Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen >> Schwarzbuch 2 Arbeit in Integrationskursen >> Schwarzbuch 2 Arbeit in Integrationskursen Impressum Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Hauptvorstand Verantwortlich: Dr. Stephanie Odenwald Redaktion: Arnfried Gläser, Helga Ballauf, Dr. Stephanie Odenwald Reifenberger Straße 21 60489 Frankfurt 069/78973-0 Fax: 069/78973-103 E-Mail: info@gew.de www.gew.de Gestaltung: Werbeagentur Zimmermann GmbH, Frankfurt am Main Die Broschüre erhalten Sie im GEW-Shop (www.gew-shop.de, E-Mail: gew-shop@callagift.de, Fax: 06103-30332-20), Mindestbestellmenge 10 Stück, Einzelpreis 3 Euro, Verpackungs- und Versandkosten siehe www.gew-shop.de September 2012 3 Inhaltsverzeichnis Vorwort �  4. Wie Lehrkräfte sich wehren Von Vorschriften für Lehrende und Lernende........ 8 �  2. Wie Lehrkräfte von ihrer Tätigkeit leben Friss oder stirb ...................................................... 16 Blitzlicht I............................................................... 17 Leben ohne Polster . ............................................. 18 Blitzlicht II.............................................................. 19 Ehrenamtliche Zuarbeit ........................................ 21 Blitzlicht III............................................................. 23 �  3. Von Pflichten und Rechten Sozialversicherung für Selbstständige: maximale Beiträge, minimale Rente..................... 28 Urlaubsentgelt: auch für Lehrkräfte in Integrationskursen............................................ 30 Aktion Butterbrot: Interessenvertretung ............. 40 DaZ-Netzwerk Vorgeschichte ............................... 43 DaZ-Netzwerk: Aktionen und Reaktionen . .......... 45  Berlin: Etappensieg auf dem Weg zu einem VHS-Tarifvertrag ................................... 50 �  5. GEW-Forderungen Eine skandalöse Diskriminierung beenden .......... 56 �  6. Dokumentation Formulierungshilfe Urlaubsantrag........................ 64 Tischvorlage: Einkommen hauptberuflich  tätiger VHS-Dozent/innen (Berlin)........................ 65  Anschreiben DaZ-Netzwerk an Bundespräsidenten.......................................... 66 Statusklage: Rechtsfragen sind Machtfragen . ..... 32 �  1. Arbeitsfeld Integrationskurse Politischer Wille gefragt: Für den Arbeitnehmerstatus ................................ 36 Antwortschreiben Bundeskanzleramt ................. 68  BAMF: Trägerrundschreiben ................................ 70 Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 5 Vorwort Nachdem wir im ersten Schwarzbuch „Beschäftigung in der Weiterbildung“ die prekäre Arbeit im Bereich Weiterbildung insgesamt thematisiert haben, geht es im Schwarzbuch „Arbeit in Integrationskursen“ um die pädagogische Tätigkeit in Integrationskursen, ein exemplarisches Feld für höchst prekäre Arbeitsbedingungen von hochqualifizierten Pädagoginnen und Pädagogen. Die gesetzlich vorgeschriebenen Integrationskurse werden von der Politik als „Erfolgsgeschichte“ für die Integration von Migrantinnen und Migranten gefeiert. Sicher ist das Erlernen der deutschen Sprache und das Kennenlernen politischer Grundstrukturen eine elementare Voraussetzung für Integration. Und es ist gut, dass es die Integrationskurse gibt. Besser wäre es allerdings, wenn dieses staatliche Angebot durch faire Arbeitsbedingungen für die etwa 17.000 Lehrkräfte gekennzeichnet wäre. Denn welche gravierenden Folgen haben dermaßen prekäre Arbeitsbedingungen für Menschen, die eine anspruchsvolle akademische Ausbildung und oft Weiterbildung absolviert haben? Welche negativen Auswirkungen hat es auf die Qualität der Kurse, wenn die Lehrenden wie billige Tagelöhner abgespeist werden? Auf diese Fragen geht dieses Schwarzbuch ein. Es informiert über den oft bewundernswerten Einsatz der Kolleginnen und Kollegen, die in Integrationskursen arbeiten, über ihre skandalös niedrige Bezahlung, ihren ungesicherten Status und das Fehlen sozialer Absicherung sowie über die Aktivitäten der letzten Jahre, an denen die GEW in Kooperation mit dem DaZ-Netzwerk in verschiedenen Bundesländern beteiligt war. Dazu gehört auch die juristische Auseinandersetzung um den Status, der Hinweis auf den Widerspruch zwischen klar regulierten Kursen im staatlichen Auftrag einerseits und Honorartätigkeit zum Niedrigpreis andererseits. Wir finden: Dieser unhaltbare Zustand muss endlich verändert werden. Wir stellen dazu im Schwarzbuch konkrete Forderungen an die Politik. Immerhin gab es in den letzten Jahren einige Fachgespräche bei den Oppositionsparteien SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke sowie parlamentarische Anfragen dieser Parteien. Darüber hinaus gab es zahlreiche Artikel, Fernseh- und Radiosendungen über die Lage der Lehrkräfte in Integrationskursen. Nicht zuletzt hat die GEW in den letzten Jahren Gespräche mit dem BAMF und dem Innenministerium geführt und sich massiv für die Beseitigung der skandalösen Beschäftigungsbedingungen für Lehrkräfte in Integrationskursen eingesetzt. Die Konsequenzen sind spärlich. Wann endlich werden diejenigen, die für Integration arbeiten, nicht mehr durch ihre Arbeitsbedingungen in das soziale Abseits gedrängt? Eine konkrete materielle Würdigung ihrer Arbeit steht noch immer aus. Ulrich Thöne Vorsitzender der GEW Stephanie Odenwald Leiterin Organisationsbereich Berufliche Bildung und Weiterbildung Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen >> 1 Arbeitsfeld Integrationskurse Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 8 1. Arbeitsfeld Integrationskurse Von Vorschriften für Lehrende und Lernende Welche Arbeit jemand tut, der oder die „Deutsch als Fremdsprache“ (DaF) oder „Deutsch als Zweitsprache“ (DaZ) unterrichtet, erschließt sich sofort. Wer dagegen „Integrationskurse“ gibt, muss Erklärungen nachschieben. Wer lernt da was? Und warum? Die späte Einsicht, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist, führte 2005 zum Zuwanderungsgesetz. Es regelt auch die „Integrationskurse“, die zum überwiegenden Teil aus Deutschunterricht bestehen. Außerdem wird im sog. „Orientierungskurs“ Basiswissen über die deutsche Rechts- und Gesellschaftsordnung vermittelt. Beide Teile müssen die Teilnehmenden mit einem Test abschließen. Bei Einbürgerungswilligen verkürzt sich die Wartezeit von acht auf sieben Jahre, wenn sie den Integrationskurs erfolgreich beendet haben. Es gibt eine Vielzahl von Bestimmungen darüber, wer einen Integrationskurs machen darf, wer von der Ausländerbehörde dazu verpflichtet wird oder wer nur zugelassen wird, sofern noch Plätze frei sind. Der normale Integrationskurs umfasst maximal 660 Stunden, 600 davon entfallen auf das Spra„Eine unterdurchschnittliche chenlernen. Ein Einstufungstest entscheidet, Vergütung“ stellt eine Studie wie viele Kursmodule im Auftrag des BAMF fest. (je 100 Stunden) belegt Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen werden müssen. Wer den Abschlusstest beim ersten Mal nicht schafft, kann weitere 300 Deutschstunden erhalten. Der „Deutschtest für Zuwanderer“ (DTZ) kann auf den Niveaustufen A 2 oder B 1 nach dem „Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen“ absolviert werden (C 2 entspricht dabei dem muttersprachlichen Niveau). Die Integrationskurse werden aus dem Etat des Bundesinnenministeriums (BMI) finanziert und vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) organisiert. Anfang 2012 stellte das BAMF die millionste Teilnahmeberechtigung aus. Bundesweit bieten mehr als 1300 Träger diese Kurse an: Volkshochschulen, Sprach- und Fachschulen, privatwirtschaftliche oder kirchliche Bildungsinstitute. Der 2012 zur Verfügung stehende Etat umfasst 224 Millionen Euro, lediglich sechs Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Das BAMF zahlt den Trägern pro Unterrichtsstunde und Teilnehmer/in seit Ende 2011 einen pauschalen Stundensatz von 2,54 Euro. Die Teilnehmenden selbst übernehmen einen Eigenanteil von einem Euro pro Unterrichtsstunde, sofern sie von den Zahlungen nicht befreit sind. Es handelt sich um ein hoch verrechtlichtes Feld: Das zeigen nicht nur die diffizilen Unterschiede, die bei den Teilnehmergruppen gemacht werden. Das zeigen auch die Vorgaben des BAMF für die Curricula sowie weitere Vorschriften des Amts für die Träger. So gilt etwa seit 27. Januar 2012 die Zweite Änderungsverordnung zur Integrationskursverordnung (IntV), die u. a. festschreibt, welche Personen für die Einstufungstests eingesetzt 9 werden dürfen und was es mit der gültigen Prüferlizenz „Deutschtest für Zuwanderer“ auf sich hat. Zugleich zeigt aber gerade auch diese neue Rechtsgrundlage, wie schwammig und interpretationsfähig manche Vorgaben sind. So „kann“ das BAMF die methodisch-didaktische Fortbildung von Lehrkräften fördern. Sie kann es offenbar auch lassen. Außerdem ist erstmals vorgesehen, dass Integrationskurse auch in Online-Form durchgeführt werden können und das BAMF die Details in Eigenregie regelt. Grundsätzlich wird von den Lehrkräften in Integrationskursen ein abgeschlossenes Studium im Bereich DaF/ DaZ gefordert oder aber das Erreichen einer vom BAMF vorgegebenen Zusatzqualifikation. Eine Bedingung, das Personal fest anzustellen, existiert nicht. Lediglich eine Untergrenze für das Honorar sieht das Amt vor. Derzeit gilt: Ein Träger, der den Lehrkräften weniger als 18 Euro Honorar pro Unterrichtsstunde bezahlt, erhält nur eine Zulassung von einem Jahr. Die anderen Träger können für drei bis fünf Jahre zugelassen werden. Tatsächlich hat das „Kurzgutachten zum Finanzierungssystem der Integrationskurse“ vom Dezember 2009 ergeben: Die Spanne beim Honorar für die (freiberuflichen) Lehrkräfte reicht von 15 Euro pro Unterrichtseinheit bis zu über 30 Euro. „Eine unterdurchschnittliche Vergütung“ stellen die Gutachter fest, die ihre Expertise im Auftrag von BAMF und Bundesinnenministerium erarbeiteten. In der Untersuchung wird auch darauf verwiesen, dass die vorletzte Erhöhung der Vergütung (auf damals 2,35 Euro pro Stunde) von den Trägern meist nicht an die Lehrkräfte weitergegeben wurde. Weil die Gutachter aber davon ausgehen, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen der Qualität der Integrationskurse und der Vergütung gibt, stellen sie Versuchsrechnungen an: Würden die Honorarlehrkräfte auf dem Niveau des Einstiegsgehalts von Sozialpädagog/innen bezahlt, müsste der Stundensatz von inzwischen 2,54 auf 2,96 Euro angehoben werden. Orientierte man sich jedoch am Einstiegsgehalt von Lehrkräften im Schuldienst, wäre ein Satz von 4,05 Euro pro Unterrichtseinheit erforderlich. Aus Sicht der Integrationslehrkräfte, die für bessere Bedingungen kämpfen, sind das interessante Zahlen. Sie lassen jedoch außer Acht, dass bei freiberuflich tätigen Honorarlehrkräften die Beiträge zur Kranken- und Rentenkasse sehr viel höher sind als bei den Vergleichsgruppen, die davon profitieren, dass der Arbeitgeber etwa die Hälfte der Versicherungsbeiträge zahlt. Auf den folgenden Seiten werden die Engagierten beschreiben, wie sich die Lebenssituation im Arbeitsfeld Integrationskurse aus ihrer Sicht darstellt, welche Forderungen zur Verbesserung der Situation es gibt und wie die Honorarlehrkräfte – mit Unterstützung von GEW und­ ver.di – ihre Lage verbessern wollen. Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 1 2 3 4 5 6 10 Steckbriefe: Sie alle wollen Deutsch lernen Zum Auftakt werden einige der Teilnehmer/innen einer Integrationsklasse in kurzen Steckbriefen vorgestellt: So verschieden sind die Menschen, denen die Lehrkräfte gerecht werden sollen und wollen, so vielfältig ihre Bedürfnisse und Erwartungen. tet, e alt, verheira Türkin, 34 Jahr ausfrau zwei Kinder, H ßerhalb n Kontakte. Au Keine deutsche chland lt ihr in Deuts der Familie rege genann alle Angele geborener Ehem Schuauf Kita und heiten. Vertraut ch ern gutes Deuts le, die den Kind flichen n. Keine beru beibringen solle r Zeit ünscht sich meh Ambitionen; w er aber n, will die Kind mit ihrem Man rtrauMenschen anve nicht fremden rn und ne ihre Elte en. Fühlt sich oh rigen einsam. Familienangehö Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen e alt, ledig, Iraner, 46 Jahr stallateur keine Kinder, In weiPersisch, keine Muttersprache Jahre nntnisse. Zehn teren Sprachke wollte efängnissen; er in iranischen G eßen. Mitbürger schi nicht auf seine chland. Jahren in Deuts Seit mehreren kurphabetisierungs Besuch eines Al skurs. nd Integration ses, anschließe enhilfe nweise als Küch Arbeitet stunde ar tz IV. H heim. Bezieht in einem Alters 11 1 ratet, hre alt, verhei Äthiopier, 30 Ja ankenpfleger, keine Kinder, Kr istent Anästhesie-Ass , Zweitsprarache Hararisch Muttersp aten in it einigen Mon che Englisch. Se Deutschland. ratet, hre alt, verhei Albaner, 31 Ja treicher und Ans ein Kind, Maler ch und achen Griechis Umgangsspr Griechenland e auch in Italienisch; lebt in DeutschSeit einem Jahr und Italien. land. 2 3 4 eiratet, Jahre alt, verh ailänderin, 37 Th erin Bilanzbuchhalt keine Kinder, ­ it knapp einem glisch. Se Zweitsprache En chland. Jahr in Deuts eiratet, Jahre alt, verh negrinerin, 33 Monte chin . Keine keine Kinder, Kö in Deutschland nigen Monaten genSeit ei sse. Schwer wie prachenkenntni Fremds robleme. iche und Ehep de gesundheitl 5 6 Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 12 hre alt, ledig, Bulgarin, 24 Ja odedesignerin keine Kinder, M kenntlgarisch, Grund uttersprache Bu M onaten . Seit einigen M nisse in Englisch ihrem Freund ; lebt mit in Deutschland ie möglich ill so schnell w sammen; w zu Arbeit finden. ratet, hre alt, verhei Irakerin, 28 Ja Hausfrau keine Kinder, ­ chland. Jahren in Deuts Seit ca. zwei utter. hwerkranke M Betreut ihre sc Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen ratet, hre alt, verhei Iranerin, 38 Ja ochter, nder, eine Stieft zwei eigene Ki Akademikerin en. StuIran mit 18 Jahr Flucht aus dem in USA und nien. Dozentin dium in Kalifor ternatierin in einem in Kanada. Manag fließend onzern. Spricht onalen Modek gut bezahlehrgeizig. Gab Englisch. Sehr r ihren it in den USA fü te Berufstätigke f. Strebt chen Mann au deutsch-persis tschtest Ergebnis im Deu ein sehr gutes sländeramt r (DTZ) an. 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Hat ben des BAMF ns erhebliischen Eheman deutsch-griech leme. che Sprachprob 5 6 Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen >> 2 Wie Lehrkräfte von ihrer Tätigkeit leben Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 16 2.  ie Lehrkräfte W von ihrer Tätigkeit leben Friss oder stirb Eine eindeutige Aussage zu den Verdiensten in Integrationskursen ist schlechterdings unmöglich. Die Honorare variieren selbst innerhalb einer Stadt. Je nach Träger erhalten die Lehrkräfte beispielsweise ein zusätzliches „Kopfgeld“, wenn mehr als 15 Teilnehmer/innen im Kurs sind. Üblich ist es auch, mehrere Dozent/ innen in einem Kurs unterrichten zu lassen. Manchmal wechselt die Lehrkraft im Laufe eines Kurses. Oft müssen Dozent/innen ohne zusätzliche Bezahlung Büro- und Organisationsarbeiten übernehmen. Es gibt kein einheitliches Berufsbild. Fest steht jedoch, dass der überwiegende Teil der Dozent/innen aufgrund der gestiegenen Lebenshaltungskosten immer mehr Stunden unterrichtet – oder mit Hartz IV aufstocken muss, um einigermaßen über die Runden zu kommen. Unterlaufen dem Träger bei der äußerst aufwändigen Abrechnung der Kurse mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Fehler, warten die Lehrkräfte unter Umständen monatelang auf ihr Honorar. Denn gezahlt wird von vielen privaten Trägern erst, wenn das Geld vom BAMF überwiesen wurde. Ein Kursmodul im Rahmen des Integrationskurses umfasst 100 Stunden, das sind ca. fünf Wochen ohne Feiertage. Der Träger kann seine Kosten erst danach beim BAMF Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen geltend machen. Wenn aber beispielsweise öffentliche Träger die Arbeit vorfinanzieren sollen, geraten sie gegenüber ihren Kommunen schnell in Erklärungsnot. Die Lehrkräfte liefern ihre Arbeit fünf Wochen lang ab, erhalten jedoch ihr Honorar in der Regel erst nach frühestens sieben Wochen. Es kann auch länger dauern: Etwa dann, wenn der Unterricht am 9. Januar beginnt und sich wegen Karneval, Osterferien und weiteren Feiertagen hinzieht und bis Ende Mai lediglich drei Kursmodule absolviert sind. Für diese drei Kursmodule erhält die Lehrkraft ein Honorar, das – auf die fünf Monate Arbeitszeit verteilt – bei 900 Euro brutto pro Monat liegt. Um den Lebensunterhalt zu finanzieren, müssen also neben dem Integrationskurs weitere Kur- Viele Lehrkräfte se übernommen werden. Viele Lehrkräfte geben mehr als 40 Stun- geben mehr als 40 den Unterricht – Vor- und Nach- Unterrichtsstunden bereitung sowie Fortbildung nicht eingerechnet –, um ohne staatliche pro Woche. Unterstützungsleistungen (z. B. Arbeitslosengeld II) über die Runden zu kommen. Die Qualität der Kurse hängt daher nicht allein von der Professionalität der Lehrkräfte ab, sondern sehr stark von den unsicheren Arbeitsbedingungen. Das BAMF müsste, statt ständig auf Zusatzqualifikationen der Lehrer/innen zu drängen, zunächst für deren finanzielle und soziale Absicherung sorgen. 17 Einerseits wird auf die Erfahrung älterer Dozent/innen Wert gelegt, andererseits ist ihre Lage oft desolat: In einem Alter, in dem sich Kolleg/innen an öffentlichen Schulen auf die anstehende (Früh)Pensionierung vorbereiten, müssen Lehrkräfte in Integrationskursen zusätzliche Arbeiten übernehmen, nur um den Lebensunterhalt bestreiten zu können. Werden sie krank, ist schnell die Existenz bedroht, denn bei längerer Krankheit fällt das komplette Einkommen weg. Vorsorge für diese Situation zu treffen, ist für sie aufgrund der niedrigen Honorare schier unmöglich. Das BAMF erklärt, für die Situation der Lehrkräfte nicht zuständig zu sein. Die Verantwortung wird auf Träger und Lehrkräfte abgeschoben, zwischen denen angeblich „Vertragsfreiheit“ herrscht. Tatsächlich erhalten selbst die Träger immer wieder eine Zulassung, die weniger als 18 Euro pro Kursstunde zahlen. Das heißt, die angebliche Kontrollfunktion des BAMF ist eine Farce. In der Realität gilt für die Dozent/innen die Maßgabe: „Friss oder stirb!“ DaZ-Netzwerk Blitzlicht I Dass Honorar-Dozenten unangemessen entlohnt werden, ist ja kein Geheimnis. Dazu kommt, dass Lehrkräfte darüber hinaus auch für ihre Grundrechte kämpfen müssen. Ich arbeitete in den Jahren 2010 und 2011 in Integrationskursen bei einem Trägerverein in einer Großstadt. Hier wurden sehr unterschiedliche Honorare an die Lehrkräfte gezahlt. Es war für mich nicht durchschaubar, warum welche Person welches Honorar bekam. Zum Teil lag der Stundensatz unter 15 Euro. Ich schlug meinen Kollegen und Kolleginnen vor, sich zusammenzusetzen und über die allgemeine Situation in den Integrationskursen und speziell bei unserem Träger zu sprechen. Unmittelbar nach diesen Vorgesprächen wurde mir fristlos gekündigt. Seitens der Trägerleitung sah man mich offenbar als „Nestbeschmutzer“ an. Weder über das BAMF noch über den Stadtrat konnte ich erreichen, dass dieses Vorgehen eines Trägers geahndet wurde. 1 2 3 4 B.D. 5 6 Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 18 Leben ohne Polster Ich hatte es geschafft, dauerhaft eine Rücklage zu bilden. Sie diente dazu, den Jahresurlaub teilzufinanzieren und unvorhergesehene Ausgaben zu bestreiten – also beispielsweise die immer wieder gern zitierte kaputte Waschmaschine reparieren zu lassen. Dann aber zeichnete sich vor ca. neun Jahren ab, dass ich mit meiner bisherigen Tätigkeit nicht mehr lange rechnen konnte, weil die Kassen knapper geworden waren. Kurzerhand nahm ich das Polster und finanzierte mir selbst die Ausbildung zur DaF/DaZ-Lehrerin bei der Fernuniversität Kassel. Ich nahm an, das Geld sei sinnvoll ausgegeben, um mir eine sichere und ausreichende Verdienstmöglichkeit zu eröffnen. Die Stundenhonorare für Integrationskurse lagen damals bei 23,10 Euro - nicht üppig, aber ausreichend, so dachte ich. Ich hatte noch keine Ahnung von den realen Kosten für Kranken- und Rentenversicherung. Als ich mich dann 2006 um meine erste Dozentinnenstelle in einem Integrationskurs bewarb, waren die Honorare bereits beim Tiefpunkt von 15 Euro angelangt. Die Höhe der Beiträge zur Kranken- und Rentenkasse ließen mich heftig schlucken. Dazu kam die Aussicht, in den Ferien brotlos zu sein. So wurde die ab Februar 2006 eröffnete Möglichkeit für Selbstständige, freiwillig in die Arbeitslosenversicherung einzubezahlen, zum rettenden Anker. Ich konnte in den Ferienzeiten mein Rücklagenkonto wieder Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen etwas auspolstern, denn beim Arbeitslosengeld I wurde meine doppelte akademische Ausbildung honoriert. Doch dieses „Zuckerschlecken“ ist längst zu Ende. Selbstständige dürfen seit 2011 nur noch einmal während e ­ iner Anspruchsfrist Leistungen z be­ iehen. Das bedeutet, ich kann Arbeitslosengeld entweder in den Sommer- oder in den Winterferien, an Ostern oder deckt unterrichtsfreie in den Herbstferien meine „akade- Zeit nicht ab. mische Ersatzleistung“ beziehen. 2011 wählte ich die Sommerferien; dies ist 2012 nun nicht möglich, weil ich noch kein volles Jahr für einen neuen Anspruch gearbeitet habe. Jetzt haben aber die vorausgegangenen Herbst-, Winterund Osterferien sowie die kaputte Waschmaschine meine Rücklagen aufgezehrt. Und ich weiß wirklich nicht, wovon ich in den Sommerferien leben soll. Es ist kein schönes Gefühl, mit über 50 Jahren, mit zwei abgeschlossenen Studiengängen und als eigentlich „Selbstständige“ beim Bruder um einen Kredit zu betteln. Die Unmöglichkeit, mir in den nächsten Jahren ein finanzielles Polster zuzulegen, macht den Gedanken an die mageren Rentenjahre nicht besonders prickelnd. Wer bezahlt dann meine kaputte Waschmaschine, meine Zahnarztrechnung, die Wohnungsrenovierung oder gar ein paar Tage Urlaub? Was habe ich nur für Ansprüche! Helga Steinmaier, Dortmund 19 Blitzlicht II Jahresbruttoverdienst der Lehrkräfte in Integrationskursen im Vergleich ­ Lehrkräfte mit wissenschaftlichem Hochschulabschluss (Uni-Diplom, Magister, Master) sind im öffentlichen Dienst nach dem Tarifvertrag für die Länder (TV-L) mindestens in die Entgeltgruppe 13 eingruppiert. Das gilt auch für Lehrkräfte an Gymnasien, Berufsschulen, Sonderschulen und der Mehrzahl der Schulen, die in der Sekundarstufe I unterrichten (angestellte Lehrkräfte, nicht Beamte, letztere entsprechend in Besoldungsgruppe A13). 1 Lehrkräfte in Integrationskursen müssen vergleichbare Hochschulqualifikationen nachweisen, haben aber im Verhältnis zu den festangestellten Lehrkräften im öffentlichen Dienst weniger als die Hälfte an Jahreseinkommen (brutto). Wird das Nettoeinkommen verglichen, verdienen Lehrkräfte in Integrationskursen nur noch ein Drittel, da sie fast ausschließlich auf Honorarbasis arbeiten und deshalb verpflichtet sind, ihre Sozialversicherungsbeiträge und Abgaben zu 100 Prozent selbst zu entrichten. 