Hedwig Schomacher
Leiterin des Berufskollegs Vera
Beckers inKrefeld
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nds 5-2015
Alle mitnehmen – das wird in „Komm mit!“-Schulen
wie der Israhel-van-Meckenem-Schule in Bocholt groß-
geschrieben.
Fotos: H.-K. Eder
teilung, Organisation, Mitarbeit imUnterricht
und Lerntechniken erfasst. Ihre Problemfächer
wurden festgestellt; die SchülerInnen selbst,
ihre Klassen- und FachlehrerInnen gaben Ein-
schätzungen über die Ursachen hierfür ab
und formulierten persönliche Kompetenzen
und Ressourcen. Auf dieser Grundlage wurde
gemeinsammit den SchülerInnen eine erste
Zielvereinbarung getroffen.
Die beratenden KollegInnen erfassten in
der folgenden Zeit kontinuierlich die Leistun-
gender SchülerInnenanhand vonZeugnissen,
KlausurergebnissenundSelbsteinschätzungen
sowie durch Rücksprache mit den Fachlehre-
rInnen. ImMittelpunkt der Selbsteinschätzung
der SchülerInnen stand insbesonderedas Lern-
und Arbeitsverhalten: Immer wieder wurden
hierfür die Mitarbeit im Unterricht reflektiert
und Arbeitsunterlagen gemeinsam durch-
gesehen.AufBasisderDokumentationerfolgte
in regelmäßigenAbständeneinegezielte Lern-
beratunganhandvonZielkontrollenundneuen
Zielvereinbarungen.
Förderangebote imKlassenverband–etwa für
dieSprach-undLesekompetenz, fürArgumentati-
onsfähigkeitundsprachlichenAusdrucksowiefür
situationsangemesseneSprechweise–ergänzten
die individuelle Beratung. In jeder Klassewur-
de pro Woche eine Stunde „Mathesilentium“
eingeführt:DieSchülerInnenunterstützen sich
hier gegenseitig, das Fach Mathematik verlor
einenTeil seinesSchreckensundwarnichtmehr
dieunüberbrückbareHürde fürdieVersetzung.
Überaus selten verweigerten sich Schüle-
rInnen dem Konzept, indem sie nicht zu Be-
ratungsterminen erschienen. Die wenigen
Fälle, dieTermine schwänzten, wurdenmitVor-
ankündigung nicht mehr eingeladen, da der
Ansatz die aktive Mitarbeit der SchülerInnen
voraussetzt.
Wasbleibt: Beratungauf Sparflamme
NachdemEndevon„Kommmit!“tauschtsich
dasBerufskollegVeraBeckersalsReferenzschule
im Netzwerk „Zukunftsschulen NRW“ heute
mit vier Berufskollegs aus und versucht den
SchülerInnenmitdenverbleibendenRessourcen
gerechtzuwerden.DieTürendesBeratungsbüros
sind immerdannoffen,wenndieKollegenInnen
eineFreistundehaben.Die intensiveBeratung,
diedieSchülerInnen inZeitenvon „Kommmit!“
zumErfolggeführtundgeholfenhat, Strategien
zur Problembewältigung zu entwickeln, kann
jedoch nichtmehr angebotenwerden.
Hedwig Schomacher
GEWNRWerwartet: Nachhaltigkeit sichern!
Sowohl die wissenschaftliche Evaluation als auch
die allgemeinen Daten zur Sitzenbleiberquote im
Projektzeitraum bestätigen: „Kommmit!“ war ein
voller Erfolg. DieGEWNRW fordert: Dranbleiben!
Das Projekt „Kommmit! Fördern statt Sitzenbleiben“,
das vonderGEWNRWangestoßenwurdeund inden
SchulengroßeResonanz fand, läuftmitdiesemSchul-
jahr für die 50 beteiligten Berufskollegs aus. Für die
rund 700 teilnehmenden Schulen der Sekundarstufe
I (Sek I) endete das Projekt bereits im vergangen
Schuljahr. Den Schulen stand für die Reduzierung
der Sitzenbleiberquote je eine Drittel-Lehrerstelle zur
Verfügung, um Schülerleistungen zuanalysieren, För-
dermaßnahmen und individuelle Förderprogramme
zuplanen.DieSchulenerhieltenUnterstützungdurch
Fortbildungen, Vernetzung und Online-Beratung. Für
die GEW NRW steht die Sinnhaftigkeit des Prinzips
„Fördern statt Sitzenbleiben“ außer Frage. Das hohe
InteressederSchulenbestätigt,dassdieGEWNRWmit
ihrem beharrlichen Einsatz für das Zustandekommen
des Projekts denpädagogischenNerv inden Schulen
getroffen hat. Doch das Prinzip ist kein Selbstläufer:
Ohne zeitliche Ressourcen kann der durch „Komm
mit!“ erzielte Rückgang der Sitzenbleiberquote nicht
nachhaltigwirken.NeuereDaten zeigen sowohl einen
AnstiegderSitzenbleiberquotealsaucheinenAnstieg
der SchulabgängerInnen ohne Hauptschulabschluss.
DieGEWNRW erwartet, dass sichdas Schulministeri-
um des Problems von Schulversagen wieder intensiv
annimmtunddenSchulenUnterstützungzumFördern
statt Sitzenbleiben anzubietet. Dabei sollten sowohl
die Erfahrungen der Projektschulen genutzt werden
als auch die Unterstützung durch die LehrerInnen-
verbände, die das Projekt kontinuierlich begleiteten.
www.
tinyurl.com/Statistiktelegramm-2014-2015
Ilse Führer-Lehner
„Kommmit!“botdiespannendeMöglichkeit,
sichmitanderenBerufskollegsaufderGrundlage
von Zahlen zu vergleichen und sich über die
pädagogischenMaßnahmen–auchhinsichtlich
desErfolgs–auszutauschen. Eswarermutigend
zu sehen, wie sehr die SchülerInnen von der
Förderung profitierten. Das Projekt machte
beispielhaftdeutlich,waserreichtwerdenkann,
wennSchuledenSchülerInnendurch intensive
individuelle Beratung und Coaching gerecht
wird, denngenauhier lagder Schwerpunkt im
Berufskolleg Vera Beckers: Die SchülerInnen
wurdengezieltmotiviert, rechtzeitig individuelle
Beratungstermine wahrzunehmen – nicht erst
dann, wenndas Kind indenBrunnengefallen
war. Frustrierend war zugleich die Erkenntnis,
dass fürdieseArtder Förderungaußerhalbdes
ProjektskaumRessourcenzurVerfügungstehen.
DieKernidee: individuelle Lernberatung
DieBeratungamKrefelderBerufskollegzielte
daraufab,dassdieSchülerInnensicheigenstän-
dig um Lösungen bemühten, unterstützende
Entscheidungshilfen wurden angeboten. Zu
Beginn der Beratung wurden gemeinsammit
denSchülerInnendieeigenenKompetenzen in
denBereichenArbeitsumfeld, Planung, Zeitein-
„Kommmit!“ amBerufskollegVeraBeckers
Erfolgsrezeptmit Verfallsdatum
AmKrefelderBerufskollegVeraBeckers
wurdemit „Kommmit!“ deutlich, was
individuelleLernberatung leistenkann.
Vorausgesetzt,dieRessourcenstimmen.