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Das Museum „Markt12“ (u.) in Aalten erinnert an die
Onderduikers, denen die Gemeinde ein Versteck vor
dem Naziregime bot. Als Dank überreicht Andreas
Meyer-Lauber (l. Mitte), Vorsitzender des DGB NRW,
eineGedenktafel.
70 Jahre nach der Befreiung vom Nationalsozialismus erinnerten der DGB
NRW, die niederländischen Gewerkschaften FNV und CNV sowie das Museum
„Markt12“am8.Mai2015erstmals ineinergemeinsamenVeranstaltunganein
besonderesKapitelderdeutsch-niederländischenNachbarschaft:AlsOnderduikers
(Untertaucher) fandenwährenddesNaziregimes2.500Flüchtlinge,darunterauch
vieleDeutsche, Unterschlupf inder kleinenniederländischenGemeindeAalten.
70 JahreBefreiung vomNationalsozialismus
Onderduikers in denNiederlanden
In Aalten – unweit der Grenze zu Bocholt
und damals 13.000 EinwohnerInnen groß –
fandenab1933 Jüdinnenund Juden, Gewerk-
schafterInnen und politische Flüchtlinge bei
niederländischen GewerkschaftskollegInnen
und ansässigen Familien ein Versteck. Diesen
mutigen Menschen ist es zu verdanken, dass
vieleder deutschenOnderduikers denZweiten
Weltkriegüberlebtenund späternachDeutsch-
land zurückkehrenkonnten,wo siedann – teils
federführend–dieersten freienGewerkschaften
wieder aufbauten. Obwohl das Gewähren von
Zuflucht nach der Besatzung der Niederlande
durch die Nazis ab dem 10. Mai 1940 unter
(Todes-)Strafestand, gabenvieleAaltenerInnen
denOnderduikersnichtnur einenZufluchtsort,
sondernunterstützten sie auch imWiderstand
gegen das Naziregime.
EinhistorischerMoment für denDGB
„WerauchnureineinzigesLeben rettet, rettet
dieganzeWelt“, heißtes imTalmud. „Indiesem
Sinne haben die BewohnerInnen von Aalten
unter Einsatz ihres eigenen Lebens gehandelt
und somit die ganze Welt gerettet“, betonte
Andreas Meyer-Lauber in Aalten die Bedeu-
tungdieserUnterstützung. Jedocherinnerteder
VorsitzendedesDGBNRWnichtnuranVergan-
genes, sondernmahnte dieAnwesenden auch
an Gegenwärtiges: Die Flüchtlingspolitik der
EuropäischenUnionaberauchder zunehmende
Rechtspopulismusund -extremismusseiennicht
nur Anlass zur Sorge, sondernauch zur Scham.
„DieEUmacht sichmit ihrer Flüchtlingspolitik
derunterlassenenHilfeleistungschuldigundwir
Europäer können uns für diese Verletzung der
WerteEuropasanseinenGrenzennurschämen“,
kritisierteAndeasMeyer-Lauber.
FürdenDGBNRWwardieVeranstaltung im
AaltenerMuseum „Markt12“,dasdasLebender
Onderduikers eindrucksvoll dokumentiert, in
doppelterHinsicht vonhistorischerBedeutung:
Zum ersten Mal in der 66-jährigen Geschich-
te des DGB fand eine grenzüberschreitende
Gedenkveranstaltung zum 8. Mai statt. Zum
erstenMal konnte sich AndreasMeyer-Lauber
als Stellvertreter des DGB bei den niederlän-
dischenGewerkschaftenunddenBürgerInnen
der Gemeinde nach über 66 Jahren öffentlich
bedanken.
Eine Lehre für dieGegenwart
DenHöhepunkt des Tages bildetedieÜber-
reichung einer Gedenktafel an Henk Rijks,
MelanieMeier
Landesausschuss der
Studentinnen und Studenten
der GEWNRW
den Stadtrat der Gemeinde Aalten, und Drs.
GerdaBrethouwer.DieMuseumsleiterinbetonte,
wieglücklichsieüberdieheutigeSolidaritätzwi-
schendenniederländischenunddeutschenGe-
werkschafterInnensei. „MandarfdieGeschichte
nicht vergessen, sondernmuss sie nutzen, um
Solidaritätzustärken“,mahntesie. AuchArnold
Stecheisenvonder IGBAUwarbewegt vonder
Veranstaltung.Besondersbeeindruckthabe ihn,
wie gut die niederländischenKollegInnen ihre
gewerkschaftlicheVergangenheit darzustellen
wussten: „Dass sich aus dem Lebenslauf der
AhneneineigenesEngagement fürdieZukunft
ergeben kann, wennman sich seiner Wurzeln
besinnt – das hatmich bewegt.“
In diesem Sinne war die Veranstaltung ein
gelungenesBeispiel für internationaleSolidarität
inVergangenheitundGegenwart. Zuwünschen
bleibt, dass auch die Herausforderungen, vor
denen die europäischen Gewerkschaften ge-
genwärtig stehen, indiesemGeistangegangen
werden. Ein friedliches, soziales und demokra-
tischesEuropawirdnurgemeinsam zu schaffen
sein.
MelanieMeier
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bildung
Fotos: M. Meier
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