2 3 Übersicht Qualifkation und Jahresbruttoverdienst Honorarlehrer/in in Integrationskursen bei 18 Euro/UE und bei 28 UE pro Woche (brutto): 4 22.176,00 Euro (Honorar von 18 Euro x 28UE x 44 Wochen; davon sind alle Sozialversicherungsbeitrage und Abgaben zu 100 Prozent selbst zu entrichten) Pädagogisches Personal in der Weiterbildung nach Mindestlohntarifvertrag Weiterbildung (West) mit 39 Std. pro Woche inkl. Vor- und Nachbereitungszeit: 5 25.553,00 Euro (allgemeingültig ab 01.08.2012) Lehrkräfte der Sekundarstufe I mit 2,5 – 3 Jahren Berufserfahrung nach Tarifvertrag TV-L West 13, Stufe 3: (Stand 01.04.2012) 46.570,75 Euro 0 10.000 20.000 30.000 40.000 50.000 Euro brutto Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 6 20 Vergleichende Berechnung Lehrkräfte der Sekundarstufe I (TV-L) führen pro Jahr, ausgehend von 26 UE pro Woche (nach Schulformen und Ländern verschieden 24 – 28) und 39 Unterrichtswochen im Jahr (52 minus 13 Ferienwochen), 1014 UE durch. Vergleichende Berechnung TV-L (01.04.2012) Jahresbrutto Euro Pro UE Euro brutto (/1.014) Euro +9,8% RV-Beitrag* TV-L 13, Stufe 1 (6 – 12 Monate) 39.832,62 39,28 43,13 TV-L 13, Stufe 2 (nach 6 bzw. 12 Monate) 44.212,37 43,60 47,87 TV-L 13, Stufe 3 (nach 2,5 bzw. 3 Jahre) 46.570,75 45,92 50,42 TV-L 13, Stufe 5 (nach 10 Jahren) 57.486,37 56,69 62,24 Honorarlehrer/in in Integrationskursen 28 UE 22.176,00 *  m die Vergleichbarkeit mit Honorarkräften herstellen zu können, muss der Arbeitgeberbeitrag zur gesetzlichen U R ­ entenversicherung hinzugerechnet werden. Dieser Beitrag liegt 2012 bei 9,8 Prozent. Bei diesen Beträgen des Honorars pro UE ist der Urlaubsanspruch schon berücksichtigt. Weitere Zuschläge für Kranken- und Pflegeversicherung wären angemessen, da Honorarlehrkräfte verpflichtet sind, ihren Beitrag zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu 100 Prozent selbst zu entrichten. Ebenso müssen sie selbst für den Fall von Arbeitslosigkeit und krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit vorsorgen, was ebenfalls in der Höhe des Honorarsatzes berücksichtigt werden müsste (Risikozuschlag für Honorarlehrkräfte). Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen Vergleichende grafische Darstellung TV-L 13, Stufe 5 (nach 10 Jahren) Honorarlehrer/in 0 10.000 22.176,00 Euro 20.000 30.000 40.000 50.000 Euro brutto 57.486,37 Euro 21 Ehrenamtliche Zuarbeit 1 Der Teilnehmerstundensatz, den das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zahlt, reicht gerade für magere Honorare pro geleisteter Unterrichtsstunde. Zeit und Geld für Vor- und Nachbereitungen, für Korrekturen oder für eine Lern- und Konfliktberatung der Teilnehmer/ innen sind in dem Finanzierungssystem nicht vorgesehen. Es fehlt an finanziellen Mitteln für den Austausch mit Kolleg/innen und anderen Fachkräften sowie für Supervision. Dabei fallen in den Kursen häufig zusätzliche Aufgaben für Lehrkräfte neben dem Unterricht an. Ob und wie sie die bewältigen, bleibt den selbstständigen Einzelkämpfern allein überlassen. Beispiele: 3 4 Foto: GEW Moni war eine Teilnehmerin, die mich viel Zeit und Kraft gekostet hat. Sie war jung, noch keine 18, und zu Beginn des Integrationskurses voller Eifer und Motivation. Durch die vielen Kontakte zu Deutsch sprechenden Menschen in ihrem Umfeld erweiterte sie ziemlich schnell ihren Wortschatz. Leider zeigte sie sich aber wenig bereit, an bestimmten Fehlern sowohl im mündlichen als auch im schriftlichen Ausdruck zu arbeiten. Stattdessen spielte sie sich oftmals in den Vordergrund. In ihrem Rededrang war sie kaum zu bremsen. Auf Ermahnungen reagierte sie mit lautem Ärger oder mit Rückzug. Sie wirkte dann abwesend oder sie gab gesundheitliche Beschwerden vor, um den Raum verlassen zu können. Zwischen ihr und anderen Teilnehmenden gab es öfter heftige Auseinandersetzungen. 2 Teilnehmerinnen im Integrationskurs Durch viele Gespräche mit Moni, der Migrationsbeauftragten und einer gemeinsamen Bekannten, der sie sich anvertraut hatte, erfuhr ich von ihrer traumatischen Kindheit, von Verlustängsten und Liebeshunger. Es war klar, dass sie neben harten Grenzen viel positive Zuwendung brauchte. Es gelang mir – dank meines ehrenamtlichen Einsatzes –, dass Moni den Integrationskurs erfolgreich abschloss. Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 5 6 22 In jedem Kurs gibt es Teilnehmende mit besonderen Schwierigkeiten. Manche haben traumatische Erfahrungen in ihrer Kindheit, im Heimatland oder auf der Flucht gemacht. Anderen fehlen einfach notwendige Grundlagen und Lernstrategien. Robert hatte bereits relativ gute mündliche Kenntnisse, wurde aber aufgrund seiner Probleme mit dem Textverstehen und Schreiben dem zweiten Modul zugewiesen. Engagement in den Er fiel mir wegen seiner guten Umgangsformen und des Unterrichtseinheiten großen Lerninteresses auf. Er alleine genügt nicht. war der älteste Teilnehmer im Kurs, Mitte 50, lebte schon einige Jahre in Deutschland, war gut integriert und hatte schon viel gearbeitet. Seine unzureichenden Schreibkenntnisse schränkten ihn allerdings im alltäglichen Leben und bei der Arbeit stark ein. Robert brauchte besondere Förderung. Weder der Integrationskurs noch der Alphabetisierungskurs des BAMF konnten sie ihm bieten. Es lag somit an mir, ihm von Anfang an spezielle Angebote zu machen, um Fortschritte im Schreiben und Textverstehen zu erzielen. Zu Hause bearbeitete er viele Übungen, die ich für ihn zusammenstellte und mit ihm besprach. Da Robert sehr unter seinen Problemen litt und keinesfalls auffallen wollte, musste ich meine Vorgehensweise so planen, dass sie ihn nicht beschämte. Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen Zeit und Kraft kosten auch Konflikte, die in jedem Kurs aufbrechen können. Das Thema Geburtstag feiern löste in einem meiner Kurse eine Auseinandersetzung zwischen nichttürkischen und türkischen Muslimen aus. Es begann ganz harmlos; wir sprachen über Geburtstagstraditionen in Deutschland und in den Herkunftsländern der Teilnehmer/innen. Plötzlich sagte Ahmed sehr nachdrücklich, dass Muslime grundsätzlich keinen Geburtstag feiern. Andere hielten dagegen: „Wir sind gute Muslime und wir feiern Geburtstag. Unsere Religion verbietet das nicht.“ Warum Ahmed daraufhin so empört reagierte, war für mich nicht nachvollziehbar. Er schrie einen der Männer an. Ahmed, der sonst immer so klug und offen war, war vernünftigen Erklärungen nicht mehr zugänglich. Zum Glück reagierte ein Teilnehmer sehr besonnen: „Wir wollen hier friedlich miteinander umgehen. Ich habe nichts gegen dich.“ Nach dem Unterricht nahm ich mir Zeit, um mit Ahmed alleine zu reden. Nicht immer habe ich die Energie und die Zeit, allen Teilnehmern und Teilnehmerinnen gerecht zu werden. Mein ehrenamtliches Engagement hat seine Grenzen. Mir fehlen ein Team, der Austausch mit Kolleg/innen und anderen Fachkräften. Unabdingbar dafür sind mehr finanzielle Mittel. Inge Müller 23 Blitzlicht III Krank arbeiten Foto: GEW Als die Verelendung der Arbeiter um 1880 den Sozialdemokraten einen solchen Zulauf bescherte, dass Bismarck den Staat in Gefahr sah, brachte er die Sozialgesetze auf den Weg. Als erstes führte er 1883 die Krankenversicherung ein. Sie garantierte den Arbeiter/innen nicht nur ärztliche Behandlung, sondern auch Krankengeld ab dem dritten Tag sowie Mutterschaftshilfe. Die Beiträge wurden zu einem Drittel vom Arbeitgeber getragen. Damit waren die Arbeiter/innen des ausgehenden 19. Jahrhunderts im Krankheitsfall erheblich besser abgesichert als Kursleitende in Integrationskursen. Postkarteninitiative der VHS-DozentInnen Berlin Als „Selbstständige“ tragen wir die hohen Kosten für unsere Krankenversicherung zu 100 Prozent alleine (mehr dazu im Kapitel III). Jeder Fehltag bedeutet Verdienstausfall, jede längere Erkrankung Hartz IV. Denn das Honorar reicht kaum für die laufenden Kosten, geschweige denn für Rücklagen. Also gehen Kursleiter/innen krank zur Arbeit, solange das noch irgend möglich ist. Auch ich habe schon mit Heizkissen und Schmerztabletten vor meinen Teilnehmer/innen gesessen und damit ihr Bild von Deutschland als Sozialstaat erschüttert. Von einer Kollegin habe ich gelernt, dass man mit einer kaputten Hüfte zur Arbeit gehen kann, wenn man nur zehn Minuten extra für die Treppe in den zweiten Stock einplant. So lassen sich notwendige Operationen bis zur unterrichtsfreien Zeit im Sommer hinauszögern. Eine andere Kollegin überraschte ihren Kieferchirurgen mit dem Wunsch nach einem OP-Termin am Tag vor Heiligabend. Erst als sie ihm erklärte, dass sie Kursleiterin auf Honorarbasis sei, verstand er sofort, warum es vorteilhafter ist, während der Feiertage nicht essen und sprechen zu können als in der Kurszeit. Sie bekam ihren Wunschtermin. Und dann gibt es da noch jene, die schwerstkrank werden: Herzinfarkt, Depressionen, Krebs. Diagnosen, die jeden Menschen erst einmal umhauen, aber bei Kursleitenden schnell auch mal zum sozialen Absturz führen. Es geschieht ganz leise und unbemerkt. Sie verschwinden einfach. Bei irgendeinem Kursleitertreffen Monate spä- Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 1 2 3 4 5 6 24 ter bemerkt man vielleicht, dass sie/er gar nicht dabei ist. Aber was bedeutet das schon. Es sind ja nie alle da. Große Betriebe versuchen zunehmend, durch Gesundheitsmanagement und Präventionsmaßnahmen den Krankenstand unter ihren Angestellten zu senken, weil sich das auch für das Unternehmen auszahlt. Den Trägern von Integrationskursen dagegen kann der Zustand ihrer Kursleiter/innen völlig egal sein. Sie müssen sie nicht einmal gegen Arbeitsunfälle versichern. Fotos: GEW Ein unsicherer Arbeitsplatz, Perspektivlosigkeit, mangelnde Anerkennung, Leben am Existenzminimum und fehlende soziale Absicherung sind krankmachende Faktoren. Doch gerade diejenigen, die diesen Faktoren in so hohem Maße ausgesetzt sind, können es sich nicht leisten, krank zu werden. Sie verschleppen ihre Krankheiten, zögern ihre Operationen hinaus, solange es irgendwie geht. Wie viele so handeln, weiß keine Statistik, weil „Selbstständige“ sich ja nicht krankschreiben lassen, wozu auch? Deutschkurs Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen Stattdessen unterrichten sie immer mehr, je älter sie werden, um der schwindenden Kaufkraft ihrer ohnehin schon viel zu niedrigen Honorare etwas entgegenzusetzen. Nicht besser ergeht es jungen, gesunden Kursleiterinnen, die schwanger werden, ohne durch einen gutverdienenden Ehemann o. ä. versorgt zu sein. Mutterschaftsgeld bekommen sie nur, wenn sie eine Krankenversicherung mit Krankengeldanspruch abgeschlossen haben. Das tun aber die wenigsten, denn sonst erhöht sich der monatli- 25 che Versicherungsbeitrag um 0,6 Prozent und bringt nur 70 Prozent des Einkommens ab dem 43. Krankheitstag. Und das liegt bei vielen Kursleiterinnen in der Nähe des Hartz-IV-Satzes oder darunter. Ohne Krankengeldanspruch kein Mutterschaftsgeld, und Mutterschutz gibt es sowieso nicht. Arbeitgebern ist es bei Strafe verboten, ihre Angestellten sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Entbindung zu beschäftigen. Freiberuflerinnen dagegen steht es frei zu unterrichten, bis die Wehen einsetzen. Ob sie ihre Kurse nach der Entbindung wiederbekommen, hängt von der Gnade des Trägers Jeder Fehltag ab und natürlich auch von der Länge der Auszeit, die sich die bedeutet junge Mutter nimmt. Verdienstausfall, jeder längere Erkrankung Hartz IV. Foto: Henning Hansen Bismarcks Sozialgesetzgebung wird heute als zivilisatorische Großtat gefeiert, auch wenn sie in erster Linie den wachsenden Einfluss der Sozialdemokraten eindämmen sollte. Was würde Bismarck wohl dazu sagen, dass 2005 unter einem sozialdemokratischen Kanzler Integrationskurse geschaffen wurden, die in staatlichem Auftrag durchgeführt werden, aber den Kursleiter/innen weder gerechte Entlohnung noch ein Minimum an sozialer Absicherung bieten? Deutschkurs an Volkshochschule Claudia Dorothee Otten, Hamburg Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 1 2 3 4 5 6 >> 3 Von Pflichten und Rechten Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 28 3. Von Pflichten und Rechten Sozialversicherung für Selbstständige: maximale Beiträge, minimale Rente „Wir sichern Generationen“, so lautet das Motto der Deutschen Rentenversicherung (DRV). Im Prinzip heißt das: Arbeitnehmer und Arbeitgeber zahlen