nds 5-2013
11
bekenntnisschulen in Zeiten der inklusion
(K)eine Schule für alle?
inklusion ist der umfassende begriff
für das gemeinsame leben und ler
nen. die landesregierung hat sich ver
pflichtet, dieses Ziel der un-Menschen
rechtskonvention umzusetzen. Kann es
sich nRW angesichts dieses anspruchs
vollen Ziels weiterhin leisten, im grund
schulbereich zwischen verschiedenen
Schularten zu unterscheiden?
Ist es in Zeiten der Inklusion richtig, dass...
... ein evangelischer Schulanfänger konver
tieren muss, damit er mit seinen Freunden
in die wohnortnahe katholische Grundschule
gehen kann?
... ein muslimischer Junge nur dann in die
wohnortnahe katholische Grundschule gehen
kann, wenn die Eltern unterschreiben, dass er
am katholischen Gottesdienst und Religions
unterricht teilnimmt?
.. eine Kollegin, die seit mehr als zwei Jah
ren kommissarisch eine Schule leitet, sich aber
nicht auf die Stelle bewerben darf, da sie die
„falsche“ Konfession hat?
... ausgeschriebene Lehrer- und Schullei
tungsstellen nicht besetzt werden können, weil
BewerberInnen das falsche Bekenntnis haben?
Aktuelle Situation in NRW
Bekenntnisgrundschulen sind öffentliche
Schulen in Trägerschaft der jeweiligen Kom
mune. Mit diesen Schularten ist NRW fast
einzigartig in Deutschland. Nur Niedersach
sen hat noch Bekenntnisschulen, allerdings
p us
WdR 5: bekenntnisschulen in der
Kritik – Stadtgespräch in Pader
born (Westblick vom 15.04.2013)
initiative „Kurze beine – kurze
Wege“: aktuelle infos und um
fangreiche Materialsammlung
zu bekenntnisschulen in nRW
Kleine Anfragen der Piraten
partei und Antworten der lan
desregierung
– zu Aufnahmekriterien an
bekenntnisgrundschulen
– zu o enen Schulleitungsstellen
an bekenntnisgrundschulen
deutlich weniger. Zurzeit gibt es in NRW
911 katholische und 76 evangelische öffent
liche Bekenntnisschulen, das ist ein Drittel
aller Grundschulen. Sie verteilen sich sehr
unterschiedlich im Land: von Städten mit nur
einer katholischen Grundschule bis zu Kreisen
mit einem fast 100-prozentigen Angebot von
Bekenntnisschulen, von Kreisen mit nur einer
Gemeinschaftsgrundschule bis zu Städten mit
einem 95-prozentigen Angebot.
In den früheren Schulbezirken waren die
unterschiedlichen Schularten in einigen Kom
munen die einzige Chance für Eltern, zwischen
mehreren Schulen für ihre Kinder auszuwäh
len. Heute – nach der Abschaffung der Schul
bezirke – gilt dieses Argument nicht mehr.
Umwandlung in Gemeinschaftsgrund
schulen erleichtern!
Nach dem Schulgesetz sind alle Schulen
dazu verpflichtet die christlichen Werte zu
vermitteln und sie arbeiten nach denselben
Richtlinien und Lehrplänen. Wenn jetzt das
Schulgesetz im Sinne der Inklusion geändert
wird, dann sollten auch die verschiedenen
Bekenntnisschularten infrage gestellt werden.
Ihre Abschaffung ist allerdings nur durch eine
Verfassungsänderung möglich. Dafür wird
es im Landtag wohl kaum die erforderliche
Mehrheit geben.
In einem ersten Schritt könnte aber bei
spielsweise das Quorum für die Umwandlung
einer Bekenntnisschule in eine Gemeinschafts-
Foto: istockphoto.com
grundschule deutlich verändert werden. Die
bisherige Regelung erfordert eine Zustim
mung von 70 Prozent aller Eltern. Diese
sehr hohe Hürde steht in keiner Relation zu
erforderlichen Mehrheiten bei anderen demo
kratischen Abstimmungen.
In einem Drittel aller öffentlichen Bekennt
nisschulen haben weniger als 50 Prozent der
Kinder das entsprechende Bekenntnis. Dies
bestätigt, dass in vielen Bekenntnisschulen
nicht „ausgesondert“ wird, sondern alle Kinder
willkommen sind. Eine Umwandlung in eine
Gemeinschaftsgrundschule wäre die sinnvolle
Konsequenz, die aber oft an den hohen Hürden
bei der Elternabstimmung scheitert. Hier ist die
Politik gefordert, auch unterhalb einer Verfas
sungsänderung deutliche Zeichen zu setzen.
Die GEW hat das Problem der Bekennt
nisschulen schon bei der Anhörung zum 8.
Schulrechtsänderungsgesetz im Zusammen
hang mit kleinen Grundschulen thematisiert
und deutlich gemacht: Eine erleichterte Um
wandlung in eine Gemeinschaftsgrundschule
entspricht dem Wunsch vieler Eltern wie auch
KollegInnen und ermöglicht den Schulen,
einen weiteren Schritt hin zu einer inklusiven
Schule zu gehen.
Rixa Borns
Rixa borns
Vorsitzende der Fachgruppe
Grundschule der GEW NRW