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BILDUNG
Täglich erreichen etwa1.000Geflüchtete das LandNordrhein-
Westfalen. Von Januar bis Juli 2015habennachRecherchen
desWDR insgesamt 59.200Menschenhier Zuflucht gesucht.
Wie viele von ihnenKinder und Jugendliche sind, ist nicht
bekannt. Die Zahlenwerden imMinisterium für Schule und
Weiterbildung (MSW) nicht erfasst. DochMinderjährige haben
inDeutschland einRecht auf Schulbildung – Flüchtlingskinder
bildendabei sicher keineAusnahme!
Recht auf Bildung für Geflüchtete umsetzen
Mehr Stellen für
Integration
Fakt ist, dass in vielen Kommunen intensiv
nach Plätzen an Schulen für die Kinder und
Jugendlichen gesucht wird. So wurden zum
Beispiel inAachenzuBeginndesSchuljahres614
schulpflichtige jungeMenschen registriert.Von
denderzeiterwarteten100.000Geflüchteten in
NRWwerdenmehrereTausendKinder sein, für
dieeineSchulegefundenwerdenmuss.Dasstellt
alle Beteiligten vor großeHerausforderungen.
DieRechnunggeht nicht auf
Die Schulen bemühen sich, insbesondere
Flüchtlingskinder in Einzelintegration, Auf-
fangklassen oder Seiteneinsteigerklassen zu
fördern. Raumprobleme müssen durch krea-
tiveÜbergangslösungen angegangenwerden.
Pensionierte KollegInnen erklären sich bereit,
die Schulen zu unterstützen. Insgesamt 134
Lehrkräftenahmenaneiner Auftaktveranstal-
tung der Initiative „Will-Kommen!“ bei der
Bezirksregierung Düsseldorf teil, um ehren-
amtlichgeflüchtetenKindernundJugendlichen
Deutschunterricht zu geben.
ZwarhatdasLandNordrhein-Westfalen300
zusätzlicheStellen fürdieBeschulungvonFlücht-
lingskindernmit demHaushalt 2015bereitge-
stellt,dieseStellen reichenaberbeiWeitemnicht
aus! Für das Schuljahr 2015/2016 beantrag-
tendienordrhein-westfälischenSchulen5.073
Stellen für Integration. Dochnur 3.828Stellen
konnten bewilligt werden – und darin waren
die300 zusätzlichen Stellenbereits enthalten.
Bedürfnissengerechtwerden
AuchderHinweisdesSchulministeriums, die
4.000bereitgestelltenStellengegenUnterrichts-
ausfall und für individuelleFörderungkönnten
kurzfristigfürdieBeschulungvonzugewanderten
Kindern und Jugendlichen verwendet werden,
trägt nicht: Zum einen werden diese Stunden
Foto: sör alex/photocase.de
dringend für den Vertretungsbedarf an den
Schulenbenötigt. Zum anderenwurde ein Teil
der Stellen schongenutzt, umden zusätzlichen
Grundbedarf der Schulen durch die steigende
SchülerInnenzahl zu decken. Gegenüber dem
Haushalt2015 stiegdieZahl der SchülerInnen
um 17.404 – nach Aussage des MSW seien
dies überwiegend Flüchtlingskinder. Für den
GrundbedarfderSchulenwurdendeshalb1.122
Stellenmehr benötigt, die wiederum zum Teil
ausden4.000StellengegenUnterrichtsausfall
und für individuelleFörderungfinanziertwurden.
DieStrategie„IrgendwiekriegenwirdieKinder
undJugendlichenschonunter“ istkeineLösung!
Umden jungengeflüchtetenMenschengerecht
zu werden, müssen neue Lösungen gefunden
werden, damit qualifizierte Lehrkräfte auch in
Zukunft flexibel auf die sichweiterentwickeln-
den Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen
reagieren zu können.
//
AnetteMevenkamp
Leiterin des Referats C (Schulrecht,
Bildungsfinanzierung und -statistik)
der GEWNRW
MSW: Beschulung von Flüchtlingen
-
Fluechtlingen
WDR: Flüchtlinge inNRW
LandesregierungNRW: SchulischeMaß-
nahmen für zugewanderteKinder und
Jugendliche
Nachgefragt
nds: Wie stellt sich die Situation der geflüchte-
ten Kinder und Jugendlichen an den Schulen in
Aachendar?Wo sehenSiediegrößtenProbleme?
Susanne Schwier:
Wir konnten bisher alle Kinder
in der Primarstufe in Regelklassen aufnehmen, dort
profitieren sievomnatürlichen „Sprachbad“. FürKin-
der mit besonderem Sprachförderbedarf haben wir
zwei Sprachfördergruppeneingerichtet. Auch inden
Sekundarstufen I und II ist uns eine dezentrale Be-
schulungwichtig: Dort sind alle Schulformen betei-
ligt, derzeit gibt es inAachen33 internationale För-
derklassen. Damit sind von etwa500unbegleiteten
minderjährigen Flüchtlingen nur noch rund 30 Ju-
gendlicheohneSchulplatz–siewerdenmomentan in
tagesstrukturierendenGruppenbetreut. EineHeraus-
forderung ist die Eingliederung von Jugendlichen
mit geringen Vorkenntnissen in das Schulsystem,
eineweitere ist dasÜbergangsmanagement vonder
Schule in den Beruf, das genau dann virulent wird,
wenn die Jugendhilfe endet. Hier setzen wir in Aa-
chen auf engagierte EhrenamtlerInnen.
Welche Hilfen – materielle, personelle und kon-
zeptionelle – erhalten die betroffenen Schulen
vonder Stadt und vom LandNRW?Was fehlt?
In Aachen gibt es ein Sozialraumteam, das sich
ausschließlich um die Beratung der minderjährigen
Flüchtlinge kümmert und Lotsenfunktion über-
nimmt. Die schulische Erstberatung der Jugend-
lichen findet im kommunalen Integrationszentrum
statt. Als Kommune stellen wir zudem Lernmittel
zur Verfügung. Auch die Räume und finanziellen
Mittel für die tagesstrukturierenden Gruppen hal-
ten wir vor und rechnen sie rückwirkend mit den
überörtlichen Trägern ab. Das Land NRW hat zu-
sätzliche Lehrerstellen eingerichtet und bietet über
die Schulaufsicht spezifische Beratungsangebote
an. Da wir in Aachen aufgrund unserer Grenzlage
bereits reiche Erfahrung sammeln konnten, sinddie
Abstimmungswege gut eingespielt.
Susanne Schwier
Beigeordnete für Bildung, Kultur,
Schule, Jugend und Sport
inAachen