jeweils knapp zehn Prozent vom Bruttogehalt als Beitrag; dafür bekommt man später im Rentenalter etwa zwei Drittel des früheren Nettogehaltes. Schon 1911, als die Angestelltenversicherung eingeführt wurde, bezog man deshalb auch einige Gruppen von Selbstständigen in das System mit ein, insbesondere die „Privatlehrer“. Dabei blieb es bis heute. „Selbstständige Lehrer und Erzieher“ müssen aus ihrem Einkommen Beiträge an die DRV bezahlen, wenn sie mehr als 400 Euro im Monat verdienen. Anders als Arbeitnehmer/innen müssen sie den vollen Beitrag alleine tragen. Wer will, kann ohne weitere Nachweise den Regelbeitrag wählen, das sind 514,50 Euro monatlich (in den neuen Bundesländern 439,04 Euro). In den ersten drei Jahren der Tätigkeit kann dieser Betrag halbiert werden. Aber für die meisten Inte­ grationslehrkräfte kommt eher der „einkommensgerechte Beitrag“ infrage, das sind 19,6 Prozent des Arbeitseinkommens. Als Einkommen gelten dabei die Honorare abzüglich der beruflichen Ausgaben. Wer 1000 Euro Honorar im Monat erzielt und 200 Euro für Fahrtkosten und Fachliteratur, für Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen die eigene Fortbildung, das häusliche Arbeitszimmer und den Computer ausgibt, hat also ein Einkommen von 800 Euro und zahlt 156,80 Euro Rentenbeitrag. Selbstständige Lehrer/innen müssen sich unaufgefordert bei der DRV melden. Das machen nur sehr wenige: In Deutschland gab es 2008 etwa 110.000 selbstständige Lehrer/ innen und Dozent/innen. Aber Wer ohne Renten­ nur etwa 30.000 Freiberufler versicherung erwischt (ohne Handwerker und Künstler, neben Lehrkräften jedoch wird, muss bis zu fünf auch Selbstständige aus an- Jahre nachzahlen. deren Berufen) waren pflichtversichert. Die DRV überprüft deshalb seit Jahren intensiv Bildungseinrichtungen und lässt sich die Daten freier Mitarbeiter/innen geben. Wer ohne Rentenversicherung erwischt wird, muss bis zu fünf Jahre nachzahlen. Nachforderungen von 10.000 bis 20.000 Euro sind keine Seltenheit. Wer als Selbstständige/r gesetzlich krankenversichert ist, wird mit einem Einkommen von mindestens 1968,75 Euro eingestuft. Denn der Gesetzgeber vermutet, dass Selbstständige nicht weniger als drei Viertel des durchschnittlichen Arbeitnehmereinkommens verdienen. Das ergibt – wenn man auf den Krankengeldanspruch verzichtet – einen Versicherungsbeitrag von zur Zeit 336,65 Euro monatlich, einschließlich Pflegeversicherung. Erst seit 2007 29 kann dieser Mindestbeitrag auf 224,44 Euro reduziert werden. Das entspricht einem Einkommen von 1312,50 Euro. Die Voraussetzungen sind ähnlich wie bei Hartz IV: Man darf nur wenig Vermögen haben; das Einkommen des Partners wird angerechnet; sogar der Besitz eines PKW kann den Anspruch ausschließen, wenn das Auto mehr als 7500 Euro wert ist. Da ein Selbstständiger alle Beiträge alleine tragen muss, fallen für Rentenversicherung (19,6 Prozent), Krankenversicherung (14,9 Prozent) und Pflegeversicherung (2,2 Prozent, wenn kinderlos) zusammen bereits 36,7 Prozent an Abgaben an. Wer weniger als das Mindesteinkommen in der Krankenversicherung verdient, zahlt prozentual noch mehr, weil die Krankenkasse von einem fiktiven Einkommen ausgeht. Dazu ein Beispiel: Eine Dozentin in Integrationskursen mit einem Stundenhonorar von 18 Euro kommt im Durchschnitt auf etwa 1125 Euro im Monat, wenn sie 24 Unterrichtsstunden 2 3 Foto: Henning Hansen Wer nicht mehr als 20 (Zeit-)Stunden pro Woche arbeitet (inkl. Vor- und Nachbereitung), kann sich als „nebenberuflich selbstständig“ versichern. Dabei spielen aber noch weitere Bedingungen eine Rolle, insbesondere die Fragen, was man sonst macht und wovon man überwiegend lebt. Das fiktive Mindesteinkommen liegt dann bei 875 Euro. Daraus ergibt sich ein Mindestbeitrag für die Krankenkasse von 149,63 Euro. 1 4 Teilnehmer/innen an Integrationskursen wöchentlich arbeitet. Das ist bereits ein Vollzeitjob, da Vor- und Nachbereitungszeiten dazu kommen, aber nicht extra bezahlt werden. Berücksichtigt werden in der Rechnung 20 Prozent Betriebsausgaben (Werbungskosten) und drei Monate beschäftigungslose Zeiten im Jahr (Ferien, Feiertage, Krankheitszeiten, Fortbildungen). Wenn sie nicht die Hartz-IV-Kriterien erfüllt, zahlt diese Lehrerin an die Krankenkasse den Mindestbeitrag von Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 5 6 30 336,65 Euro und an die Rentenversicherung weitere 220,50 Euro, zusammen also 557,15 Euro. Das sind 49,5 Prozent des Einkommens. Ihr bleiben 567,85 Euro als Nettoeinkommen. Zum Vergleich: Ein Arbeitnehmer zahlt von seinem Gehalt 20,5 Prozent an Sozialversicherungsbeiträgen. Er hat dafür auch einen Anspruch auf Kranken- und Arbeitslosengeld – beides entfällt bei der Integrationskurslehrerin. Aber immerhin bekommt auch sie Rente im Alter. Wenn sie 40 Jahre lang die Bedingungen aus dem Beispiel erfüllt und monatlich 220,50 Euro an die DRV zahlt, liegt ihr Rentenanspruch bei 457,18 Euro im Monat. Erwin Denzler, Gewerkschaftssekretär für Weiterbildung und Privatschulen, GEW Bayern Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen Urlaubsentgelt: auch für Lehrkräfte in Integrationskursen In der GEW Schleswig-Holstein ist ein für Lehrkräfte in Integrationskursen interessanter Antrag auf Urlaub und Urlaubsentgelt entwickelt worden, der hier in der Dokumentation veröffentlicht wird (s. S. 64). Erläuterungen dazu: Zur Rechtslage: Gemäß §  12a Tarifvertragsgesetz (TVG) sind arbeitnehmerähnliche Selbstständige Personen, die wirtschaftlich abhängig und vergleichbar einem Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig sind. Eine arbeitnehmerähnliche Selbstständigkeit liegt vor bei Selbstständigen, die a •  ufgrund von Dienst- oder Werkverträgen für andere Personen/Arbeitgeber tätig sind, •  ie geschuldeten Leistungen persönlich und im Wesentd lichen ohne die Mitarbeit von Arbeitnehmern erbringen und •  berwiegend für eine Person/einen Arbeitgeber tätig ü sind oder d •  urch die Arbeit für eine Person/einen Arbeitgeber mehr als die Hälfte ihres Einkommens erzielen. 31 •  rbeitnehmerähnliche Selbstständige haben einen AnA spruch auf Urlaub gemäß § 2 Abs. 2 Bundesurlaubsgesetz (BurlG). S •  ie haben – sofern der Anspruch in dem jeweiligen Bundesland allgemein besteht – zudem einen Anspruch auf Bildungsurlaub. Dauer, Zeitpunkt und die Höhe des Urlaubsentgeltes sind im Bundesurlaubsgesetz geregelt. Daraus hier einige allgemeine Grundsätze: Urlaubswünsche des Arbeitnehmers (der arbeitnehmerähnlichen Person) sind zu berücksichtigen; Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren; betriebliche Belange können dies einschränken. Nicht gewährter Urlaub muss abgegolten werden. Soweit tariflich nichts anderes geregelt ist, gilt ein Mindest­ urlaub von 24 Tagen. Das Urlaubsentgelt ist vor Antritt des Urlaubs zu zahlen. Die Höhe richtet sich nach dem Durchschnittsverdienst der 13 Wochen vor dem Urlaubs­ antritt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einem Rechtsstreit die Berechnung des Urlaubsanspruchs im Detail geregelt: BAG, 15.11.2005 – 9 AZR 626/04. Auf dieses Urteil hat das BAMF auch die Träger in einem Rundschreiben hingewiesen. Dies gilt als Rechtsnorm. Der Mindestanspruch von 24 Werktagen bezieht sich auf ein Normalarbeitsverhält- nis von 312 Werktagen (13 Wochen x 4 Quartale x 6 Tage/ Woche). Der konkrete Urlaubsanspruch einer arbeitnehmerähnlichen Person ergibt sich so: Tatsächlich gearbeitete Werktage geteilt durch 312 und multipliziert mit 24. Diese Zahl an Tagen muss dann entsprechend vergütet werden. GEW-Mitglieder sollten die Antragstellung des Urlaubs mit dem Rechtsschutz der GEW abstimmen und das Risiko abwägen, dass der Arbeitgeber dann eventuell keinen Folgevertrag gewährt oder nur noch einen gekürzten Vertrag anbietet, der den Nachweis der wirtschaftlichen Abhängigkeit erschwert bzw. ausschließt. 1 2 3 Josef Mikschl, Kiel 4 5 Foto: GEW Obwohl arbeitnehmerähnliche Selbstständige weiterhin selbstständig tätige Personen bleiben, bestehen folgende Besonderheiten: 6 Integrationskurs Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 32 Statusklage: Rechtsfragen sind Machtfragen Karikatur: Thomas Plaßmann   Die Unterschrift unter einen freien Mitarbeitervertrag macht aus Integrationskurslehrkräften zwangsweise freie Mitarbeiter/innen. Die tatsächliche und offensichtliche persönliche Abhängigkeit und Fremdbestimmung der Lehrenden existiert in der abgehobenen Rechtssphäre dieses Urteils nicht. So lässt sich das vorläufige Ende des Klagewegs zusammenfassen, dessen Ziel es gewesen war, vor Gericht die Arbeitnehmereigenschaft von Integrationslehrkräften festzustellen. Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen Die Vorgeschichte: Im Dezember 2009 haben drei Integrationskurslehrkräfte mit Honorarvertrag eines Kieler Trägers mit Rechtsschutz der GEW beim Arbeitsgericht Kiel eine Klage auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses eingereicht. Die Niederlage in erster Runde kam nicht unerwartet. Doch die Honorarlehrkräfte scheiterten auch auf dem weiteren Instanzenweg: Nachdem das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein verworfen hat (Beschluss vom 03.05.2011), ist das abweisende Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein rechtskräftig (LAG SH 03.02 2011 Az.: 4 Sa 234/10).   So hatten die Kieler Lehrkräfte ihre Klage begründet: Sie stützten sich auf den Rechtsgrundsatz des Bundesarbeitsgerichts, wonach „Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist“. Sie argumentierten, dieser Satz sei auf ihr Arbeitsverhältnis positiv anzuwenden, ihr Honorarvertrag daher aufzuheben und durch einen unbefristeten Arbeitsvertrag zu ersetzen.   Das nun rechtskräftige Urteil des Landesarbeitsgerichts stellt dagegen auf die typologisierende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ab, wonach Volkshochschuldozenten, sofern sie nicht in schulischen Lehrgängen unterrichten, freie Mitarbeiter sind.   33 Diese Typologie lässt sich so beschreiben: •  olkshochschuldozenten sind frei in der Gestaltung V ihres Unterrichts. •  HS-Teilnehmer besuchen die Kurse freiwillig. V •  HS-Dozenten vereinbaren frei die Zeit und den Ort V ihres Kurses, müssen nicht an Konferenzen teilnehmen und übernehmen keine nennenswerten Nebenauf­ gaben.   Demgegenüber z •  eichnet sich Schule durch ein dichtes Regelwerk von Verordnungen, Lehrplänen etc. aus, das den Gestaltungsspielraum der Lehrkräfte stark einengt. Lehrer/ innen sind einer stetigen Überwachung ihrer Tätigkeit durch die Schulaufsicht unterzogen; •  ührt die Einbindung von Schüler/innen (Schulpflicht) f in ein staatliches Bildungs- und Ausbildungssystem auch zu einer stärkeren Einbindung der Lehrkraft in den Schulbetrieb und einer persönlichen Abhängigkeit vom Schulträger. •  ind Lehrer/innen einem vorgegebenen Stundenplan s unterworfen und müssen an Konferenzen etc. teilnehmen sowie umfangreiche Nebenarbeiten übernehmen. Eigentlich springt die Analogie der arbeitsrechtlich relevanten Bedingungen von Schulunterricht und Integrationskursen förmlich ins Auge. Sie war auch ein Argumentationsschwerpunkt in der Klageführung. Erstaunlich ist, wie nun aber das Landesarbeitsgericht (LAG) damit umgeht. Es stellt fest: • Curricula, Konzepte und Verordnungen des Bundesamts  für Migration und Flüchtlinge (BAMF) für die Integrationskurse sind im Vergleich zur Dichte schulischer Lehrpläne und Regelungen nur lockere Rahmenvorschläge und engen den Spielraum der Lehrkraft nicht ein. • Dass Migrant/innen den Kurs nicht freiwillig besuchen  und bei Verweigerung sanktioniert werden können, ist zwar atypisch für VHS-Unterricht. Aber das Erlernen einer Sprache ist typischer Unterrichtsgegenstand einer Volkshochschule. „Etwaiger staatlicher Zwang … ändert an dem Unterrichtsgegenstand nichts“, argumentiert das LAG. Da also der Unterrichtsgegenstand VHS-typisch ist, und wiederum für die VHS typisch ist, dass die Teilnehmer/innen keine besondere Bindung an sie haben, gilt dies auch für die Integrationskurse. • Lehrer können rechtlich gezwungen werden, zu einer  bestimmten Zeit zu unterrichten. Die Integrationskurslehrkräfte dagegen können sich weigern und der Träger kann sich gegen sie rechtlich nicht durchsetzen.   