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Wissenschaftlicher Erfolg immer nochgeschlechtsabhängig
Karriere planbarmachen
Die Vereinbarkeit von wissenschaftlicher
Karrieremit Kind oder Verwandten in Pflege
gelingtnurwenigen: ImAlter zwischen30und
42 Jahren haben nur 32 Prozent der jungen
Frauen imwissenschaftlichenMittelbauKinder,
unter den Professorinnen nur 38 Prozent, 66
Prozent der Professoren sind hingegenVäter.
Kaummehr alsHartz-IV-Regelsatz
zum Leben
Die Professur ist die beste Beschäftigung
imHochschulbetrieb – klassifiziert man rein
nachderQualitätderBedingungengemessen
an Beschäftigungsumfang, Vertragslaufzeit,
Bezahlung und Status. Lehrbeauftragte und
wissenschaftliche Hilfskräfte haben mit den
schlechtestenBeschäftigungsverhältnissenzu
kämpfen. LehrbeauftragtewerdenproUnter-
richtsstunde bezahlt, gearbeitet wird in der
Regel weit mehr. Sozialversicherungskosten
müssensieselbst tragen,beiUrlaubundKrank-
heit fließt keinGeld.
Wissenschaftliche Hilfskräfte erledigen
die gleicheArbeit wie bessergestelltewissen-
schaftlicheMitarbeiterInnen. Siedürfenaber
maximal 19 Stunden in der Woche arbeiten,
in der Praxis oft unbezahlt mehr. Sie haben
zehn Tage weniger Urlaub und keinerlei ta-
riflichen Schutz. Lehrbeauftragten undHilfs-
kräftenbleibthäufignichtmehralsderHartz-
IV-Regelsatz zum Leben. Gerade in diesen
Beschäftigungsverhältnissen sind besonders
viele Frauen tätig.
Karrierewegebleibenunsicher
Zumeinen liegtdieprekäreBeschäftigung
von Frauen an der Fächerkultur: Gerade in
Kurze Vertragslaufzeiten, Befristung, Zwangsteilzeit, Lehraufträge, Honorar-
verträge oder schlicht unbezahlteArbeit gehören zumAlltagamArbeitsplatz
Hochschule. Bis zumKarriereziel Professur sind dieWege inHochschule und
Forschung lang und steinig. Insbesondere am unteren Ende der Leiter, bei
dennebenberuflichenBeschäftigungsverhältnissen, istder Frauenanteilhoch.
Kommt die Familienplanunghinzu, sinddie Frauenweg.
Fächernmit einem traditionell hohenFrauen-
anteil, zumBeispiel indenKultur- undSozial-
wissenschaftensowie inderSprachenlehre, ist
derAnteilprekärerBeschäftigungenbesonders
hoch. Auf die Frage, warum gerade Frauen
in schlechteren Arbeitsverhältnissen stehen,
antwortete ein Professor: „Wir tun es, weil es
gehtunddieFrauenwollen.“Frauen scheitern
hier an der Glasdecke, an den unsichtbaren
strukturellenundorganisationalenBarrieren,
die nicht nur am Arbeitsplatz Hochschule
herrschen.
IndenNatur- und Ingenieurwissenschaften
sieht es besser aus: Dort sind – prozentual
gesehen – ebenso viele Frauen inProfessuren
zu findenwieesAbsolventinnengibt.Das liegt
daran, dass Frauen, die sich für einmännlich
dominiertes Fach entscheiden, meist klarere
Karriereplanungenhabenals ihreKolleginnen
indenGeisteswissenschaften.Durchdengerin-
genProzentsatzanStudentinnen stellendiese
auchkeinewirklicheBedrohungdarundwerden
von ihrenmännlichen Kollegen in der Regel
gutakzeptiert. Esgibthierbereits imStudium
vieleMentoringprogramme für Frauen–nach
AuskunftdesVereinsDeutscher Ingenieuree.V.
rund260. FrauensindzumEndedesStudiums
dadurchschongutvernetzt.Darüberhinaus ist
die Konkurrenz um Jobs weniger hart, da die
Jobaussichten allgemein besser sind.
Zum zweiten sinddieKarrierewege bis zur
Professur sehr lang, zeitaufwändig und un-
sicher. Derzeit liegt das Durchschnittsalter
bei der Ernennung bei rund 40 Jahren, viele
Frauenentscheidensich indieserPhase fürdie
GründungeinerFamilieunddamitgegeneine
wissenschaftliche Karriere. Denn neben der
familiären Belastung ist es noch schwieriger,
indenunsicherenBeschäftigungsverhältnissen
zu promovieren und sich danach weiter zu
qualifizieren.
Grundstein zur Verbesserung
EsmangeltanweiblichenVorbildern, erfolg-
reiche Frauen sollten weiblichen Nachwuchs
fördern. Mentoringprogramme wie beispiels-
weisedas TANDEM-Programmder Rheinisch-
WestfälischenTechnischenHochschuleAachen
könnenhierviel zurVerbesserungderSituation
beitragen. Im Ordinariensystem Hochschule
fördern immer noch Männer eher Männer.
Obendrein istwissenschaftlicherErfolgzumTeil
gutesSelbstmarketing–eineEigenschaft, die
bei Frauennicht sostarkausgeprägt istwiebei
Männern.Qualifizierung indiesemBereich ist
notwendig. AuchQuoten können helfen, wie
es zumBeispiel das Professorinnenprogramm
gezeigthat. Frauenmüssen lernen,wiewichtig
Netzwerke sind und diese nutzen.
Der besteWeg fürmehr Frauen inWissen-
schaftundForschung istdieSchaffungbesserer,
planbarerundsichererBeschäftigungsverhält-
nisse neben der Professur, die Abschaffung
prekärer Beschäftigungsverhältnisse und die
Schaffung vonArbeitsbedingungen, die eine
Vereinbarkeit vonFamilieundBeruferlauben.
MitdemTemplinerManifesthatdieGEWeinen
GrundsteinzurVerbesserungallerwissenschaft-
lichBeschäftigtengelegt, vieleAktivitätensind
gefolgt undmüssenweiter folgen.
//
Birgit Feldmann, Mitglied der Fachgruppe
Hochschule und Forschung der GEWNRW
Prof. Dr. SigridMetz-Göckel, TUDortmund:
Karrierefaktor Kind. Zur generativen
Diskriminierung imHochschulsystem
Deutscher Hochschulverband: Infos zu
Mentoringprogrammen