Inklusion im Rahmencurriculum des Vorberei-
tungsdienstes wirft weitere praktische Fragen
nachderQualifizierungderAusbilderInnenauf.
Um inklusivenUnterricht adäquat im Seminar
vor-undnachbereitensowiebewertenzukönnen,
müssen viele FachleiterInnen nachqualifiziert
werden. Viele dürften inklusiven Unterricht
weder aus der eigenen Ausbildung noch aus
der eigenenUnterrichtspraxis kennen.
Die systematischeFortbildungder Fach- und
KernseminarleiterInnenmussmehr indenBlick
genommenwerden. EineeinmaligeQualifizie-
rungausgewählterKernseminarleiterInnen im
BereichCoaching reicht zumBeispiel nichtaus,
umdiesenBereichdauerhaftmitangemessener
Qualität in der Ausbildung zu sichern. Dabei
ist die Einführung bewertungsfreier Räume,
in denen die Beratung im Vordergrund steht,
sehr zubegrüßen. Sie solltegrundsätzlichnoch
weitreichender in der Ausbildung verankert
werden, denn LAAbegreifenunter demDruck
der Benotung das Seminar nicht immer als
den Ort, an dem sie ihre Nöte zur Sprache
bringen können.
Hanna Tuszynski
Mitglied imReferat D (Aus-, Fort-
undWeiterbildung von Lehrenden
und Erziehenden) der GEWNRW
sowie in der jungenGEWNRW
Personenorientierung imReferendariat
Aus drei unterschiedlichen Perspektiven der Per-
sonenorientierung ergeben sich mehrere Konse-
quenzen auf Seiten der AusbilderInnen und auf
Seitender angehenden LehrerInnen.
◆◆
Es gelten Menschenbildannahmen im Sinne der
Humanistischen Psychologie.
◆◆
Es gibt personenbezogene Anforderungen im
Bereich der Entwicklung eines „professionellen
Selbst“ oder der beruflichen Identität.
◆◆
Es gibt dieAusbildungsanforderung, gänzlich indi-
viduell oder in Teilen individualisiert auszubilden
im Sinne der individuellen Förderung.
HumanistischePsychologie
Legt man die Menschenbildannahmen aus der Hu-
manistischen Psychologie zugrunde, ergibt sich die
Konsequenz für ReferendarInnen auf der einen Seite,
Verantwortung für sich selbst zu übernehmen und
sich um die eigenen Belange zu kümmern. Für die
AusbilderInnen auf der anderen Seite bedeutet es,
die Verantwortung bei den ReferendarInnen zu las-
senund ihnen zuzutrauen, sichentwickeln zu können.
Die Erziehungsvorstellungen der Landesverfassung
gehen davon aus, dass Menschen fähig sind, ver-
antwortungs- und wertbewusst Entscheidungen zu
treffen. Angehende Lehrpersonen machen hier keine
Ausnahme: Siemüssen unter Achtung undWahrung
der zentralen Freiheits- undAutonomiepostulate aus-
gebildet werden. Sie sollen die eigenen Bedarfe und
Entwicklungsnotwendigkeiten kennenlernen. Im Ideal-
fall haben alle an der Ausbildung Beteiligten eine
konstruktive Lernhaltung. Sie bringen Fachwissen
und subjektive Theorien von Lehren und Lernen ein
und sind bereit, diese selbstverantwortlich weiterzu-
entwickeln.
DieArbeit amprofessionellenSelbst
Wesentliche Persönlichkeitsanteile sind von fun-
damentaler Bedeutung bei der Ausgestaltung der
professionellen Rollenansprüche. Es ist hilfreich zu
fragen, wie die zur professionellen Rollengestaltung
notwendigen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Wissens-
beständeausgeprägtundunterstütztwerdenkönnen.
Dabei geht es unter anderem um Kommunikations-
fähigkeit, um die Fähigkeit, Kontakt einzugehen
und Beziehungen zu gestalten, sowie die Fähigkeit
und Bereitschaft, emphatisch und wertschätzend
zu sein. Grundsätzlich geht es also darum, eine
Haltung zu entwickeln und einzunehmen, die dem
pädagogischen Verhältnis angemessen und den Er-
ziehungszielen dienlich ist. Zur Entwicklung einer
ausgeprägten und klaren beruflichen Identität ge-
hört auch die Entwicklung einer ausgereiften pro-
fessionsbezogenen Argumentations- und Denkweise.