Diese Argumentation offenbart diverse Ungereimtheiten. Was etwa hat der Unterrichtsgegenstand mit dem rechtlichen Status der Beschäftigung zu tun? Ist das Erlernen einer Sprache für die Schule weniger typisch? Warum gilt die Besuchspflicht von Schüler/innen als Indiz für die persönliche Abhängigkeit der Lehrkräfte von der Schule, nicht aber die Anwesenheitspflicht der Migrant/innen im Integrationskurs in ähnlicher Weise? Wie realitätsnah ist die Beweisführung, wonach die Honorarlehrkräfte deshalb freie Mitarbeiter/innen sind, weil der Kursträger Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 1 2 3 4 5 6 34 eine zeitliche Vorgabe gegen sie rechtlich nicht durchsetzen kann?   Karikatur: Thomas Plaßmann Eigenartig ist auch folgende Sichtweise des Gerichts: Das umfangreiche Regelwerk der Integrationskurse könne allein kein Arbeitnehmerverhältnis begründen, weil es eine typische Ziel- und Inhaltsvorgabe eines Auftraggebers in einem selbstständigen Rechtsverhältnis sei. Ebenso gehörten Evaluationen u. ä. zum typischen Recht eines jeden Auftraggebers, um die geschuldete Leistung zu kon­ trollieren. Eine persönliche Abhängigkeit könnte allein auf konkrete Einzelweisungen des Trägers bezüglich der Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 35 Methode gestützt werden, so die Richter. Dabei stört es sie nicht, dass es Einzelanweisungen bezüglich der Methode selbst an Schulen nicht gibt.   Der Logik des Urteils zufolge ist jeder freie Mitarbeitervertrag, der eine genauestens vorgegebene Leistung beinhaltet, die ohne weitere Einzelanweisungen des Auftraggebers erbracht werden kann, ein unanfechtbarer Vertrag in einem selbstständigen Rechtsverhältnis. Diese Rechtsauffassung führt zu kuriosen Folgen: Im vergangenen Jahr forderte das BAMF per Rundschreiben die Träger auf: „Die Lehrkräfte sind umgehend nochmals anzuweisen, die Anwesenheitslisten korrekt zu führen.“ Daraufhin beeilte sich der Deutsche Volkshochschulverband (DVV), den Volkshochschulen zu empfehlen: „Statt von einer Anweisung sollte unbedingt von einer Vereinbarung (als Bestandteil des Honorarvertrags) mit den Kursleiter/innen die Rede sein. Ziel dieser Vereinbarung ist es, eine Verpflichtungserklärung der Kursleiter/innen zur Führung der (neuen) Anwesenheitslisten herbeizuführen.“ Jede Weisung lässt sich also in eine Vereinbarung bzw. Verpflichtungserklärung transformieren. Konsequenterweise stellte der DGB-Rechtsschutz dem Bundesarbeitsgericht in der Nichtzulassungsbeschwerde folgende Frage: „Ist es von vornherein ausgeschlossen, den Arbeitnehmerstatus anzunehmen, wenn sich die Einschränkung der freien Gestaltungsmöglichkeit nicht aus dem Weisungsrecht, son- dern aus dem Vertrag unmittelbar ergibt?“ Eine Antwort darauf gab das BAG nicht.   Die meisten der in den vergangenen 20 Jahren entstandenen Beschäftigungsverhältnisse in der Weiterbildung sind prekär. Es dominiert das freie Mitarbeiterverhältnis. Die Gewerkschaften müssen künftig das „Normal­ arbeitsverhältnis“ noch stärker verteidigen, Schein- Statt arbeits­ selbstständigkeit bekämpfen und für prekäre Beschäfti- rechtlich ­relevanter gungsverhältnisse soziale ­ nweisungen gibt A Reformen und angemessene Vergütungen einfordern. Die es nur „freiwillige“ Statusklage ist dabei nur ein ­ ereinbarungen. V Element der Strategie. Die aktuelle juristische Niederlage zeigt, wie die Justiz an der Prekarisierung beteiligt ist und belegt damit erneut die Erkenntnis: Rechtsfragen sind Machtfragen.   Das gibt allerdings Hoffnung auf mögliche Änderungen in der Rechtsprechung. Denn der Widerstand gegen den neoliberalen Wandel in Gesellschaft und öffentlicher Meinung macht auch vor den Gerichten nicht Halt. Wir werden die Entwicklung wachsam beobachten und den juristischen Weg erneut nutzen, sobald die Möglichkeit besteht, ein gerechtes Urteil zu erstreiten. Josef Mikschl, Kiel Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 1 2 3 4 5 6 36 Politischer Wille gefragt: Für den Arbeitnehmerstatus Die soziale Situation der Lehrkräfte in den Integrationskursen wird im Wesentlichen durch zwei Faktoren bestimmt: durch den niedrigen Stundensatz und den Status. Fast ausschließlich werden Honorarverträge, keine Arbeitsverträge, geschlossen. Diese sind Arbeitnehmer/innen vorbehalten. Arbeitnehmersein bedeutet: Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Bezahlung auch, wenn zeitliche Lücken zwischen einzelnen Kursen bestehen oder Kurse ausfallen, Befristungskontrolle und Kündigungsschutz. Ziel muss es deshalb sein, den Arbeitnehmerstatus zu erreichen. Rechtliches Vorgehen Bei der rechtlichen Abgrenzung zwischen Honorar- und Arbeitsverhältnissen kommt es nicht darauf an, was im Vertrag steht, entscheidend ist die Vertragsrealität. Arbeiternehmer/in ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten kann. Ab einem bestimmten Grad der Einbindung in die Organisation des Auftraggebers ist von einem Arbeitsverhältnis auszugehen. Die Grenzziehung ist oft schwierig, insbesondere im Bildungsbereich. Immerhin besteht Konsens dahingehend, dass vom Arbeitnehmerstatus auszugehen ist bei Lehrkräften an staatlichen Schulen, auch wenn sie nur wenige Stunden unterrichten, und bei Volkshochschuldozent/innen, die im Rahmen von Kursen zur Erreichung eines Haupt- oder Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen Realschulabschlusses tätig sind. Schaut man sich die engmaschigen Vorgaben an, in die sich Lehrkräfte in Integrationskursen einfügen müssen, passen diese durchaus in diese Reihe. Dennoch liegen bisher keine Urteile vor, die für diesen Personenkreis den Arbeitnehmerstatus feststellen. Das hat mehrere Ursachen: In Urteilen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) wird immer wieder ausgeführt, dass Volkshochschuldozenten, die außerhalb schulischer Lehrgänge unterrichten, in der Regel freie Mitarbeiter seien. Diese Formulierung wird gebetsmühlenartig wiederholt und auf Integrationskurse übertragen, ohne zu bedenken, dass sie aus einer Zeit stammt, als es noch keine Integrationskurse gab und das BAG sich über diese noch keine Gedanken machen konnte. • m Jahr 2001 hat das BAG festgestellt, dass Dozenten in I Kursen „Deutsch für Ausländer“ keinen Arbeitnehmerstatus haben. Diese Entscheidung wird häufig auch für Integrationskurse als einschlägig angesehen, ohne zu berücksichtigen, dass diese völlig anders strukturiert sind und ungleich engmaschigeren Vorgaben unterliegen. • Bei der Klärung der Statusfrage haben Richter auf grund der schwammigen Abgrenzungskriterien weite Entscheidungsspielräume, deshalb können subjektive gesellschaftspolitische Auffassungen einfließen und das Ergebnis prägen (s. Artikel „Statusklage“). Sind erst einmal einzelne negative Urteile in der Welt, bedarf eine Korrektur erheblicher Anstrengungen. 37 Politisches Handeln Es gibt ein einfaches Mittel, Lehrkräfte aus der statusrechtlichen Grauzone herauszuholen. Vereinbaren Vertragsparteien von vornherein ein Arbeitsverhältnis, besteht ein solches, eine Überprüfung des Grades der Abhängigkeit ist nicht mehr nötig. Es spricht sehr viel dafür, dass es möglich ist, Bildungsträgern vorzuschreiben, Lehrkräfte ausschließlich in Arbeitsverhältnissen zu beschäftigen. Dem wird teilweise entgegengehalten, man greife in das Grundrecht der Träger auf Freiheit der Berufsausübung ein, indem man ihnen einen Status vorschreibe, auch sei so etwas vergaberechtlich nicht möglich. Das ist anzuzweifeln. Das Bundesamt für Migration und DaZ-Netzwerk-Aktion Flüchtlinge kann sehr wohl von vor dem BAMF den Trägern die Einhaltung sozialer Vorgaben verlangen. Das geschieht eingeschränkt bereits jetzt: Träger erhalten eine dreijährige Zulassung zur Durchführung von Integrationskursen nur dann, wenn sie den Lehrkräften ein Honorar von mindestens 18 Euro zahlen. Das ist bisher rechtlich nicht beanstandet worden. Warum sollte es nicht möglich sein, hier auch Vorgaben zum Status zu machen? Da Arbeitnehmer/innen teurer sind als Honorarkräfte, wird das allerdings nur möglich sein, wenn die den Trägern gezahlte Vergütung kräftig erhöht wird. Die im Bundestag vertretenen Oppositionsparteien sind geneigt, sich der von der GEW dazu vertretenen Position anzuschließen, man wird sie dann, wenn sie Regierungsverantwortung tragen, beim Wort nehmen. Foto: GEW Dennoch lohnt es sich, den rechtlichen Weg weiter zu beschreiten und für einzelne Betroffene Statusprozesse zu führen. Verwehrt man Lehrkräften in Integrationskursen den Arbeitnehmerstatus, ergeben sich Wertungswidersprüche, die nach einer Korrektur schreien: Wenn nach der sozialgerichtlichen Rechtsprechung Chefärzte, GmbHGeschäftsführer oder Übungsleiter in Sportvereinen den Arbeitnehmerstatus haben, wird man diesen Dozent/ innen in Integrationskursen letztlich nicht vorenthalten können. Auf Seiten der Deutschen Rentenversicherung, die für sozialrechtliche Statusfeststellungen Chefärzte sind zuständig ist, besteht eine erhebliche UnsiArbeitnehmer, warum cherheit. In etlichen nicht auch Lehrkräfte in Fällen wird der Arbeitnehmerstatus durch Integrationskursen? Bescheid festgestellt, in anderen abgelehnt. Es ist nicht auszuschließen, dass sich hier eine einheitliche positive Linie entwickeln und gerichtliche Entscheidung fördern kann. Karl Otte, Rechtsanwalt, Hannover Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 1 2 3 4 5 6 >> 4 Wie Lehrkräfte sich wehren Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 40 4. Wie Lehrkräfte sich wehren Aktion Butterbrot: Interessenvertretung der Honorardozent/innen für Deutsch als Fremdsprache seit 1996 Manch einer wird sich fragen, warum 1996? Die Integrationskurse gibt es doch erst seit 2005!? Das stimmt natürlich. Erst seit Januar 2005 gibt es das neue Zuwanderungsgesetz und erst seit diesem Zeitpunkt gibt es die staatlich verordneten und staatlich organisierten Integrationskurse unter dieser Bezeichnung und unter der Verwaltung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Doch schon lange vorher, nämlich seit den 1970er-Jahren gab es Kurse für Deutsch als Fremdsprache für Migrant/innen. Sie hießen „Deutsch für ausländische Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen“. Unsere Arbeit und unsere Zielgruppe waren im Wesentlichen die gleichen wie heute. Finanziert und organisiert wurden die Kurse vom Sprachverband, der mit Einführung des Zuwanderungsgesetzes aufgelöst wurde. Auf die zum Teil erheblichen Unterschiede bei der Finanzierung und Durchführung dieser Kurse möchte ich hier nicht weiter eingehen. Doch schon damals, unter dem Sprachverband, arbeiteten alle Kursleiter/innen genau wie heute als freiberufliche, unterbezahlte und in keiner Weise abgesicherte Tagelöhner. Und deshalb haben sich schon damals – 1996 – Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen einige Kolleg/innen zusammengeschlossen, um für höhere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Wir waren über viele Jahre eine sehr aktive, feste Gruppe, die sich regelmäßig traf. Schon damals verfassten wir Briefe an Verantwortliche, organisierten und realisierten Aktionen und Demonstrationen. So z. B. im Mai 2001, als die meisten Münchner Träger (das waren damals allerdings viel weniger als heute) eine gemeinsame Aktion in der Innenstadt durchführten. Die Kursleiter/innen kamen mit ihren Gruppen auf den Marienplatz, wo wir in drei Schichten (vormittags, nachmittags, abends) öffentlichen Schauunterricht durchführten. Es gab Infostände, eine Musikbühne und ein Rednerpult; auch Politiker und Journalisten waren beteiligt. Noch im selben Jahr konnten wir unseren größten Erfolg verbuchen: eine Honorarerhöhung von 27 DM auf 45 DM pro Unterrichtseinheit. Sowohl die 27 DM als auch die 45 DM waren ein bundesweit festgeschriebenes Honorar, das jede Kursleitung bekam, die in einem Sprachverbandskurs unterrichtete. Im Januar 2002 wurden diese 45 DM in 23,10 Euro umgerechnet. Ab Januar 2005, mit der Einführung der Integrationskurse, gab es von heute auf morgen kein Festhonorar mehr. Die Honorare wurden den Trägern frei überlassen und waren dem freien Fall ausgesetzt. Wegen der bodenlosen Unterfinanzierung der Kurse durch die Regierung und wegen zahlreicher neuer skrupelloser Träger fielen die Honorare z. T. auf unter 10 Euro pro Unterrichtseinheit. 