nds20151112 - page 19

suchen. Allerdings beruht das akademische
Karrieremodell nach wie vor auf klassischer
Rollenverteilung: Männer voll engagiert in
der Wissenschaft, freigestellt von familiären
Fürsorgearbeiten, Frauen alleine zuständig
für die Familienarbeiten. Diesen Zwiespalt
halten viele Wissenschaftlerinnen nicht aus,
es kommt zumDrop-out.
WasbedeutetDrop-out imHochschulsystem?
Eine Studie des Zentrums für Hochschul-
bildungander TechnischenUniversität Dort-
mund hat ergeben, dass nur ein Drittel der
Wissenschaftlerinnen ihrgesamtesBerufsleben
in der Wissenschaft verbringt. Man spricht
vomDrop-out oder auch vom Phänomen der
LeakyPipeline–demLeck inderLeitung:Hoch
qualifizierteFrauengehendemWissenschafts-
systemüberalleFächerundQualifikationsstu-
fen verloren. Das Konfliktpotenzial zwischen
arbeits- und lebensweltlichen Kontexten ist
einfachzugroß.Wederdieerwarteteallumfas-
sendezeitlicheVerfügbarkeitnochdieprekären
Arbeitsverträge erlauben eine Absicherung
der Familienplanung.
Besteht der Interessenkonflikt zwischen
Arbeitsbedingungen und Rollenverteilung
nicht in allenBranchengleichermaßen?
Stimmt, wir sindganz allgemeinnochweit
von einer geschlechtergerechten Arbeitswelt
entfernt.Der IndexGuteArbeitdesDGBNRW
hat gezeigt, dass Frauendeutlich schlechtere
Arbeitsbedingungen vorfinden als Männer.
Allerdings belegt die Indexbefragung auch,
dass die sozialen und emotionalen Anforde-
rungen imBildungssektorbesondersbelastend
sind. ImBereichderwissenschaftlichenDienst-
leistungen ist eine enorm hohe Unzufrieden-
heit mit dem Einkommen und der sozialen
Sicherheit einerseits sowie mit einer hohen
Arbeitsintensitätandererseits zuverzeichnen.
Die Landesfrauenkonferenz der GEWNRW
fordert eine Bestandsaufnahme prekärer
Beschäftigung von Frauen und Männern
im gesamten Bildungsbereich. Auf welche
zentralen Forderungen legt der DGB NRW
besonderenWert?
Der DGBNRW ist überzeugt, dass esmög-
lich ist, inNordrhein-Westfalen500.000neue
sozialversicherte Arbeitsplätze bis 2020 zu
schaffen.Natürlich spieltderBildungsbereich
dabeieinewichtigeRolle.Allein im letztenJahr
stiegdieBeschäftigungandenHochschulen
des Landes um vier Prozent. Dieprivatenund
öffentlichen Arbeitgeber müssen aber auch
dafür sorgen, dass die Beschäftigten gute
Arbeitsbedingungenvorfinden.GuteArbeitbe-
deutet: ausreichendesEinkommenundsoziale
Sicherheit, auch imAlter, Gleichberechtigung
vonMännernundFrauen.GuteArbeitbraucht
DGBNRW: IndexGuteArbeit NRW2015
DGBNRW: Befragung zudenArbeitsbe-
dingungen anHochschulen2013
GEWNRW: Frauenpolitik
ein gesundes Arbeitsumfeld, eine tragbare
Arbeitsbelastung und Arbeitszeiten, die Zeit
zurautonomenGestaltung, etwazurErholung,
für die Familie oder für Weiterbildung lässt.
Mitbestimmung ist der Erfolgsfaktor fürGute
Arbeit. Dieser Aufgabenkatalogmuss für die
HochschulenganzobenaufderPrioritätenliste
stehen, dennGuteLehreundGuteForschung
wird es nurmit Guter Arbeit geben.
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Die Fragen für die nds stellten
Dr. Ilse Führer-Lehner und JuttaBritze,
Frauenausschuss der GEWNRW.
Frauen- undMänneranteile imQualifikationsverlauf, 2014
(Quelle: Statistisches Bundesamt/GWK, BerechnungenCEWS)
Foto: Jens Lumm/photocase.de
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