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nds 1-2016
Foto: Luftbildfotograf/ fotolia.com
Helle Timmermann
Mitglied im Leitungsteam der Fach-
gruppe Erwachsenenbildung der GEW
NRW und stellvertretende Leiterin der
Volkshochschule Bochum
Lehrkräften gestiegen ist. Bewerbungen von
pensionierten LehrerInnen trudeln regelmäßig
ein.DieVolkshochschulenkönnensichnur freuen
über kompetente und engagierte Lehrkräfte,
die sich aus einemGefühl von Verantwortung
gegenüber der Gesellschaft melden. Doch ihr
Einsatzgestaltetsichnichteinfach:DasProblem
istdergefragteStundenumfang.Möchtesichdie
Lehrerin inAltersteilzeitwirklichmindestenszwei
volleVor- oderNachmittagebinden?Was istmit
der Anrechnung auf ihre Versorgungsbezüge?
Damit beginnen die Schwierigkeiten.
AngemesseneBezahlung einfordern
Eine Festanstellung als DozentIn an einer
Volkshochschule ist ein nahezu unmöglich zu
erreichendes Ziel, denn eine entsprechende
Refinanzierung der Integrationskurse existiert
nicht.GabesnochbisvorKurzemeinenFunken
Hoffnung,dassdasBundesamtfürMigrationund
Flüchtlinge (BAMF)denKostenerstattungssatz
auf einerträglichesNiveauanhebenwürde, so
wurde auch diese Ende 2015 enttäuscht. Die
Erhöhungauf 3,10EuroproUnterrichtsstunde
ermöglicht nicht einmal bei dem vom BAMF
vorgeschlagenen Mindesthonorar von 23,00
Euro eine Vollfinanzierung bei einer der Volks-
hochschule angemessenen Qualität, die den
Lernerfolg sichert.
WenneseinProblemgibt, qualifizierteLehr-
kräfte zufinden, dannwirdebendieDefinition
vonqualifiziert geändert – so sieht die Lösung
desBAMFaus.DieLösungderAgentur fürArbeit
hingegen istnocheinfacher:Sie fordertgarkeine
Qualifikation. So geschah es bei denmit über
100MillionenEurogefördertenEinstiegskursen
für AsylbewerberInnen.
KeineChanceohne Fortbildungen
Was für die Schule gilt, gilt auch für den
Deutschkurs inderErwachsenenbildung:Ausge-
bildeteLehrkräfte fühlensichnichtautomatisch
fürdenDeutschunterrichtanderVolkshochschu-
lequalifiziert. SiebenötigenFortbildungen.Das
betrifft nicht nur das strukturierte Lernen im
geförderten Rahmen, sondern in besonderem
Zunächst einmal muss den Beschäftigten er-
möglicht werden, dass sie als DozentIn an der
Volkshochschule oder an einer anderen Einrich-
tung für Erwachsenenbildung so bezahlt wer-
den, dass sie von ihremBeruf leben können. Erst
dann bietet die Tätigkeit tatsächlich eine beruf-
liche Perspektive. Und: Bei einer Verdopplung
des Bedarfs anKursen ist das Problemnicht erst
da, wenn Lehrkräfteabwandern. Es ist schonda,
wenn nicht genügend qualifizierte Lehrkräfte
hinzukommen.
Dorothea Schäfer, Vorsitzende der GEWNRW
Wenn ich nicht so müde wäre, wäre ich wahr-
scheinlich trotzdem glücklich. Im Dezember
2015 hat es der Rat der Stadt einstimmig be-
schlossen: Die Volkshochschule Bochum erhält
die geforderteUnterstützung für 10.000 zusätz-
liche Unterrichtseinheiten. Jetzt können wir be-
rechtigt die Hoffnung haben, dass wir es mit
den von der Kommune angemieteten Räumen
und dem entgegengebrachten Vertrauen schaf-
fen, Honorare und zwei zusätzliche Stellen für
die Verwaltung und für die pädagogische Be-
treuung mit Deutschkursen refinanzieren zu
können. Die Angst vor den nächsten Mona-
ten mit mehr Kursen, aber vorerst ohne zusätz-
liches Personal, muss bis Ende Januar warten.
Die Frage nachdem, was nochanAufgaben an-
steht, auch. Alles wird gut, oder?
Helle Timmermann, stellvertretende Leiterin
der VolkshochschuleBochum
Maße auch das Ehrenamt. Für viele ist der eh-
renamtlichgeleiteteDeutschkurs nicht nur ein
Einstieg indie deutsche Sprache. Er ist der oft
einzige Zugang. Für die ehrenamtlich Tätigen
sind die Herausforderungen jedoch enorm –
strukturell, pädagogischundpsychisch. Dieses
EngagementmussdringenddurchFortbildungen
gestütztwerden. Voraussetzunghierfür sind je-
dochKonzepteundfinanziellesowiepersonelle
Ressourcen.
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Sprachniveaunach
europäischem
Referenzrahmen
AsylbewerberInnen
Förderungdurch
Durchführungdurch
Zugang/Finanzen
Gute
Bleibeperspektive
Schlechte
Bleibeperspektive
Bis A1 (einfachste
Sprachkenntnisse)
Basissprachkurse imRahmen von Early
InterventionNRW+
Ministerium für Arbeit,
Integration und Soziales
(MAIS)
Integrationskursträger und nach
demWeiterbildungsgesetz an-
erkannte Einrichtungen, Träger
vonBleiberechtsnetzwerken
Zuweisung der Teilnehmenden
erfolgt über dieAgentur für
Arbeit, nurmit Arbeitserlaubnis
Bis A1
Einstiegskurs für
AsylbewerberInnen
keineAngabe
Agentur für Arbeit
jedeOrganisation, die erklärt
geeignet zu sein
Beginnnur bis 31.12.2015; geför-
derteHerkunfstsländer: Iran,
Irak, Eritrea und Syrien
Bis B1
Sprachförderung für neu zugewanderte
Erwachsene und Jugendliche ab16
Jahren
Ministerium für Schule und
Weiterbildung (MSW)
Volkshochschulen undweitere
nach demWeiterbildungsgesetz
anerkannte Einrichtungen
2015: 0,5Millionen Euro,
2016: 2Millionen Euro
Bis B1
Integrationskurse
Bundesamt fürMigration
und Flüchtlinge (BAMF)
durch das BAMF zugelassene
Integrationskursträger
eingeschränkter Zugang für Asyl-
bewerberInnenmit schlechter
Bleibeperspektive
A2bis C2 (A0bis C2
abMitte2016)
Berufsbezogene Sprachkurse
Bundesamt fürMigration
und Flüchtlinge (BAMF)
durch das BAMF zugelassene
Trägernetzwerke
eingeschränkter Zugang für
AsylbewerberInnen
HelleTimmermann, eigeneDarstellung;Quellen: BAMF,MAIS,MSWundAgentur fürArbeit
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