41 1 2 3 Foto: Kay Herschelmann 4 5 2009: Lehrkräfteinitiative der GEW vor dem BAMF Aktion Butterbrot war aktiver denn je; wir trafen uns regelmäßig ein bis zweimal pro Monat im DGB-Haus in München; wir schrieben Resolutionen und Briefe an Politiker; wir machten Flugblätter und ein kleines Theaterstück, das wir im Oktober 2009 in der Münchner Innenstadt aufführten. Gemeinsam mit der GEW waren wir mehrmals zu Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 6 42 Gesprächen im BAMF und im Bundesministerium des Inneren, auf einer Fachtagung der SPD-Bundestagsfraktion, im Bayerischen Landtag bei SPD, CSU und den Grünen. Geholfen hat das alles nichts; unsere Situation wurde immer prekärer durch neue Vorgaben, Bestimmungen und Gängelungen von Seiten des BAMF. Die Folge war, dass die meisten Kolleg/innen immer mehr arbeiten mussten, um finanziell über die Runden zu kommen. Viele wanderten in andere Tätigkeitsfelder oder Berufe ab. Wegen völliger Überlastung und aus Frustration zogen sich nach und nach ehemals engagierte und aktive Kolleg/innen aus der Arbeit für Aktion Butterbrot zurück. Wir wurden immer weniger und heute muss man zugeben, dass es Aktion Butterbrot fast nicht mehr gibt. Oder sagen wir lieber: Aktion Butterbrot befindet sich Unsere Situation wird in einem Dornröschenschlaf. Selbst unsere immer prekärer. Website steht vor der Aktion Butterbrot liegt Schließung. Schon seit D mehr als zwei Jahren ha- im ­ ornröschenschlaf. ben wir niemanden, der die Zeit und das Knowhow hätte, sie zu pflegen. All das ist die traurige Folge der Politik zum Thema Integrationskurse. Und trotzdem: Wir dürfen nicht aufgeben, für bessere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Und gerade weil wir wenige sind, müssen wir uns immer besser vernetzen, uns bundesweit noch mehr zusammenschließen. Denn nur so und gemeinsam mit der GEW können wir etwas erreichen. Foto: GEW Manchmal scheint es, als ob wir gegen Wände rennen würden. Aber formulieren wir es lieber so: Wir bohren d ­ icke Bretter. Das ist zwar mühsam und anstrengend, aber nicht hoffnungslos. Miriam Herrmann Integrationskurs Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 43 Als ich 2006 nach erfolgreichem Abschluss meines Zweitstudiums „Deutsch als Fremdsprache“ realisierte, wie meine finanziellen Möglichkeiten damit für die Zukunft aussahen, war ich empört. Vor allem war ich darüber entsetzt, dass ich bis dahin von keiner Gruppe gehört hatte, die – so empört wie ich – bereits aktiv geworden wäre, um sich zu wehren. Schließlich erfüllen wir in den Integrationskursen eine wichtige Staatsaufgabe. Ich thematisierte – als Einzige – unsere missliche Lage in den Zusatzausbildungen, die ich 2007 absolvierte, und endlich erzählte mir eine Kollegin von „Aktion Butterbrot“ aus München. Im Netz fündig geworden, nahm ich Kontakt auf und erfuhr somit immer, welche Treffen es mit welchen Themen gab und welche Strategien in München mit der GEW zusammen entwickelt und umgesetzt wurden. Ich schrieb an die Butterbrot-Aktivist/innen, ob sie mich mit Dozent/innen aus meiner Umgebung zusammenbringen könnten. Dass es einige Zeit dauerte, bis ich auf eine Dortmunderin und später noch auf eine Kollegin aus Bochum stieß, ist bedenklich genug. Denn die Vernetzung über das Internet kostet keinen Cent, erfordert keine große Mitarbeit und kein besonderes Know-how. Claudia Schol aus Bochum und ich gründeten daraufhin im Herbst 2009 das „DaZ-Netzwerk“, um Dozent/innen von Integrationskursen im nördlichen Teil Deutschlands zusammenzubringen. Zunächst stand an, nach weiteren Dozent/innen zu suchen, die mit uns aktiv werden wollten. Wir fragten bei der GEW nach, die uns zuerst auf Ortsebene unterstützte. Doch es sind leider zu wenige Dozent/innen organisiert. Freiberuflich zu sein, ist nicht ohne Weiteres mit dem Beitritt in eine Gewerkschaft zu assoziieren. Dabei erfüllt unsere Art der Arbeit alle Voraussetzungen der Scheinselbstständigkeit. Unsere Ausbeutbarkeit ist umso höher, je vereinzelter wir agieren. Die aktive Soli- 1 2 3 4 5 Foto: GEW DaZ-Netzwerk Vorgeschichte: Unsere Vereinzelung ist unsere Schwäche 2010: Integrationslehrkräfte demonstrieren zum Weiterbildungstag. Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 6 44 darisierung von weiteren Dozent/innen lässt jedoch zu wünschen übrig. Foto: GEW Zwar wuchs das kostenlose Netzwerk sehr schnell auf etliche hundert assoziierte Dozent/innen an und wir richteten vier sehr erfolgreiche Treffen aus. Mit Aktion Butterbrot wurde die gemeinsame Strategie in Form einer Resolution und eines Forderungskatalogs festgelegt. Dazu kamen die Wahl von bundesweiten Sprecher/innen und der Beschluss von Aktionen. Doch die Arbeit zur Verbreiterung der Basis und zur Vernetzung kleinerer Gruppen sowie die Beteiligung an der bundesweiten Organi­ sationsarbeit blieb an wenigen hängen. Der gewerkschaftliche Organisationsgrad steigt nur sehr langsam an, obwohl wir inzwischen bundesweit und von höchster Ebene Unterstützung durch die GEW bekommen. Um politischen Einfluss nehmen zu können, wäre ein höherer gewerkschaftlicher Organisationsgrad der Dozent/innen notwendig. DaZ-Netzwerk-Aktion vor dem BAMF Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen Wenn man selbst ums Überleben kämpft und Angst hat, wegen der geforderten Solidarität noch das letzte Hemd ausziehen zu müssen, ist anscheinend die Notwendigkeit, sich aktiv und gewerkschaftlich zu solidarisieren, nicht leicht einzusehen. Auch fehlen meistens Zeit und Kraft, neben der aufwändigen Unterrichtsvorbereitung am Nachmittag noch Schreiben zu verfassen, E-Mails zu beantworten oder sich über Rechtsfragen und politische Zusammenhänge kundig zu machen. Andererseits trifft es sicherlich für eine stattliche Zahl an Dozent/innen zu, dass ihre Lebensgrundlage anderweitig gesichert ist und das Honorar einen Zusatzverdienst d ­ arstellt. (Ungerechterweise sind in einem solchen Fall sowohl die Kranken- als auch die RentenversicheNur die wenigsten rung günstiger als bei denen, die davon leben müssen. So Träger solidarisieren kommt ein höheres Nettohonorar pro Monat heraus.) sich mit ihren Gerade diese Dozent/innen Dozent/innen. wären gefragt, sich mit denen zu solidarisieren, die von dem Verdienst, den sie über ihre Honorartätigkeit erlangen, ihr Leben bestreiten müssen. Denn sie haben nicht so viel zu verlieren und ebenfalls jeden Grund, für ihre qualifizierte Arbeit ein „qualifiziertes“ Einkommen zu verlangen. Doch das Denken reicht oft nur bis zum eigenen Tellerrand. 45 Streikaktionen sind teuer. Sie kosten nicht nur den Verdienst des aktuellen Streiktages. Für die meisten von uns bestünde die Gefahr, eventuell keinen Auftrag mehr zu bekommen. Die allermeisten Träger sehen sich unverständlicherweise nicht in der Lage, sich mit ihren Dozent/ innen zu solidarisieren. Schöne Modelle, um zu einem bestimmten Zeitpunkt bundesweit schnell, kurz und aktiv handeln zu können, haben leider nicht von sich aus die Plausibilität, um von allen verstanden und mitgetragen zu werden. Die einfachste Art, sich zu solidarisieren, einer bestehenden Gewerkschaft beizutreten und sich unterstützen zu lassen, kostet ein bisschen Geld. Wenn es daran scheitert, scheitert alles. Aber genau das ist bis jetzt noch unsere Lage. Mehr der ausgebeuteten und oftmals vereinzelten Dozent/innen müssen zur Erkenntnis kommen, dass gewerkschaftliche Solidarisierung nötig ist. Das bleibt meine Hoffnung nach drei Jahren aktiver DaZ-Netzwerk- und Gewerkschaftsarbeit. Denn: Nur gemeinsam sind wir stark! Helga Steinmaier DaZ-Netzwerk: Aktionen und Reaktionen „Nur wenn wir viele Aktive sind, können wir unsere Situation verändern. Dann werden unsere Forderungen immer mehr Gewicht bekommen und die Politik, das BAMF und die Träger können sie nicht mehr übergehen.“ So stellt sich auf www.daz-netzwerk.de das Bündnis der Lehrkräfte für Deutsch als Zweitsprache in Nordrhein-Westfalen vor, das seit 2009 für bessere Arbeitsbedingungen kämpft. Im April 2010 verabschiedeten rund 70 Sprachlehrkräfte in Moers eine Resolution, mit der sie gegen die schlechte Bezahlung in den Integrationskursen protestierten und ihre Forderungen dagegensetzten. Inzwischen gibt es in mehreren Städten in NRW regelmäßige Treffen der ehrenamtlich arbeitenden Interessenvertretung. Es geht darum, die Vereinzelung der DaZ-Lehrkräfte aufzubrechen, sich zu vernetzen und so Öffentlichkeit und Politik auf die eigene Lage aufmerksam zu machen. Das Netzwerk arbeitet mit Gewerkschaften zusammen und hält Kontakt zu anderen Interessenvertretungen von Integrationslehrkräften, wie der Aktion Butterbrot in München oder der Berliner Initiative. Nachfolgend beschreiben Aktive des DaZ-Netzwerks, welche Reaktionen aus Fachwelt und Politik sie auf Briefe, Petitionen und Forderungen erhielten sowie auf das Angebot, ihr Knowhow in Entscheidungsgremien einzubringen. Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 1 2 3 4 5 6 46 Reaktionen der Bundespolitik Die Aktion Butterbrot und das DaZ-Netzwerk haben unzählige Briefe an Politiker aller Parteien in Kommunen, Ländern und Bund geschrieben. Immer war das Lob für unsere „wertvolle Arbeit“ groß. Konsequenzen sind bislang nicht erfolgt. Exemplarisch hier Auszüge aus der Antwort des Vorsitzenden des Innenausschusses des Bundestags, Wolfgang Bosbach (CDU): „Fast jede Möglichkeit der Förderung von Integration kann eine Erhöhung der Finanzmittel gut vertragen. Eine verbesserte Vergütung der Lehrkräfte gehört sicherlich dazu. Angesichts der Begrenztheit der Haushaltsmittel hat der Bundestag zur Zeit aber keine Möglichkeit gesehen, die Pauschale über das von Ihnen erwähnte Maß zu erhöhen. Ich erlaube mir auch daran zu erinnern, dass eine Erhöhung der Pauschale nicht automatisch zu einer erhöhten Vergütung der Lehrkräfte führen würde. Denn – wie Ihnen bekannt ist – kann die Bundesregierung den Kursträgern nicht vorschreiben, diese Erhöhung an die Lehrkräfte weiterzugeben. Allerdings will ich als positive Nachricht auch festhalten, dass ca. 98,3 Prozent der Kursträger ein Honorar von 15 Euro und mehr zahlen; 26,5 Prozent sogar 20 Euro und mehr.“ (Schreiben vom 12.12.2011 an das DaZ-Netzwerk) Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) unterrichtete uns über ihre Nichtzuständigkeit; aus dem Hause der Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) liegt uns bislang keine Antwort auf unsere Schreiben vor. Kontakte mit dem Integrationsministerium in NRW hatten zwar zur Folge, dass alle 16 Ressortleiter/innen der Länder ihre Besorgnis über die prekäre Lage der Lehrkräfte in einer Beschlussvorlage zum Ausdruck brachten und die Bundesregierung aufforderten, die Situation der Lehrkräfte zu verbessern. Dies wurde jedoch vom Bundesinnenministerium mit Verweis auf die Gebundenheit bei der Mittelvergabe abgeschmettert. In einer Video-Antwort teilte uns der damals neu berufene Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) mit, die Honorare der Lehrkräfte seien „freie Vereinbarungen“ zwischen Trägern und Lehrkräften und fielen nicht in seinen Zuständigkeitsbereich. Dass Regierungen sehr wohl öffentliche Aufträge an angemessene Bezahlung knüpfen können, zeigt der unlängst in NRW eingeführte Mindestlohn. Für die Integrationskurse könne dieser jedoch laut Landesregierung nicht gelten, da der Bund diese Kurse eindeutig nicht im Ausschreibungsverfahren vergeben wolle. Im Übrigen sei dem Erfolg der Integrationsminister/innen der Länder „… durch die alleinige Zuständigkeit des Bundes die Ihnen bekannten Grenzen gesetzt.