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arbeitsplatz
Was gibt‘sNeues amBerufskolleg?
Inklusion in
der Exklusion
Ab dem Schuljahr 2016/2017 ist auch an den Berufskolleg die sonderpädago-
gische Förderung der Regelfall und damit die Inklusion von SchülerInnen mit
Förderbedarf insbesondere indenBereichen LernenundEmotionaleund soziale
Entwicklungumzusetzen.DieKonsequenzen,diesichausdengestiegenenErwar-
tungenundausdemGutachtendesBildungsforschersProf.KlausKlemmergeben,
warenGegenstandder Fachtagung „Wasgibt’sNeuesamBerufskolleg?“undder
LandesdelegiertenversammlungBerufskolleg am21. April 2015 inDortmund.
Gelebte Inklusion ist fürBerufskollegsnichts
Neues: SchülerInnenmitFörderbedarfbesuchen
die Berufskollegs nicht erst seit gestern. Die
meisten von ihnen sind im Rennen um einen
Ausbildungsplatz inderWirtschaft gescheitert
und lernen nun an Berufskollegs in Klassen
desÜbergangssystems. Siebleiben inKlassen,
die nicht zu einem Berufsabschluss führen,
weitgehendunter sich. „Inklusionfindet dabei
zumeist inderExklusionstatt“,beschreibtKlaus
Klemm die Situation. Übergreifende Konzepte
und zusätzliche Ressourcen fehlen, stellte der
Bildungsforscher bereits in seinemGutachten
„JungeErwachsenemit sonderpädagogischem
Förderbedarf in denBerufskollegs“ fest.
TeilhabebeimBerufseinstieg
DasGutachten (siehends3-2015) istentstan-
denausderDiskussionumdieNovellierungder
Ausbildungs-undPrüfungsordnungBerufskolleg
(APO-BK)undumdas9. Schulrechtsänderungs-
gesetz. „Notwendig ist jetzteineBetrachtungdes
SystemsBerufskolleg inBezugauf denBedarf,
derdurchdie Inklusionentsteht“, fordertNorbert
Wichmann, DGBNRW.
DieUN-Konventionwill Teilhabeauchbeim
Einstieg in den Beruf sichern. Maßstab für die
InklusionamBerufskolleg ist, soRoswithaLauber
von der GEWNRW, der gelingende Übergang
in die Ausbildung. Die Faktenlage zeigt Ent-
wicklungsbedarf auf: Lediglich3,5Prozent der
Ausbildungsplätze sind für SchülerInnen ohne
Hauptschulabschlusserreichbar.VoneinerAus-
bildungsgarantie, wie sie Norbert Wichmann
fordert, istauchNRW trotzAusbildungskonsens
weit entfernt.
Sabine Flögel
Mitglied im Leitungsteam der
Fachgruppe Berufskolleg der GEW
NRW
APO-BK ignoriert Inklusion
Prof.KlausKlemmnenntZahlen:695Stellen
sind anstelle der aktuell 322 erforderlich, um
die Jugendlichen und jungen Erwachsenen
mit attestiertem Förderbedarf an den Berufs-
kollegs angemessen fördern zu können. Die
Erfahrungen aus der Sekundarstufe I zeigen,
dassohneangemesseneAusbildung,Fortbildung
undWeiterbildungder Lehrkräfte Inklusionam
Berufskollegnichtgelingenkann.EsgibtBudgets
fürGrundschulenunddieSekundarstufe I, aber
nicht für Berufskollegs, sodieBildungsreferen-
tin der GEW NRW Dr. Ilse Führer-Lehner. Die
Bildungsgewerkschaft fordert fürdennächsten
Haushaltsentwurf die Berücksichtigung von
Stellenzuweisungen auf der Basis der Zahlen
ausdemGutachten, klareKonzepteundgezielte
Steuerungbei der Verteilungder Stellen sowie
Kontrolle bei der Umsetzung.
Die Bemühungen um Inklusion am Berufs-
kolleg treffen auf den weiter bestehenden
Ausbildungsplatzmangel. „Die Schülerzahlen
an Berufsschulen im dualen System nehmen
kontinuierlich ab“, legt Dietrich Mau von der
GEWNRW in seinenAusführungen zur Reform
derAPO-BKdar. „MiteinerAPO-BK-Reformkann
mandie SituationamAusbildungsmarkt nicht
regeln.DaswarauchnichtdieAbsichtdesMini-
steriums.“DieneueAPO-BKgeht zumSchuljahr
2015/2016andenStart und reagiert auf den
demografischenWandel mit einer Neustruktu-
rierung der Bildungsgänge. Schon im Vorfeld
wurde sie genutzt, um 500 Stellen im Bereich
derBerufskollegs zu streichen. Inklusionwurde
bei der Reform allerdings nicht berücksichtigt
– hier ist Nachbesserung dringend notwendig.
Berufsschulpflicht bis zum
21. Lebensjahr verlängern!
NichtabsehbarwardiesteigendeAnzahl von
Flüchtlingen, die in InternationalenFörderklas-
senoderauchSeiteneinsteigerklassen inDeutsch
so fit gemacht werden müssen, dass sie den
Weg in andere Ausbildungen finden können.
Hier sinddie Schulen zu einemgroßen Teil auf
eigene Initiativenangewiesen,beschreibtKlaus
Manegold, LeiterdesRobert-Bosch-Berufskollegs
inDortmund,dieSituation. „EingroßesProblem
ist, dass die Schulpflicht oftmals nach einem
Jahrerlischt.“ ImRahmendesProjektsRegionales
Berufsbildungszentrum, dem alleDortmunder
Berufskollegsangehören, kooperierendieSchu-
lenmit der Universität Duisburg-Essen bei der
ErstellungeinesgemeinsamenCurriculumsund
bei der Fortbildung der Lehrkräfte.
DieProblemlageschätztedieLandesdelegier-
tenkonferenzBerufskollegähnlichein: In ihrem
BeschlusszurBerufsschulpflichtundBeschulung
vonJugendlichenundHeranwachsenden inden
InternationalenKlassenanBerufskollegs fordert
sie den Landesvorstand der GEW auf, sich für
eineVerlängerungderBerufsschulpflichtbiszum
21. Lebensjahroder inAusnahmefällendarüber
hinauseinzusetzen, umdieserPersonengruppe
den Zugang zuBildung zu ermöglichen.
Sabine Flögel
Foto: sajola/photocase.de
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