nds201509 - page 27

Nachgefragt
nds: DasdeutscheAsylverfahren ist oft ein langwie-
riger und undurchsichtiger Prozess. Was macht die
GGUA, umMenschen indieser Situation zuhelfen?
Volker Maria Hügel:
Die GGUA unterstützt Flücht-
linge zum einendurchBeratung. Asylverfahren laufen
oft nicht so ab wie sie sollten – solche Fälle prüft die
GGUA. Bestimmte Dinge, die für den Prozess wichtig
sind,werdennicht vorgetragen, beispielsweiseweil die
Menschen sie vegessen, Angst haben oder traumati-
siert sind. In solchen Fällen ist es schwierig, die Le-
bensgeschichte chronologisch zusammenzusetzenund
entscheidende Dinge – wie das fluchtauslösendeMo-
ment oder das Flüchtlingsmerkmal – zu erfahren. Aber
genaudieseDinge sind für einenAsylantrag entschei-
dend. Hinzu kommen angespannte Anhörungssitua-
tionen, wenn dieGeflüchteten zumBeispiel Angst vor
staatlichen Stellen haben. An solchen Stellen greift
die GGUA beratend ein und versucht, zu korrigieren.
Auch stützende Hilfe gehört zu unseren Aufgaben –
so wie das Schlaubergerprojekt, das Kinder im Schul-
unterricht und beim Spracherwerb begleitet, oder das
RefugioMünster, einpsychosoziales Zentrum, das den
MenschenwennnötigeineTherapieversorgungbietet.
VorwelcheHerausforderungenwerdenHilfsorgani-
sationenwiedieGGUAaufgrundderDiversität der
Geflüchtetengestellt?
Ein Problem sind die vielen verschiedenen Sprachen,
die die Flüchtlinge sprechen. In der GGUA sind schon
viele Sprachen vertreten, aber häufig klappt es nicht
ohne DolmetscherInnen. Auch hier fehlen die Mittel
zur Bezahlung, sodass wir auf ehrenamtliche Hel-
ferInnen angewiesen sind. Wenn Flüchtlingsarbeit
staatlich finanziert wird, ist das eine freiwillige finan-
zielle Leistung, aber keinAnspruch, wie inder Jugend-
hilfe und anderenBereichen. DieUnterstützung kann
von heute auf morgen einfach gestrichen werden.
Dazu kommt, dass Flüchtlingsberatung eigentlich
nirgendwo zu lernen ist. Egal, was man studiert hat,
der Bereich der Flüchtlingshilfemuss immer komplett
neu erlernt werden. Manmuss für jeden Einzelfall die
komplexenund schwierigenRechtsgrundlagengenau
kennen und darüber hinaus die Rechtsprechung und
die europäischenRichtlinien imBlick behalten.
Auch Flüchtlinge haben ein Recht auf Bildung.
Werden inder Umsetzungdieses Rechtsmit zuneh-
mender Zahl Geflüchteter Fortschritte gemacht?
Auf der einen Seite haben Flüchtlingskinder eine
Schulpflicht, sobald sie aus den Landeseinrichtungen
raus sind. Manhat also vom Prinzipher erkannt, dass
Bildung vom ersten Tag an greifenmuss. Auf der an-
deren Seite versucht man angesichts steigender Zah-
lendieAbschreckungs- undAusgrenzungsbereiche zu
verstärken, also beispielsweise zu unterteilen, welche
Kinder zur Schule gehen müssen und welche nicht.
Wie in dem Vorschlag von Erfurts Oberbürgermei-
ster, dass Kinder aus Herkunftsstaaten, die als sicher
eingestuft werden, hier nicht mehr zur Schule gehen
müssen. Das ist ein kompletter VerstoßgegendieUN-
Kinderrechtskonvention, aber es gibt dieseDiskussion
und mit steigenden Zahlen verschärft sie sich. Vor
demHintergrund kannman sagen: Wenn die Zahlen
steigen, sind die guten Trends erst mal auf Eis ge-
legt. Vorrang hat es, Obdachlosigkeit zu vermeiden.
Das Prinzip wurde verstanden, aber die Ansprüche
werden immer öfter an den Status geknüpft oder an
die Chancen, dieMenschen imAsylverfahren auf ein
Bleiberecht haben.
Die Fragen für die nds stellte LeaBittner.
VolkerMariaHügel
Mitarbeiter der Gemeinnützigen
Gesellschaft zur Unterstützung
Asylsuchender e.V. (GGUA) im
Projekt „Q –Qualifizierung der
Flüchtlingsberatung“
Aufklärung über den Status von Flüchtlingen.
Andere zentrale Felder der GEW-Arbeit –
von der Inklusion bis zur Dienstrechtsreform,
vonderHochschul- bis zur Tarifarbeit –wurden
inweiterenWorkshopangeboten angegangen
und damit Möglichkeiten zum Engagement
und zur Diskussion geschaffen. ImWorkshop
„Gewerkschaftsarbeit neu denken!“ kamen
vor allem jüngere Gewerkschaftsmitglieder zu
Wort. JungenMenschen in der GEWNRW die
Möglichkeit geben, innovative Ideenundneue
Arbeitsformen auszuprobieren, Strukturen zu
durchbrechen, so sehen die Forderungen der
jungenAktiven aus.
2016 steht diePersonalratswahl inNRWan
und fürdieGEW-Aktivengibtesviel zu tun.Dazu
wurdenbeiGEW-aktiveinOrganisationsheft für
den Wahlkampf vorgestellt und wesentliche
Fragen beantwortet. Mit dem Tarifergebnis
2015, das nur vomdbbunterschriebenwurde,
zeigtensichdieTeilnehmerInnendesWorkshops
„Tarifvertrag L-EGO: EineMogelpackung – wie
geht es weiter?“ unzufrieden. Sie mahnten
mehr Aktivitäten seitens der GEW an. Auch
die Auseinandersetzung mit dem dbb müsse
verstärktaufgenommenwerden.DerWorkshop
zur Dienstrechtsreform befasste sich mit der
geplanten Höchstaltersgrenze von 42 Jahren
fürVerbeamtungenundden individuellenMög-
lichkeiten, diese weiter heraufzusetzen. Auch
diebessereVereinbarkeitvonBerufundFamilie
durch optimierte Freistellungsmöglichkeiten
sowieeineRegelungzurSteigerungdesFrauen-
anteils in höheren Hierarchiestufen sollen in
dieReformeingehen. „ZumneuntenMal veran-
stalten wir am Anfang des neuen Schuljahres
diese GEW-Tagung, die eine schöne Tradition
geworden ist. GEW-aktiv war auch in 2015 ein
spannendes Arbeits- undDiskussionsforum für
gewerkschaftliches Engagement rund um den
ArbeitsplatzBildung.Umdie Interessenunserer
Mitglieder weiterhin optimal durchsetzen zu
können, gibt es für alle eine Menge zu tun“,
resümierteDorothea Schäfer.
//
Fritz Junkers
nds-Redaktion
GEW-LandesvorsitzendeDorotheaSchäfer (o.)undDortmundsSchuldezernentinDanielaSchneckenburger (u.) konn-
ten sich klar auf ein Ziel einigen: Das Recht auf Bildung für alle geflüchtetenKinder und Jugendlichen umsetzen!
DieWorkshops boten einDiskussionsforum für gewerk-
schaftliches Engagement in vielen Themenbereichen.
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nds 9-2015
Fotos: B. Butzke
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