“ 47 Bundespräsident Joachim Gauck ließ auf den Brief des DaZ-Netzwerks vom Mai 2012 antworten: „… Auf die von Ihnen beschriebene Einkommenssituation der Lehrkräfte in Integrationskursen hat der Bundespräsident jedoch schon aufgrund seiner verfassungsrechtlichen Stellung keinen Einfluss, weshalb Sie sich für Verbesserungen in dieser konkreten Frage auch weiterhin an die jeweiligen Träger der Kurse und die zuständigen Ministerien wenden sollten.“ 2 3 4 5 Foto: Michael Niedworok (ver.di) Das Bundeskanzleramt zitiert in seiner Antwort an das Daz-Netzwerk das BMI und das BAMF: Aus deren Sicht sei eine angemessene Vergütung der Lehrkräfte eine berechtigte Forderung, unterliege jedoch grundsätzlich der Vertragsfreiheit zwischen dem jeweiligen Träger und der Lehrkraft. Das BAMF könne daher auf „marktgerechte“ Kursleitervergütungen bzw. auf den bestehenden „Wettbewerb“ keinen Einfluss nehmen. Das Bundeskanzleramt weist außerdem auf den ab dem 1. Juli 2007 erhöhten Stundensatz pro Teilnehmer von 2,35 Euro sowie auf den in 2009 auf 174 Mio. Euro erhöhten Haushaltstitel für Integrationskurse hin. Da hat das BMI dem Bundeskanzleramt offenbar alte Zahlen übermittelt: Denn der Stundensatz pro Teilnehmer wurde im Dezember 2011 auf 2,54 Euro erhöht! Veraltet ist auch die Höhe des Haushaltstitels, der im Jahr 2011 auf 218 Mio. Euro festgesetzt war. Für die Jahre 2012 und 2013 stehen je 224 Mio. Euro im Finanzplan. Fazit: Der Umgang mit unserem Anliegen scheint von einer gewissen Nachlässigkeit geprägt zu sein. (Schreiben vom 6.8.2012 an das DaZ-Netzwerk, s. S. 68) 1 6 Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 48 Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), verknüpfte laut Zeitungsbericht die Qualität der Integrationskurse mit einer „angemessenen Bezahlung“ der Lehrkräfte. Unterschwellig scheint sie allerdings das nicht ausreichende Abschneiden vieler Teilnehmer/innen mit einer schlechten Qualität der Lehrkräfte zu verbinden: „Böhmer sieht den Schlüssel für bessere Lernerfolge in einer höheren Qualität der Integrationskurse. Um mehr Transparenz zu schaffen, schwebe ihr ,eine Rangliste der Sprachkursträger vor, die etwa im Internet veröffentlicht werden kann‘. Künftig sollten zudem nur noch Kursträger zugelassen werden, die gut qualifizierte und angemessen bezahlte Lehrkräfte beschäftigten, forderte Böhmer. Auch gelte es, Migranten möglichst rasch den Besuch eines Integrationskurses zu ermöglichen.“ (14.3.2011, Neue Osnabrücker Zeitung/dpa) Ein kleiner Lichtblick: Die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen haben uns inzwischen zu „Internen Fachgesprächen“ eingeladen. Man will unsere Einlassungen berücksichtigen, hält jedoch eine Lösung für „eher schwierig“. Einigkeit besteht darin, allein politisches Handeln könne grundlegende Verbesserungen herbeiführen. Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen Mitwirkung in Gremien Unser stetes Bemühen um Beteiligung in den Entscheidungsgremien hatte bislang keinen Erfolg. Beispiel 1: Die Bewertungskommission beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Ihre Aufgabe ist es laut BAMF, die „hohe Qualität der Integrationskurse zu sichern“. Die Kommission bewertet u. a. Lehrpläne und Abschlusstests und entwickelt sie weiter. Der Vorsitzende der Bewertungskommission schrieb uns am 29.3.2012: „Mitglieder der eingerichteten Bewertungskommission sind von Beginn an wissenschaftlich ausgewiesene Experten zur Vermittlung der deutschen Sprache nebst Experten mit Praxisbezug. Aufgaben der Bewertungskommission nach § 21 der Integrationskursverordnung sind die Bewertung von Lehrplänen, Lehr- und Lernmitteln und der Inhalte der Tests, die Entwicklung von Verfahren zur Qualitätskontrolle sowie der Fortentwicklung des Inte­ grationskurskonzepts. Ich stimme mit Ihnen überein, dass auch Praxiserfahrungen aus den Kursen wichtig sind. Deshalb sind insbesondere je ein Vertreter des Volkshochschulverbandes, des Bundesverbands Deutscher Privatschulen, des Goethe-Instituts und der Euroschulen in der Kommission vertreten, die zum Teil gleichzeitig auch selbst Lehrkräfte waren.“ 49 Unser Eindruck: Die Praxiserfahrung dieser Expert/innen wird sich wohl auf die Verbandsarbeit beschränken und ist somit nicht mit der Praxiserfahrung von Lehrkräften vergleichbar. Die einzige diesem Gremium angehörende Lehrkraft durfte von uns nur im Beisein einer BAMF-Vertreterin befragt werden. Da sie nach eigenen Angaben äußerst selten an Sitzungen der Bewertungskommission teilnehmen konnte, bleibt ihr Einfluss offenbar sehr gering. Die von uns angeschriebene Bundesbildungsministerin, Annette Schavan (CDU), unterrichtete uns, ihr Haus sei für die Integrationskurse nicht zuständig, sitze jedoch in der Bewertungskommission und wolle dort das Thema „Lehrkräfte“ weiterverfolgen. Warum dieses Ministerium trotz seiner Nichtzuständigkeit in der Bewertungskommission sitzt, bleibt unklar. Beispiel 2: Die Anfrage des DaZ-Netzwerks auf Teilnahme an dem von Maria Böhmer (Integrationsbeauftragte der Bundesregierung) gegründeten Integrationsbeirat wurde folgendermaßen beantwortet: „Mein Interesse am Gespräch mit den Lehrkräften und meine Unterstützung für sie sind vielmehr ungebrochen. Dass sich daraus die Notwendigkeit ableitet, dass Ihr Verband im jüngst gegründeten Beirat der Integrationsbeauftragten vertreten sein müsse, teile ich gleichwohl nicht. Der Integrationsbeirat ist ein Gremium, das nicht zuletzt aufgrund seiner Zusammensetzung einen besonderen Beitrag zur Integrationsdebatte in Deutschland leisten soll. Dieser Beitrag soll eher grundsätzlicher Natur sein. Seien Sie gewiss, dass ich die Anliegen der Integrationskurs-Lehrkräfte an der richtigen Stelle im Auge habe und diese auch weiterhin nachdrücklich vertreten werde.“ (Schreiben vom 16.6.2011 an das DaZ-Netzwerk) „Die Bundesregierung kann den Trägern nicht vorschreiben, Honorarerhöhungen an die Lehrkräfte weiterzugeben.“ Fazit: Offensichtlich bleibt man bei der Bewertung der Integrationskurse lieber unter sich und möchte möglichst nicht mit der Realität konfrontiert werden. Es steht zu befürchten, dass keines der Mitglieder der entsprechenden Gremien direkten Kontakt zu Kursteilnehmer/ innen hat – und dass Stimmen „von der Basis“ auch gar nicht gehört werden sollen. DaZ-Netzwerk 1 2 3 4 5 6 Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 50 Berlin: Etappensieg auf dem Weg zu einem VHS-Tarifvertrag Foto: Michael Niedworok (ver.di) Ein kleiner Arbeitskreis von Berliner VHS-Dozent/innen und ein ver.di-Bildungssekretär hatten 2006 die Idee, einen Tarifvertrag auszuhandeln für die rund 600 Dozent/innen, die hauptberuflich für die Volkshochschule arbeiten und dank einer Senatsregelung als „ ­ arbeitnehmerähnlich“ anerkannt sind. So etwas gibt es etwa für die festen Freien beim Deutschlandradio: einen Tarifvertrag, der soziale Rechte wie Honorarfortzahlung bei Krankheit und Beschäftigungssicherung festschreibt. 2011: VHS-Dozent/inneninitiative beim VHS-Tag Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen Die VHS-Tarifvertragsgruppe traf sich einmal im Monat. Manchmal kamen viele, manchmal nur wenige Leute. Im Laufe der Zeit sank die Stimmung; es bewegte sich (zu) wenig. Was nun am 9. Juni 2012 geschah, sieht deshalb aus wie ein Wunder. Es ist aber das Ergebnis zäher politischer Arbeit: Der Berliner SPD-Landesparteitag hat sich mit großer Mehrheit für einen Tarifvertrag mit den VHS-Dozent/innen ausgesprochen. Wir sind noch nicht am Ziel, aber einen großen Schritt weiter. Etwa 600 Dozent/innen der insgesamt 3000 Berliner VHS-Lehrkräfte sind als arbeitnehmerähnlich eingestuft, da sie von der VHS wirtschaftlich abhängig sind. Die meisten von ihnen geben Integrations- oder andere Deutschkurse für Migrant/innen. Zwar sind wir nach wie vor freiberuflich tätig, bekommen aber auf Antrag Zuschläge zur Renten- und Krankenversicherung sowie Urlaubsentgelt, alles steuerpflichtig. Das Gesamthonorar liegt ab 1. August 2012 bei etwa 30 Euro pro Unterrichtsstunde (23,85 Basishonorar plus Zuschläge). Aber das reicht nicht. Nach den hohen Abzügen für Steuer und Sozialversicherung kommen wir bei Vollzeitarbeit auf ein Nettoeinkommen von etwa 1200 Euro pro Monat – und später auf eine Rente zwischen 300 und 500 Euro. Die akuten sozialen Probleme bleiben: Kein Geld bei Krankheit, keine Beschäftigungsgarantie, unbezahlte Ferien, kein Konfliktmanagement, die Altersarmut vor Augen und keinerlei verbriefte Rechte der Dozent/ innen-Vertretung. 51 1 2 3 4 Foto: GEW 5 6 2010: GEW-Aktion zum Weiterbildungstag in Nürnberg Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 52 Seit Mitte der 1990er-Jahre gibt es eine selbst organisierte berlinweite Dozent/innen-Vertretung, die einmal im Jahr auf einer Vollversammlung gewählt wird. Sie hat vor Jahren ein Internetforum für VHS-Kolleg/innen gegründet, das etwa 300 Mitglieder hat. Das ist enorm wichtig, da wir auf zwölf Volkshochschulen verstreut sind und im Schichtdienst arbeiten. Diese Dozent/innen-Vertretung hat lange Zeit gegen eine drohende Streichung der Sozial-Zuschüsse und für Honorarerhöhungen gekämpft. Nach 17 Jahren Stillstand erreichte sie 2009 erstmals eine Honorarerhöhung von sechs Prozent – verbunden mit der Zusage, dass die VHSHonorare künftig analog zur Entwicklung im öffentlichen Dienst angehoben würden. Allerdings wurde die Umsetzung dieser Zusage verschleppt. Die Verwaltungsvorschrift ist nicht bindend. Jetzt gilt die Erhöhung erstmals ab 1. August 2012. Der Arbeitskreis Tarifvertrag trifft sich seit 2008 gemeinsam mit der Dozent/innen-Vertretung. Denn es geht uns nicht nur ums Geld, sondern vor allem um einen festen rechtlichen Rahmen, der eine langfristige Arbeitsperspektive eröffnet. Dafür haben wir mit verschiedenen Mitteln gekämpft: Briefe an die Bildungsverwaltung und an Politiker/innen, Gespräche im Abgeordnetenhaus, Unterschriftenlisten für Honorarfortzahlung im Krankheitsfall, E-Mail-Aktionen und eine Postkartenaktion (s. S. 23), Demobeteiligungen sowie Presseerklärungen mit Unterstützung von ver.di und GEW. Aber das alles blieb ohne Ergebnis. Auf dem Tiefpunkt des Frusts, als die in Aussicht gestellte Honorarfortzahlung im Krankheitsfall wieder einmal in weite Ferne gerückt war, trafen wir im Frühjahr 2011 eine Entscheidung: gewerkschaftliche Organisierung, neue Aktionen und Durchstarten für den Tarifvertrag. Die erste Aktion danach fand in Berlin im Rahmen des Deutschen Volkshochschultags am 12. Mai 2011 statt, auf dem bundesweite VHS-Prominenz und der Bundespräsident zu Gast waren. Bandagiert und krank verkleidet haben wir unser Postkartenquiz unter die Leute gebracht und Hustenbonbons verteilt. Foto: GEW Resonanz: Super! Uns konnte keine/r mehr übersehen. Die Aktion brachte uns Auftrieb und öffentliche Aufmerksamkeit. DaZ-Netzwerk-Aktion vor dem BAMF Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 53 In dieser Phase arbeitete ver.di mit uns eine Kampagne für die gewerkschaftliche Organisierung aus, die wir über unser Internetforum verbreiteten. Am Anfang stand eine Online-Umfrage nach den Forderungen der