23
nds 1-2016
Zuwanderungszahlenwie zumBeispiel inDort-
mund, Duisburg oder Hagenwird zunächst in
extraeingerichtetenKlassenunterrichtet.Hierfür
werden laut Erlass (BASS13-63Nr. 3) Klassen
eingerichtet, die das Ziel haben, die Kinder
und Jugendlichen nach und nach, maximal
aber nach zwei Jahren in den Regelunterricht
zu integrieren. Für das Erlernender deutschen
Sprache und Schrift sind zehn bis zwölf Wo-
chenstundenDeutschunterricht vorgesehen.
Die Zahl der zugewandertenunbegleiteten
Minderjährigen hat besonders in 2015 den
Bedarf an Konzepten zur schulischen Integra-
tionandenBerufskollegsbeziehungsweise zur
Integration indenArbeitsmarkterhöht.Sowurde
bereitsam1.August2014 imRahmenderbun-
desweiten Initiative „BildungdurchSchriftund
Sprache“ einVerbund von zwölf Berufskollegs
inNRWgegründet, derdie Integrationvonneu
zugewandertenundgeflüchtetenJugendlichen
in die Sekundarstufe II zum Ziel hat.
ImRahmenderwissenschaftlichenBegleitung
durch die Universität Duisburg-Essen werden
Verfahren entwickelt und erprobt, um Schü-
lerInnen sowohl in den Vorbereitungsklassen
(Erstförderung)alsauchanschließend imRegel-
unterricht (Anschlussförderung)mitgeeigneten
Unterrichtskonzeptenund -materialienzu fördern.
Wennmandavonausgeht, dassdasErlernen
derBildungssprachevier bisacht Jahredauert,
werden die besonderen Herausforderungen
deutlich, vor denenneu zugewanderteundge-
flüchtete jungeErwachsene stehen. Siemüssen
in kürzester Zeit dieBildungssprache erlernen,
umeinenSchulabschlusszuerhalten, der ihnen
dieerfolgreiche Integration indenArbeitsmarkt
ermöglicht. Und ganz nebenbei müssen sie
existenzielle rechtlicheFragenklären:Wie istes
umdenpersönlichenAufenthaltsstatusbestellt?
Kann die schulische Ausbildung fortgesetzt
werden, wenn die Schulpflicht mit dem 18.
Lebensjahr formal nichtmehr besteht?
Der Bereich „Übergang Schule-Beruf“ steht
dabei vor der Herausforderung, diese Gruppe
angemessen zu berücksichtigen und in die
vorhandenenStruktureneinzubinden–wiezum
Beispiel ineineBerufsorientierung imRahmen
von „KeinAbschluss ohneAnschluss“.
Unterstützungder Lehrkräfte vorOrt
Der Verbund der Kommunalen Integrations-
zentrenunterstützt dieArbeit der Lehrkräfte vor
Ort, indem Netzwerktreffen organisiert, Biblio-
theken zur Materialausleihe eingerichtet oder
Qualifizierungsmaßnahmenangebotenwerden.
Die Landesweite Koordinierungsstelle Kom-
munale Integrationszentren (LaKI) hat neben
der koordinierenden und fachlichen Arbeit im
Verbund vielfältige Aufgaben auf unterschied-
lichen Ebenen: Sie organisiert unter anderem
dieTagungsreihe „Schule für neu zugewanderte
Kinder und Jugendliche“ und reagiert damit
auf den hohen Bedarf an Qualifizierungen im
Nachgefragt
nds: Welche zusätzlichen Kompetenzen benötigen
Lehrkräfte für den Unterricht mit geflüchteten Er-
wachsenen, Kindernund Jugendlichen?
Viktoria Prinz-Wittner:
Lehrkräfte und pädagogische
Fachkräfte stehen vor der Herausforderung, neu zu-
gewanderten und geflüchteten Kindern und Jugend-
lichen die deutsche Alltags- und Bildungssprache zu
vermitteln, sie unter Umständenmit schulischem Ler-
nen vertraut zu machen, Bildungserfolge zu ermögli-
chenund Integrationsarbeit zu leisten. Dafür sindalle
an Schule Beteiligten aufgefordert, sich selbst ihrer
diversitäts- undmigrationssensiblenHaltungbewusst
zu werden. Sie müssen sich Kenntnisse aneignen
beispielsweise hinsichtlich rechtlicher Rahmenbe-
dingungen und individueller Ausgangslagen unter
Berücksichtigung der lebensweltlichenMehrsprachig-
keit. LehrerInnen müssen ihre Fähigkeiten ausbauen
imHinblick auf Alphabetisierung, sprachkontrastives
Arbeiten und sprachsensiblen Fachunterricht.
