nds201509 - page 24

Dass der Arbeitgeber für den Gesundheitsschutz im Betrieb zuständig ist, ist
gesetzlich klar geregelt. Wo fängt seine Verantwortung an? Wo endet sie?
Undwiekönnendie InteressenvertretungendenArbeitgeber indiePflichtnehmen?
Darüber hat die ndsmit Rechtsanwalt Dr. Ulrich Faber gesprochen.
ImGesprächmit Rechtsanwalt Dr. Ulrich Faber
Gesundheitsschutz
aktivmitgestalten
nds: Zwischen dem Schulministerium als
Dienstherrn und dem Schulträger – wer ist
imSchulbereich fürdenArbeits-undGesund-
heitsschutz verantwortlich?
UlrichFaber:
Arbeitsschutzrechtlichgiltder
Grundsatz, dass derArbeitgeber für Sicherheit
undGesundheit bei der Arbeit verantwortlich
ist. Das Landmuss daher gewährleisten, dass
dieerforderlichenMaßnahmenzumSchutzvon
LebenundGesundheitder Lehrkräftegetroffen
werden.AndieserGewährleistungspflichtändert
sich nichts dadurch, dass die Kommunen als
SchulträgerSchulgebäudebereitstellenmüssen,
indenensicherundgesundgelehrtundgelernt
werden kann.
Ziel des Schulrechts ist an dieser Stelle die
AufteilungderSchullasten imBinnenverhältnis
zwischenLandundKommune.Esgehtdabeikei-
neswegsdarum, verbindlichebundesrechtliche
Mindeststandards zumSchutzdesGrundrechts
auf Leben und körperliche Unversehrtheit zu
modifizierenodergarabzusenken.Ausnahmen
für den Schul- und Bildungsbereich sieht das
Arbeitsschutzgesetz imÜbrigen nicht vor.
Welche Rechte und Möglichkeiten haben
Personalvertretungen im Arbeits- und Ge-
sundheitsschutz?
Die InteressenvertretungenderBeschäftigten
haben imBereichdesArbeits-undGesundheits-
schutzes weitreichende Rechte: Sie beginnen
mit der umfassenden Information über alle
gesundheitsbezogenen Fragen und münden
ingleichberechtigtenMitbestimmungsrechten,
beidenendieDienststellepersonalvertretungs-
rechtlich darauf angewiesen ist, sichmit dem
PersonalratüberMaßnahmendesArbeits- und
Gesundheitsschutzes zu verständigen. Die je-
weils zuständige Interessenvertretung kann
dabei auch selbst die Initiative ergreifen und
Dr. Ulrich Faber ist Rechtsanwalt imBochumer Kompe-
tenzzentrumArbeitsrechtundExperte fürdasbetriebliche
Arbeits- undGesundheitsschutzmanagement.
MaßnahmengegebenenfallsunterZuhilfenahme
einer Einigungsstelle erzwingen.
InNordrhein-WestfalenhatderGesetzgeber
durch die Novelle des Landespersonalvertre-
tungsgesetzes im Jahr 2011dieMöglichkeiten
noch einmal erweitert, da nunmehr auch vor-
bereitendePräventionsmaßnahmenmitbestim-
mungspflichtigsind–diegesetzlicheGrundlage
hierfür ist Paragraf 72 Absatz 4 Nummer 7
Landespersonalvertretungsgesetz. Damit ist es
fürdenPersonalrat leichtergeworden, aktivdie
PlanungdesGesundheitsschutzesmitzugestalten
unddenwichtigstenBelastungsfaktorengezielt
nachzugehen.Andersals indenmeistenanderen
Bundesländernwirdman inNRW inZukunftdie
MitbestimmungbeiderGefährdungsbeurteilung,
diedieBasis für jedegezieltePräventionbildet,
nichtmehr verweigern können.
Nach der Rechtsprechung der Verwaltungs-
gerichtsbarkeit sind nicht nur technische Maß-
nahmenwiedieVerbesserungderRaumakustik,
sondern auch bauliche und organisatorische
Schutzmaßnahmen – etwa die Einrichtung von
PausenräumenmitrealenErholungsmöglichkeiten
– und personenbezogene Schutzmaßnahmen –
zum Beispiel eine ergänzende Stimmschulung
– imWege der Mitbestimmung durchsetzbar.
Vor einiger Zeit hat das Verwaltungsgericht
Düsseldorfentschieden,dassdieArbeitsplanung
der BetriebsärztInnen im Schulbereich der Mit-
bestimmungunterliegt. Dies sollte eine Ermun-
terung sein, das besondere Fachwissen dieser
GesundheitsexpertInnen gezielt zu nutzen, um
die Prävention in den Schulen voranzubringen.
ErfolgreicherArbeits- undGesundheitsschutz
ist imÜbrigenundenkbarohne intensiveKoope-
rationallerEbenender Interessenvertretung,das
heißt vom Lehrerrat bis zumHauptpersonalrat.
Finden Austausch und Zusammenarbeit hier
nicht statt, drohen entsprechende Initiativen
imRahmender Stufenvertretung zu versickern.
Derzeit gibt es imRahmenderDienstrechts-
reform in NRW auch Vorstellungen der
Landesregierung, ein behördliches Gesund-
heitsmanagement im Landesbeamtengesetz
zuverankern.Wiemussesausgestaltet sein,
damit es in dem komplizierten Geflecht der
Zuständigkeiten im Schulbereich nicht ver-
lorengeht?
DasArbeitsschutzgesetznormierteineOrga-
nisationspflicht, nach der die Aktivitäten im
Arbeits- undGesundheitsschutz zuorganisieren
undkontinuierlichzuverbessernsind.Wenndiese
Pflicht imZugederDienstrechtsreformdurchdie
EinführungeinesbehördlichenGesundheitsma-
nagementsgesetzlichverdeutlichtwürde,wäre
dies fürdiePraxishilfreich. FürdenSchulbereich
solltedabeidieKlarstellung imZentrumstehen,
dass das Land als Arbeitgeber verantwortlich
ist für die Sicherheit undGesundheit der Lehr-
kräfteundesdiearbeitsschutzrechtlichenMin-
deststandardsgegebenenfallsauchgegenden
Widerstandder Schulträgerdurchzusetzenhat.
Ein behördliches Gesundheitsmanagement
muss zudemdavonausgehen, dassdasArbeits-
schutzgesetzweitreichendeHandlungspflichten
zur Gestaltung gesunder Arbeitsbedingungen
normiert. So sind zum Beispiel Maßnahmen
zurVermeidungvongesundheitsgefährdenden
psychischen Belastungen kein Nice-to-have,
sondern einMust-have.
Die Fragen für die nds stellteUte Lorenz.
Foto: DirkHinz/ photocase.de
Impressum: GEW-LandesverbandNordrhein-Westfalen, Nünningstr. 11, 45141 Essen, www.gew-nrw.de; V.i.S.d.P. Dorothea Schäfer; Titelfoto: busdriverjens/ photocase.de
GEW_BLI_112
1...,14,15,16,17,18,19,20,21,22,23 25,26,27,28,29,30,31,32,33,34,...40
Powered by FlippingBook