nds20151112 - page 18

nds:MädchenmachendiebesserenSchulab-
schlüsse, verlassendieallgemeinbildenden
Schulen seltener ohne Abschluss, machen
häufigerAbituralsJungen.FührtdieserTrend
auch zumehr Frauen inderWissenschaft?
AntoniaKühn:
Inzwischenerreichen54Pro-
zentder jungenFrauen,abernur45Prozentder
jungenMännerdieHochschul- oderFachhoch-
schulreife. Dennochbeginnenweniger junge
Frauen, diees formaldürften, einStudium.Bei
den Studierenden im ersten Semester finden
wir beideGeschlechter gleichermaßen vor. Je
höher dieQualifikationsstufe, desto geringer
ist jedoch der Frauenanteil: 45 Prozent der
PromotionenwerdenvonFrauengeschrieben,
aber nur noch jede vierteHabilitationerfolgt
durch eine Frau und bei den Professuren ist
nur jede fünfteweiblich besetzt.
Sinddenn indenvergangenen Jahrenkeine
VeränderungenderGeschlechterverhältnisse
erreichtworden?
Ohdoch!Nochvor20 Jahrengabesunter
100 Professuren nur sieben Frauen, nur jede
dritte Promotionwurde 1993 von einer Frau
abgelegt.Da sindwir heute schonvielweiter.
Allerdings: Bis zu einer wirklichen Gleichbe-
rechtigung ist es immer nochein langerWeg.
ArbeitsplatzHochschule
Eine Perspektive fürWissenschaftlerinnen?
VonGeschlechtergerechtigkeit istdasBildungssystemNRWnachwievorweit
entfernt: Hoch qualifizierte Frauen gehen auf demKarriereweg verloren. Wie
das mit den Arbeitsbedingungen an Hochschulen zusammenhängt, darüber
sprachdieGuWmitAntoniaKühn,AbteilungsleiterinHochschulen,Wissenschaft
undForschung imDGBNRW. Im Interviewerklärt sie,wieesumweiblicheBe-
schäftigteundumdieBeteiligungvonFrauen inakademischenGremiensteht.
Foto: DGBNRW
Wie verhält es sich mit der tatsächlichen
Geschlechtergerechtigkeit in den Personal-
gruppender nordrhein-westfälischenHoch-
schulen?
DieBeschäftigtenstrukturderHochschulen
zeigt: ZweiDritteldesPersonals inVerwaltung
undTechniksindFrauen,dagegennureinDrit-
telMänner. Imwissenschaftlich-künstlerischen
Bereich ist es genau umgekehrt. Wir sollten
daher nicht aus demBlick verlieren, dass die
gleichstellungspolitischen Aufgaben auch
verschiedene sind: Im Bereich Verwaltung
und Technik geht es nicht um eine Erhöhung
des Frauenanteils, sondern um gute Arbeits-
bedingungen, ein besseres Einkommen und
mehrGestaltungsfreiraum.Betrachtenwirden
PersonalbereichWissenschaftundKunstetwas
genauer, dann zeigt sich sehr schnell, dassder
Frauenanteil indenprekärenPersonalgruppen
deutlichhöher ist,während sichmehrMänner
indengutdotiertenundsicherenAnstellungen
finden. InZahlenausgedrückt:Heute sindnur
20 Prozent der Professuren sowie 35 Prozent
derStellen fürDozentInnenundAssistentInnen
weiblich besetzt, aber dafür 47 Prozent der
wissenschaftlichenHilfskräfteund49Prozent
der Lehrkräfte für besondereAufgaben.
Mit Blick auf die Führungsstrukturen: Wie
steht es umdie LeitungsgremienderHoch-
schulen?
EswarderpolitischeWilledesWissenschafts-
ministeriums NRW, den Frauenanteil in den
Hochschulräten auf 40 Prozent zu erhöhen.
Entsprechend hat das Ministerium bereits in
denvergangenenJahren inderPersonalfindung
Einfluss genommenund tatsächlichbis2013
einen Frauenanteil von 38 Prozent in den
Hochschulrätenerreichenkönnen.Das ist ein
Schritt indie richtigeRichtung.Betrachtenwir
jedochdieübrigenakademischenGremien, so
wirdesdünn: IndenSenaten istnur jedervierte
Platz mit einer Frau besetzt, nur jedes fünfte
Rektorat wird von einer Frau geleitet. Noch
dünnerwirdes,wennwir indieFakultätenund
Dekanate schauen.Nur jedes zehnteDekanat
wird von einer Frau geführt.
Müssen wir daraus schließen, dass nur
festgelegte Quoten für eine gleichberech-
tigte Teilhabe von FrauenundMännernan
allenQualifikations-undPersonalstrukturen
sorgen können?
DieQuoten,diemitdemHochschulzukunfts-
gesetz geschaffen worden sind, sind eine
wichtige Basis für eine bessere Beteiligung
von Frauen imWissenschaftssystem. Allein
werden sie jedochnicht ausreichen, denndas
Übel liegt tiefer: Ohne eineVerbesserungder
Arbeitsbedingungen andenHochschulen im
Allgemeinen wird es unmöglich sein, eine
geschlechtergerechteHochschulezuerreichen.
WashabendieArbeitsbedingungenmiteiner
geschlechtergerechtenHochschule zu tun?
Wir wissen aus der Befragung des DGB
NRW aus 2013, dass die Hochschulen noch
weit davon entfernt sind, gute Arbeitgeber
zu sein. Vier von fünf WissenschaftlerInnen
an Universitäten sind befristet beschäftigt,
es finden Überstunden in einem nicht mehr
vertretbarenUmfang statt. Jede beziehungs-
weise jeder vierte erklärt schließlich, dass die
Rahmenbedingungen in der Hochschule so
gestaltet sind, dasssieoderernicht langfristig
dort arbeiten möchte. Das ist der Kern des
Problems:Wirwissen, dassbeideGeschlechter
denArbeitsplatzWissenschaftgleichermaßen
attraktiv finden und eine auf Dauer ange-
legte Beschäftigung in diesem Arbeitsfeld
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