ReferendarInnenmüssen lernen, sich selbst als Profis
wahrzunehmen, sich positiv mit den verschiedenen
Rollensegmenten zu identifizieren und sich in den
Segmenten qualitativ zu positionieren. Mögliche
Teilaspekte, die im Rahmen der Ausbildung, Fortbil-
dung und Selbstausbildung in den Blick genommen
werden können, sind Kommunikations- und Konflikt-
schulung sowie Selbstreflexionsangebote im Bereich
der professionsbezogenen Selbsterkundung.
Individualisiert ausbilden
Diese Perspektive setzt voraus, dass alles, was Lehre-
rInnen im beruflichenAlltag begegnen kann, auch in
der Ausbildung beispielhaft vorkommenmuss. Denn
individuelle Förderung legt den Fokus auf das Indi-
viduum – und das sollte in der Lehramtsausbildung
selbstverständlich werden. Dafür muss es Formate
undBeispielegeben, indenFächernund imüberfach-
lichenBereich. Der Blickauf die einzelnePersonmuss
nicht nur inhaltlich Thema sein, durchdieGestaltung
einer bestimmten Situation. Vielmehr muss auch in
derAusbildung selbst imSinneeiner doppeltenDidak-
tik erfahrbar werden, was das heißt.
Für dieArbeit bedeutet das zumBeispiel, methodisch
sowie binnendifferenziert so zu arbeiten, dass unter-
schiedliche Anschlussmöglichkeiten bestehen, Stär-
ken zu identifizieren und Defizite zu reduzieren. Da-
mit all das gelingt, sind qualifizierte und kompetente
KollegInnen erforderlich, die in einem beständigen
Prozess auch die Möglichkeit zur Fort- undWeiterbil-
dung in allenBereichen haben.
Ausführliche Version des Artikels imOnline-Archiv
unter
(Webcode23429).
BernhardDamm, Seminarleiter am ZfsLGelsenkirchen
„Ich konntemeine Vorerfah-
rungen als Vertretungskraft gut
nutzen und hatte einfach großes
Glückmit meinem Fachleiter.“
SebastianMengering, Lehramtsanwärter
am Zentrum für schulpraktische
LehrerInnenausbildung in Solingen
MSW als auch für die Bildungsgewerkschaft.
Ein erster Ansatz der jungen GEW NRW ist
das seitAnfang2015angeboteneSeminar für
SeminarsprecherInnen.
Mehr System stattGlück
Für das individuelle Erleben des Vorberei-
tungsdienstes ist aber vor allem entscheidend,
aufwelcheMenschendieangehendenLehrkräfte
treffen. Und es gibt sie alle, die einfühlsamen
FachleiterInnen, die engagiertenAusbildungs-
lehrerInnen,diekompetentenAusbildungsbeauf-
tragenunddiehilfreichenSchulleiterInnen–sie
fangen die Schwächen des Systems auf. Doch
das System ist es, das nachgebessert werden
muss,damitReferendarInnennichtmehrnurauf
Glückstreffer hoffenmüssen. AmEndemöchte
man gemeinsam auf den nächsten Abschnitt
anstoßen können: die herausfordernde, aber
schöne Tätigkeit als LehrerIn.
Hanna Tuszynski
MehrMitsprache
für die LehramtsanwärterInnen
Eine vertane Chance der gesamten Lehre-
rInnenausbildungsreform ist das Beibehalten
der bestehenden Lehrämter des dreigliedrigen
Schulsystems – in der Bildungslandschaft ent-
stehen soabwegigeKonstellationenunddurch
inklusiven Unterricht wird dies erst recht ad
absurdum geführt.
DeraktuelleEvaluierungsprozesskranktauch
daran, dass die LAA nicht selbst zuWort kom-
men.Dashat systemimmanenteGründe, denn
denStatushabendieangehendenLehrerInnen
in der Regel für nur 18 Monate. Als zahlen-
mäßiggrößte vomVorbereitungsdienst betrof-
feneGruppemüsstendieSelbstvertretungund
dieMitsprachemöglichkeitenderLAAausgebaut
undunterstütztwerden–dasgilt sowohl fürdas
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