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nds 11/12-2015
d Beamte rund um den Arbe i tsplatz
DIE
WISSENSECKE
Wenn LehrerinnenMütter werden
SchwangereundstillendeMütterstehenunterbesonderemSchutz.
FürdenSchuldienstgiltdeshalbderGrundsatz:Alles,wasMutter
und/oder Kindgefährden kann, muss vermiedenwerden.
DieRegelungen, die für schwangereund stillendeMüttergelten,
sind unter anderem zu finden imMutterschutzgesetz (MuSchG), im
FünftenSozialgesetzbuch (SGBV), inderVerordnung zumSchutzder
MutteramArbeitsplatz (MuSchArbV/MuSchRiV)und fürBeamtinnen
auch in der Freistellungs- undUrlaubsverordnung (FrUrlV).
ErsteSchritte
Sobald eine Lehrerin von ihrer Schwangerschaft weiß, sollte sie
ihre Schulleitung beziehungsweise die Dienststelle informieren,
damit auchdiegesetzlichenMutterschutzbestimmungen eingehal-
ten werden können. Es ist aber kein Entlassungsgrund, wenn die
Schwangerschaft noch einige Zeit verschwiegenwird.
Bei Bekanntgabe ihrer Schwangerschaft wird die Kollegin un-
ter Fortzahlung des Gehaltes sofort vom Unterricht freigestellt,
bis ihr Immunschutz hinsichtlich verschiedener Infektionskrank-
heiten geklärt ist. Die Schulleitung führt dazu eine sogenannte
Gefährdungsbeurteilung durch, bei der anhand einer Checkliste
möglicheGefährdungenüberprüftwerden. Gegebenenfallsmüssen
Schutzmaßnahmenbestimmtwerden, zumBeispiel eineFreistellung
vom Schwimm- und Sportunterricht oder von der Pausenaufsicht.
Die Gefährdungsbeurteilung muss von der Schulleitung und der
Schwangeren unterschrieben werden. Die Kollegin legt diese bei
der Untersuchung durch den betriebsärztlichen Dienst (BAD) vor,
derden Immunschutz feststelltundeineBeschäftigungsempfehlung
gibt. Die Schulaufsicht entscheidet über dieweitere Beschäftigung
beziehungsweise einBeschäftigungsverbot.
Grundsätze für dieBeschäftigung
Eine schwangere Lehrerinmuss nur auf eigenen ausdrücklichen
Wunsch anKlassenfahrten oderWandertagen teilnehmen.
WerdendeundstillendeMütterdürfennach8,5Stundennicht zur
Mehrarbeitherangezogenwerden.EineBeschäftigungnach20.00
Uhr undan Sonn- und Feiertagen ist nicht erlaubt (Elternabend,
Schulkonferenz, Schulveranstaltungen).
Werden Fälle von Infektionskrankheiten in der Schule bekannt,
die dieGesundheit der Schwangeren oder die des ungeborenen
Kindes gefährden können, hat die Schwangeredas Recht, sofort
mit dem BAD Rücksprache über einen weiteren Verbleib in der
Schule zu halten.
Ute Lorenz
Informationendes Schulministeriums rundumdenMutter-
schutz unter
Betriebliches Eingliederungsmanagement
Organisierter Suchprozess ist erforderlich
DasArbeitsgericht Berlinhat diebisherigeRechtsprechungdesBun-
desarbeitsgerichts zum betrieblichen Eingliederungsmanagement
(BEM) weiter konkretisiert (Arbeitsgericht Berlin: 28Ca9065/15).
Sind ArbeitnehmerInnen innerhalb eines Jahres länger als sechs
Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig krank, hat der
Arbeitgeber einBEMmit demZiel derWiedereingliederungdurchzufüh-
ren (§ 84 Abs. 2 SGB IX). Der Arbeitgeber hat im Rahmen eines BEM
hinreichend zuprüfen, obund inwelcherWeisedieArbeitnehmerInnen
wiederbeschäftigtwerdenkann. Erforderlich ist insoweiteinorganisierter
Suchprozess. Hierzu gehören
das Gespräch zwischen Arbeitgeber und ArbeitnehmerIn, unter Um-
ständen unter Einbeziehung von externem Sachverstand,
die stufenweiseWiedereingliederungdes Arbeitnehmers imRahmen
des „HamburgerModells“ in geeigneten Fällen,
die Prüfung, ob eine leidensgerechteÄnderungder Betriebsanlagen,
Maschinen undGerätemöglich ist, sowie
diePrüfung, obeineUmgestaltungdesArbeitsplatzes, desArbeitsum-
felds, der Arbeitsorganisationundder Arbeitszeit inBetracht kommt.
WirdeinderartigesBEMnicht durchgeführt, kanneineausgesprochene
krankheitsbedingteKündigungunwirksamsein.MitHilfedieserEntschei-
dung können die Diskussionen innerhalb eines BEM-Verfahrens weiter
konkretisiertwerdenundderArbeitgeberbeziehungsweisedieDienststelle
zuweiterenÜberlegungen der Anpassung der Arbeitsbedingungen für
eine dieGesundheit erhaltendenWeise geführt werden.
Ute Lorenz/Arbeitsgericht Berlin
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Attest hat Beweiskraft
Bezweifelt der Arbeitgeber die Richtigkeit einer ärztlichen Beschei-
nigung, somuss er das beweisen. Die bloße Vermutung, das Attest
sei nicht richtig, reicht nicht, umdieses zu entkräften.
DerFall:DieArbeitnehmerinwaralsPhysiotherapeutinbeschäftigt. Sie
hatte ihrArbeitsverhältnis selbstgekündigtundwolltebis zumEndeder
BeschäftigungdenResturlaubnehmen. Das lehnteder Arbeitgeber aus
organisatorischenGrundenab.VierTagespäter legtedieAngestellteeine
Krankschreibungvor,diedannbiszum letztenTagdesArbeitsverhältnisses
verlängert wurde. Der Arbeitgeber verweigerte die Entgeltfortzahlung.
Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg.
Das Landesarbeitsgericht: Die ärztlichen Atteste begründen die tat-
sächlicheVermutung, dassdieArbeitnehmerinwährenddesattestierten
Zeitraumes infolge Krankheit arbeitsunfähig war. Der bloße Umstand,
dass es ein Zusammentreffen von verweigertemUrlaub und Krankheit
gibt, reicht zurAnfechtungeinesAttestesnichtaus.DerArbeitgeberhat
keineausreichendenTatsachenvorgetragen, die zuernsthaftenZweifeln
an der Arbeitsunfähigkeit der Arbeitnehmerin Anlass geben könnten.
(Landesarbeitgericht Rheinland-Pfalz: 4 Sa398/14)
Quelle: DBG, einblick 14/15
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