Qualifizierungsmaßnahmen sollten diese Kompe-
tenzaspekte beinhalten und nicht nur für Lehrkräfte,
sondern auch für pädagogische Fachkräfte wie aus
dem offenen Ganztag angeboten werden. Beschu-
lung geflüchteter und neu zugewanderter Kinder
und Jugendlicher ist nicht nur Aufgabe einzelner,
neu eingestellter Lehrkräfte, sondern stellt eine ge-
samtschulische Aufgabe dar. Und Schulen brauchen
Unterstützung bei interkulturellen Unterrichts- und
Schulentwicklungsprozessen.
Welchen Ansatz müssen entsprechende Fortbil-
dungen verfolgenundwenmüssen sie erreichen?
Qualifizierungsangebote und -formate, die in einer
Arbeitsgruppe im Ministerium für Schule und Wei-
terbildung mit allen Akteuren abgestimmt werden,
richten sich an unterschiedliche Adressaten: Zunächst
an neu eingestellte Lehrkräfte, die eine Qualifikation
für Deutsch als Zweitsprache vorweisen oder inner-
halb der ersten beiden Jahre erlangen müssen. Die
Nachfrage nach den entsprechenden Zusatzqualifizie-
rungen ist dementsprechend groß. Dafür finden enge
Entwicklungs- und Abstimmungsprozesse zwischen
den umsetzenden Bezirksregierungen, der LaKI und
QUA-LIS, unter der Federführung der Bezirksregierung
Köln statt. Erste Erfahrungen liegen schon jetzt aus
allen Bezirksregierungen vor: Die Qualifizierungsmaß-
nahmen haben einen Umfang von 80 Unterrichts-
einheiten. LehrerInnen können danach ihre Kompe-
tenzen durch weitere modularisierte Fortbildungen
ausbauen. Und zukünftig werden auch bereits tätige
Lehrkräfte auf modularisierte Fortbildungsangebote
der jeweiligenKompetenzteams zugreifen können: Die-
se werden schulintern oder im Rahmen schulexterner
Fortbildungen organisiert. Die Kommunalen Integra-
tionszentren bieten regionalspezifisch schulexterne
Qualifizierungsangebote zur Beschulungneu zugewan-
derter undgeflüchteterKinder und Jugendlichen sowie
SchülerInnenmitMigrationshintergrundan. In einigen
Kommunenwerden vonKommunalen Integrationszen-
trenArbeitskreise eingerichtet und koordiniert.
Von Schulen können schulspezifische Beratung und
Prozessbegleitung hinsichtlich interkultureller Unter-
richts- und Schulentwicklung bei den ortsansässigen
Kommunalen Integrationszentren angefragt werden.
Dafür hat die Landesweite Koordinierungsstelle
Kommunale Integrationszentren in bisher zwei Quali-
fizierungsdurchgängenBeraterInnen speziell für inter-
kulturelle Unterrichts- und Schulentwicklung ausge-
bildet. Bis 2017 soll ein landesweiter Beratungs- und
Unterstützungspool für interkulturelle Unterrichts-
und Schulentwicklung in NRW aufgestellt werden.
Hier wird zukünftig von einer engen Kooperationmit
den SchulentwicklungsberaterInnen der Kompetenz-
teams ausgegangen.
Die Fragen für die nds stellte SherinKrüger.
Viktoria Prinz-Wittner
Landesweite Koordinierungsstelle
Kommunale Integrationszentren,
Arbeitsschwerpunkt: Schulentwick-
lung undQualifizierung
Land. Die eigene Internetseite wurde paral-
lel imHandlungsfeld der neu zugewanderten
undgeflüchtetenKinder und Jugendlichenals
Unterstützungsplattform ausgebaut und stellt
zumBeispielmehrsprachige Informationen zur
Verfügung. FachlicheAbstimmungenfindenmit
demMinisterium fürSchuleundWeiterbildung,
denBezirksregierungenunddendazugehörigen
Kompetenzteamssowie landes-undbundesweit
mit Universitäten statt.
//
Tina Teepe
Landesweite Koordinierungsstelle
Kommunale Integrationszentren, Ar-
beitsschwerpunkt: Handlungsfeld der
neu zugewanderten und geflüchteten
Kinder und Jugendlichen