2010 begann in NRW die Datenerhebung
für die Gefährdungsbeurteilung der psycho-
sozialen Belastungen am Arbeitsplatz Schule
mitHilfedesCOPSOQ-Fragebogens. Beteiligen
konnten sichbisherdieSchulen indenBezirken
Düsseldorf, Münster undDetmold, die Bezirke
Köln und Arnsberg werden folgen. Durchge-
führt wird die Befragung von der Freiburger
Forschungsstelle fürArbeits- undSozialmedizin
(FFAS).DieBeteiligungderBeschäftigten liegt
bei etwa41 Prozent.
DiebisherigenErgebnissezeigen: ImVergleich
zuanderenBerufsgruppenhabenLehrkräftehö-
hereBelastungen insbesondere indenBereichen
◆◆
emotionaleAnforderungen,
◆◆
kognitive Stresssymptome,
◆◆
Work-Privacy-Conflict,
◆◆
Burnout sowie
◆◆
Lärm- und Stimmbelastungen.
DieseErgebnissedecken sichmitanderenErhe-
bungenundwissenschaftlichenUntersuchungen.
Seit JahrenweisendieLehrkräftemit intensiver
Unterstützung der GEWNRW darauf hin und
fordernGegenmaßnahmen.
Das Schulministerium und die Bezirksregie-
rungenhaben inzwischenGesamtberichteüber
die Belastung in den Schulen des jeweiligen
Bezirkserhalten, jedeeinzelneSchulehateinen
SchulberichtmitanonymisiertenDatenüberdie
ermitteltenspezifischenBelastungenbekommen.
Entlastungdarf nicht
Schulsachebleiben!
Die Erhebungder gesundheitlichenGefähr-
dung ist einerster,wichtiger Schritt –dochwas
folgtnun?GibtesbereitsspürbareEntlastungen?
Per Verfügung der Bezirksregierung erhielten
dieSchulendenAuftrag, ihreCOPSOQ-Berichte
auszuwertenund schulinternEntlastungsmaß-
nahmen zu entwickeln. Natürlich: Es ist unver-
zichtbar, dass Lehrkräfte selbst die Auslöser
ihrer Belastungen anhand ihres Schulberichts
identifizierenundkonkreteEntlastungen formu-
lieren. Aber:Es fehlt ihnenanUnterstützungvon
ExpertInnen und Zeitressourcen. Überlasteten
Lehrkräften allein die Auswertung des Schul-
berichtsunddieEntwicklungundDurchführung
von Entlastungsmaßnahmen aufzuhalsen und
den Schulleitungen dafür die Gesamtverant-
wortung zuzuschieben, ist keineLösung. Zumal
die Schulleitungen selbst hohen Belastungen
ausgesetzt sind und gar nicht eigenständig
handeln können, wenn es um die Änderung
der Rahmen- und Arbeitsbedingungen – also
um Verhältnisprävention – geht. Die von den
Bezirksregierungen vorgelegten Kataloge zur
Entlastung enthalten fast ausschließlich Fort-
bildungen, die vermitteln sollen, wie Schulen
unterdengegebenenkrankmachendenRahmen-
bedingungenschulinternEntlastungenschaffen
sollen. Es ist fatal, dass Schulministerium und
BezirksregierungendieVerpflichtungdesLandes,
gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen
zu schaffen, verschweigen und sogar vielfach
erklären, Ressourcen zurVerbesserungderRah-
menbedingungenwerde es nicht geben.
TrotzdemgibtesvielepositiveAnsätze inden
Schulen selbst. Viele von ihnen haben Arbeits-
gruppen gebildet, Gesundheitstage durchge-
führt und handfeste Entlastungen initiiert:
Schulen leiten Lärmmessungenund lärmdäm-
mende Maßnahmen durch den Schulträger
ein, sie richtenRuheräumeein, schaffenneues
MobiliaranundentwickelnVereinbarungen für
störungsfreie Pausen. Sie führen moderierte
Gruppenanalysen mit dem BAAM-Verfahren
durch und bemühen sich um Entlastungen im
Rahmen der Inklusion. DieWirksamkeit vieler
wichtiger innerschulischer Maßnahmen schei-
terte bisher aber oft daran, dass sie nicht mit
MaßnahmenderVerhältnisprävention, alsomit
verbessertenRahmenbedingungen verbunden
waren.
DenArbeitgeber indiePflicht nehmen
Nicht alle Schulenwissen, dass sie ihre For-
derungen auch dem Arbeitgeber gegenüber
dokumentieren müssen. Hierfür gibt es zwei
Gründe:
1.
In den Verfügungen der Bezirksregierung
werden die Schulen gar nicht aufgefordert,
demArbeitgeber dieGefährdungen zunen-
nen, die sie wegen fehlender Mittel selbst
nicht beheben können.
2.
Das Formular zur Dokumentation von Ge-
fährdungenunderforderlichenMaßnahmen
enthältdendesorientierendenVermerk: „Zur
schulinternenDokumentation.“
Zudem wissen Schulen oft nicht, wie sie eine
Sanierung oder verbesserte Ausstattung der
GebäudebeimSchulträgerdurchsetzenkönnen.
Siewissennicht, dass das Land als Arbeitgeber
denSchulträgerbeiGefährdungenzumHandeln
veranlassenmuss,wenndieserMaßnahmendes
Gesundheitsschutzeswieetwa Lärmmessungen
oder Schalldämmung ablehnt. Wie Schulen in
solchenFällenvorgehen sollen, steht indenHin-
weisen„Ablauf InnenraumbelastunganSchulen“
des ArbeitsmedizinischenDienstes (BAD).
KeinWunder, dassangesichtsdieserUnklar-
heiten bei den Online-Abfragen der Bezirks-
regierungenDüsseldorf undMünster rund 50
Prozent der Schulen nach der Auswertung der
Schulberichteangeben,dasskeineMaßnahmen
erforderlichseien.AngesichtsdieserSituation ist
es nachvollziehbar, wenn Schulen resignieren.
Foto: Mcdeekey/ photocase.de
Die hohe psychosozialeBelastung amArbeitsplatz Schulemacht Lehrkräfte
krank, führt zu vorzeitigen Pensionierungen, senkt dieQualität vonUnterricht
und Erziehung, mindert Lernerfolgund erfolgreiche Schulabschlüsse. Das
wissen inzwischen alle – auchdie Landesregierung, das Schulministerium, die
Schulaufsicht indenBezirksregierungenund Schulämternunddie Schulträger.
Der gesamtgesellschaftliche Schaden ist erheblich. Der Bundesrechnungshof
hat deshalb2010die Länder aufgefordert, präventiveMaßnahmen zur Gesund-
erhaltungder Lehrkräfte zu ergreifen. Ist das LandNRW als Arbeitgeber der
Lehrkräfte dieser Aufforderungnachgekommen?
EntlastungdurchCOPSOQ
Stress lass nach!