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nds 9-2015
d Beamte rund um den Arbe i tsplatz
DIE
WISSENSECKE
Mehrarbeit
Häufig klagen Lehrkräfte über die Belastungen durch die An-
ordnung von Mehrarbeit, die immer wieder die unzureichende
PersonalversorgungauffangenundUnterrichtsausfall vermeiden
soll. Um die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen, gibt es
rechtlicheMöglichkeiten, Mehrarbeit einzudämmen.
Laut Landesbeamtengesetz (LBG), das über eine Verweisung
im Tarifvertrag TV-L auch auf angestellte Lehrkräfte angewendet
wird, gilt: „Die regelmäßige Arbeitszeit darf im Jahresdurchschnitt
einundvierzigStunden inderWochenichtüberschreiten“ (§60Abs.
1LBG). BeamtInnen sindgleichzeitigverpflichtet, überdie regelmä-
ßigeArbeitszeit hinausDienst zu tun, wenn zwingende dienstliche
Verhältnisse es erfordern. Hierzu gehören die Gewährleistung von
Aufsichtspflichten, dieSicherstellungvonSchulabschlüssenundder
(umstrittene) Ausgleich von Fachlehrermangel. Allerdings müssen
dieseUmständevorübergehend seinundeineAusnahme innerhalb
desnormalenDienstbetriebsdarstellen.DieSchulleitungmussprüfen,
obMehrarbeit tatsächlich zwingend erforderlich ist.
Ausnahmeregelungen
Für bestimmte Beschäftigtengruppen gelten Ausnahmen von
der Mehrarbeitsverpflichtung. Hierzu gehören Schwerbehinderte,
Beschäftigte inderWiedereingliederung, befristetBeschäftigteund
teildienstfähige Lehrkräfte, Schwangere und stillendeMütter (§8
MuSchG)sowieBeschäftigtemitbesonderendienstlichenBelastungen
oder familärenBetreuungsverpflichtungen.AuchLehramtsanwärte-
rInnenkönnennur sehr eingeschränkt zuMehrarbeitherangezogen
werden. Teilzeitbeschäftigtehabenentsprechend ihrer Stundenzahl
eine Verpflichtung zurMehrarbeit (§17 II ADO).
MöglichkeitenderMitbestimmung
Vermeidungsstrategien von Mehrarbeit sind unbedingt in der
Lehrerkonferenz zu erörtern. Hier solltenGrundsätze für dieUnter-
richtsverteilung und die Aufstellung von Stunden-, Aufsichts- und
Vertretungsplänen beschlossenwerden (§ 68 Abs. 3 SchulG). Nur
selten machen Schulen Gebrauch von der Möglichkeit, dass bei
vorhersehbarerMehrarbeit –etwabei langfristigerErkrankung,Mut-
terschutzoder Fortbildung–der LehrerrateinMitbestimmungsrecht
hat (§72Abs. 4 LPVG). Bei einemWiderspruchdes Lehrerrats darf
die Schulleitung keineMehrarbeit anordnen.
Ute Lorenz
Die GEW NRW bietet Schulungen für Lehrerräte speziell zum
ThemaMehrarbeit:www.tinyurl.com/GEW-Lehrerrat-Mehrarbeit
Vertiefende InfosderGEW-PersonalrätInnen imRegierungsbezirk
Detmold zum ThemaMehrarbeit gibt es imOnline-Archiv unter
(Webcode232415).
Teilzeit bei LehrerInnen
Nicht nur aufUnterricht bezogen
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat am 16. Juli 2015 ent-
schieden, dass teilzeitbeschäftigte LehrerInnen nur entsprechend
ihrer Teilzeitquote zur Dienstleistungherangezogenwerdendürfen.
Deshalbmüsseder TeilzeitquotebeiÜbertragungvonFunktionstätig-
keiten Rechnung getragen werden oder ein zeitlicher Ausgleich durch
entsprechendgeringereHeranziehung zuanderenAufgabenerfolgen, so
dasBVerwG. Immerwiedergibtes indenSchulenAuseinandersetzungen
darüber, wie die entsprechende Tätigkeit im Rahmen der jeweiligen
Teilzeit praktisch umgesetzt wird. Unterricht und außerunterrichtliche
Tätigkeiten sind nicht einfach nach der jeweiligen Teilzeitquote teilbar,
wie das BVerwG nun bestätigt hat. Grundsätzlich gilt für alle teilzeit-
beschäftigten Lehrkräfte:
◆◆
Dienstleistung in der Schule ist nur entsprechend der Teilzeitquote
zu erbringen.
◆◆
Übertragungen von Funktionstätigkeiten können ebenfalls nur nach
dem jeweiligen Teilzeitquotienten erfolgen.
◆◆
Andernfallsmusseinanderweitiger zeitlicherAusgleichdurchgeringere
Heranziehung zu anderenAufgaben erfolgen.
Der Fall
Die Klägerin ist als Oberstudienrätin an einem Gymnasium in Nie-
dersachsenmit einer Pflichtstundenzahl von13/23,5Wochenstunden
teilzeitbeschäftigt.MitdemAmteinesOberstudienrats ist inNiedersachsen
stetsdieVerpflichtungzurÜbernahmeeinerFunktionstätigkeitverbunden,
dasheißteinerdauerhaften,nichtunmittelbarunterrichtsbezogenenschu-
lischenVerwaltungsaufgabe. DenAntragder Klägerinauf Reduzierung
der Funktionstätigkeit entsprechend ihrer Teilzeitquote – hilfsweise auf
GewährungvonZeitausgleichoder einer zusätzlichenVergütung–hatte
die beklagte Landesschulbehörde abgelehnt. Nachdem die Klage der
Oberstudienrätin gegen diese Ablehnung in erster und zweiter Instanz
erfolglos gebliebenwar, befasste sich nun das BVerwGmit dem Fall.
DasUrteil
NachAuffassung des BVerwG verlangen der allgemeineGleichheits-
satz (Art. 33Grundgesetz) unddasUnionsrecht, in Teilzeit Beschäftigte
nur entsprechend ihrer Teilzeitquote zur Dienstleistung heranzuziehen.
Deshalb dürfen teilzeitbeschäftigte LehrerInnen in der Summe ihrer Tä-
tigkeiten (Unterricht, Vor- undNachbereitungdesUnterrichts, Teilnahme
anKlassen- undSchulkonferenzen, Elterngespräche,Vertretungsstunden,
aberauchFunktionstätigkeiten)nur entsprechend ihrer Teilzeitquote zur
Dienstleistung herangezogen werden. Das bedeutet, dass der Teilzeit-
quotebeiderÜbertragungvonFunktionstätigkeitenRechnunggetragen
werden oder ein zeitlicher Ausgleich durch entsprechend geringere
Heranziehung zu anderenAufgaben – zumBeispiel keine oder weniger
Vertretungsstunden – erfolgenmuss. Weil das Oberverwaltungsgericht
keine hinreichenden Feststellungendazugetroffenhat, obdieKlägerin
inder Summe entsprechend ihrer Teilzeitquoteoder hierüber hinaus zur
Dienstleistung herangezogen wird, wurde der Fall an das Oberverwal-
tungsgericht zurückzuverweisen (Bundesverwaltungsgericht:2C16/14).
Ute Lorenz/BVerwG
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