Kolleg/innen und nach der Bereitschaft, aktiv zu werden. Die Mehrheit wollte einen Tarifvertrag mit folgenden Kernforderungen: • Honorarfortzahlung im Krankheitsfall, • Mindeststundenzahl/Beschäftigungsgarantie, • Konfliktmanagement, A •  nkoppelung an die Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst, • Institutionalisierung der Dozent/innen-Vertretung. Viele traten in die Gewerkschaften ein, sodass jetzt unter uns 600 arbeitnehmerähnlichen Dozent/innen etwa 35 Prozent bei ver.di oder GEW organisiert sind. Wir wählten aus dem Kolleg/innenkreis eine Tarifkommission, die von ver.di und GEW begleitet wird. Der damalige Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD) lehnte unsere Forderung nach Tarifgesprächen bald ab. Doch wir ließen nicht locker. Uns kam zugute, dass in Berlin im September 2011 gewählt wurde. Im Wahlkampf haben wir Politiker/innen aller Parteien mit unseren Forderungen konfrontiert und um Antwort gebeten. Wir schrieben Briefe, gingen in Sprechstunden, auf Wahlkampfveranstaltungen und schilderten unsere Lage. Die Linke und die Grünen signalisierten Unterstützung, landeten aber in der Opposition. Die Regierung wurde rotschwarz. Kein Ergebnis, das uns Auftrieb gab, zumal der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) unser Anliegen ablehnt. Gewerkschaftliche Doch auch jetzt ließen wir Organisierung, nicht locker. Im Vorfeld des Landesparteitages vom neue Aktionen und Juni 2012 gewannen wir Durchstarten für die Unterstützung einiger SPD-Kreisverbände. Beim einen Tarifvertrag Parteitag selbst demonstrierten wir vor der Tür gemeinsam mit den Musikschuldozent/innen, die auch prekär beschäftigt werden. Schließlich wurde der Antrag eines Kreisverbandes für einen VHS-Tarifvertrag mit großer Mehrheit verabschiedet. Der Beschluss der SPD-Delegierten ist für uns ein großer Erfolg – und der Beweis, dass die Idee eines kleinen Kreises sich weit verbreiten kann. Jetzt müssen wir „nur“ noch darum kämpfen, dass die Landesregierung diesen Beschluss umsetzt. Beate Strenge (ver.di), Ulrike Schätte (GEW), Berliner VHS-Dozent/innen-Vertretung Beate Strenge ist auch Mitglied der Berliner VHS-Tarifkommission ver.di-GEW Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 1 2 3 4 5 6 >> 5 GEW-Forderungen Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 56 5. GEW-Forderungen Eine skandalöse Diskriminierung endlich beenden Die Kolleginnen und Kollegen, die in Integrationskursen arbeiten, informieren in diesem Schwarzbuch über ihre unzumutbare Bezahlung und fehlende soziale Absicherung. Sie stellen dar, wie die Anforderungen an die Kursleitungen gestiegen sind, wie sie beispielsweise ihre Teilnehmer/innen auf Prüfungen vorbereiten und permanente Leistungsbewertungen machen müssen – ähnlich wie Lehrer/innen in der Schule. Zu Recht wehren sie sich gegen die Diskriminierung ihrer Arbeit. Seit vielen, vielen Jahren. Das Schwarzbuch gibt Auskunft über den Skandal und die Gegenwehr. Der große Zorn und die vielen kleinen S ­ chritte Jeder Protest ist wichtig. Protest hat viele Formen: den individuellen Aufschrei und das organisierte Handeln, den Austausch über Internet, gewerkschaftliche Veranstaltungen und Aktionen. Nötig sind Gespräche mit Parteien und Ministerien, mit staatlichen Institutionen wie dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Briefe, Unterschriftensammlungen, Infos über die Medien, offensive Aufklärung, das Sichtbarmachen des Skandals. All das haben die hier im Schwarzbuch zu Wort kommenden Akteure und oftmals die GEW über Jahre Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen hinweg betrieben. Protest kann dann erfolgreich sein, wenn er von vielen nachhaltig geäußert und gebündelt wird, wenn gemeinsame Ziele verfolgt und Bündnispartner/innen gesucht werden – und wenn durchgehalten wird. „Allein machen sie dich ein“, das ist eine uralte Erfahrung der Gewerkschaftsbewegung. Mit vereinten Kräften diese skandalöse Diskriminierung endlich zu beenden, das ist unser Anliegen. Die GEW versteht sich als organisierende Kraft, die ihre Mitglieder darin stärkt, vor Ort auch unter schwierigen Bedingungen selbstbewusst ihre Ansprüche zu vertreten. Parteien, politisch Verantwortliche sowie Behörden müssen angesprochen und möglichst viele überzeugt werden, damit endlich diese Diskriminierung beseitigt werden kann. Kräfte zu bündeln – das macht die Zusammenarbeit mit Initiativen und anderen Gewerkschaften wie ver.di erforderlich. Innergewerkschaftlich geht es um Solidarität mit prekär Beschäftigten, die leider schwach organisiert und auf Unterstützung angewiesen sind. 17.000 Lehrkräfte – das ist eine große Zahl! Aber nur eine Minderheit ist organisiert! Eine bessere Organisierung zu erreichen und die Vereinzelung zu überwinden, ist das eine. Das andere ist, dass alle Mitglieder einer Gewerkschaft – auch die besser verdienenden und sozial abgesicherten – zu Null-Toleranz gegenüber einer solchen Ungerechtigkeit aufgerufen sind. Arbeitsbedingungen wie im Frühkapitalismus können in einem demokratischen Staat nicht geduldet wer- 57 den. Weder hier noch anderswo. Wenn sie sich immer mehr ausdehnen – wie es in den letzten Jahren der Fall war – stimmt etwas nicht mit der Demokratie. Die Rechtlosigkeit, der die Kolleg/innen in Integrationskursen ausgesetzt sind, ist für sie zutiefst demütigend und für die politischen Akteure beschämend. Für die Bildungsgewerkschaft GEW ist prekäre Arbeit ein großes Thema geworden, auch über die Lehrkräfte in Integrationskursen hinaus. So kämpften in der Weiterbildungsbranche GEW und ver.di jahrelang für einen Mindestlohntarifvertrag, der nun seit 1. August 2012 endlich als allgemeingültig verordnet wurde. Dieser Mindestlohntarifvertrag gilt allerdings nur für fest angestelltes pädagogisches Personal und nur für den Bereich der Bildungsmaßnahmen nach Sozialgesetzbuch II und III, die von der Bundesagentur für Arbeit finanziert werden. Für die Honorarlehrkräfte sind andere Schritte erforderlich. Wo müssen wir ansetzen? Die letzte Haushaltsentscheidung fällt jedoch im Bundestag und wird vorher in den Ausschüssen beraten. Hier können die Abgeordneten der Parteien sich dafür einsetzen, dass die bisherigen Aufwendungen für Integrationskurse aufgestockt werden. Für das Innenministerium sind die Integrationskurse eine Aufgabe unter vielen. Es ist zuständig für die Aufrechterhaltung der staatlichen Ordnung im Inneren, für Polizei, Einwohnermeldestatistik und Einwanderungsmodalitäten. Ihm ist das BAMF unterstellt, das mit der Verwaltung, Ausgestaltung, Vergabe und Kontrolle der Integrationskurse beauftragt ist. Hier wird die eigentliche Arbeit ge- 2 3 4 Innenministerium und BAMF als Verantwortliche 5 Foto: GEW Die entscheidenden Weichen, wie die Rahmenbedingungen für die Integrationskurse gestaltet werden, stellt das Bundesinnenministerium, das ansonsten mit Bildung nichts zu tun hat – möglicherweise ist auch das ein Grund für die mangelnde Würdigung der Arbeit der Lehrkräfte. Welche Haushaltsmittel für Integrationskurse veranschlagt werden, wird vom Innenministerium vorgegeben. 1 2010: Integrationslehrkräfte demonstrieren zum Weiterbildungstag. Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 6 58 Foto: GEW tan und von hier gehen die Verordnungen en detail an die Träger. Dem BAMF unterstehen die Regionalverantwortlichen, die vor Ort die Kontrolle der Träger ausüben. Kontrollen finden inzwischen sogar sehr häufig statt, bleiben jedoch oft ohne Folgen, insbesondere was die Honorare angeht. Die Missstände in den Integrationskursen, wie die prekäre Lage der Kursleiter/innen oder das Warten auf die Gelder, sind dem BAMF bekannt. Die Beschwerden sind zahlreich. Es hat einige Gespräche gegeben, mit Vertreter/innen der Kursleiter, mit der GEW. Nicht umsonst hat das BAMF das 2009 veröffentlichte Gutachten zur Finanzierung in Auftrag gegeben. Denn hier liegt die Wurzel des Übels: Es ist die unzulängliche Finanzierung der Integrationskurse. Verändert hat sich allerdings erst wenig. Die Träger können nur das Geld ausgeben, das sie vom BAMF erhalten, nachdem sie die Durchführung der Kurse mit den vorgeschriebenen Teiln e h m e r z ah l e n Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen nachgewiesen haben. Davon müssen sie ihre Personalkosten (ca. 60 Prozent) und die Kosten für Räumlichkeiten und Ausstattung (ca. 40 Prozent) bezahlen. Unter den jetzigen Bedingungen fehlt den Trägern die finanzielle Ausstat- Prekäre Arbeitstung für eine angemessene Bezahlung der Lehrkräfte. verhältnisse sind Selbst gutwillige Träger, die Ausdruck eines sofort die minimalen Erhöhungen an die Lehrkräfte Demokratiedefizits. weitergegeben haben, bleiben damit weit unter dem, was als angemessene Bezahlung anzusehen ist. Ein zusätzliches Problem sind die „schwarzen Schafe“ unter den Trägern, die Honorare unter dem empfohlenen Satz von jetzt 18 Euro zahlen und das Geld des BAMF für anderes verwenden. Solchen Trägern müsste konsequent die Zulassung entzogen werden. Die aktuelle Regelung, in diesen Fällen die Zulassung nur für ein Jahr zu erteilen, ist keine echte Barriere gegen Lohndumping. Das BAMF sollte seine Verantwortung für die Lehrkräfte nicht abschieben mit Hinweis auf deren individuelle Rechtsbeziehung zu den Trägern, so wie das Amt es laut aktueller parlamentarischer Anfrage der Linkspartei vom Juni 2012 tut. Dort wird gefragt: „Inwieweit werden Lehrkräfte in die Prüfung einbezogen, ob das tatsächlich bezahlte Honorar den Angaben der Träger gegenüber dem BAMF entspricht?“ (Bundestags-Drucksache 17/10067). In der Antwort heißt es: „Zwischen dem BAMF und den 59 Lehrkräften besteht keine direkte Rechtsbeziehung. Daher obliegt den Lehrkräften auch keine Auskunftspflicht gegenüber dem BAMF. Da die Rechtsbeziehung des BAMF ausschließlich zu den Kursträgern besteht, werden vor Ort Unterlagen und Belege des Kursträgers geprüft. Konkreten Hinweisen von Dritten auf freiwilliger Basis geht das BAMF nach.“ Die Art der Rechtsbeziehungen und der Honorarverträge zwischen Trägern und Lehrkräften werden durch die vorgegebenen Rahmenbedingungen beeinflusst. Das Problem der prekären Arbeit wird nicht gelöst, wenn das BAMF sich darauf beschränkt, punktuell Verfehlungen von Trägern nachzugehen, seien es Dumpinghonorare oder Täuschungen bei der Kursabrechnung, wenn aber die Rahmenbedingungen gleich bleiben. Also, sehr geehrte Verantwortliche des Innenministeriums und des BAMF, wir weisen durch unser Schwarzbuch nochmals darauf hin, dass die sogenannte Erfolgsgeschichte der Integrationskurse auch eine Geschichte der Unterbezahlung, der prekären Beschäftigung und der Missachtung der Arbeit der Lehrkräfte ist. Es ist einfach erbärmlich, für hochqualifizierte pädagogische Arbeit ein Stundenhonorar von inzwischen durchschnittlich 18,14 Euro zu bezahlen und jegliche soziale Absicherung zu verweigern! Die Berichte der Lehrkräfte in dieser Dokumentation belegen, dass selbst Regelungen wie in Berlin, wo von den Volkshochschulen ein Beitrag zur Kranken- und Rentenversicherung bezahlt und insge- samt ein Einkommen von 1200 Euro netto erreicht wird, die Altersarmut vorprogrammiert ist. „Die akuten sozialen Probleme bleiben. Kein Geld bei Krankheit, keine Beschäftigungsgarantie, unbezahlte Ferien, die Altersarmut vor Augen, kein Konfliktmanagement bei von Ausfall bedrohten Kursen und keinerlei verbriefte Rechte der Dozent/innenvertretung“, schreiben Beate Strenge und Ulrike Schätte. Das kann eine Gewerkschaft nicht akzeptieren. 1 2 Bei der Wurzel des Übels ansetzen Vom staatlichen Auftraggeber, dem Bundesinnenministerium, ist zu erwarten, die Integrationskurse finanziell so auszustatten, dass Lehrkräfte angemessen bezahlt w ­ erden können und sozial abgesichert sind. Diese Grundvoraussetzung ist jedoch nicht gegeben, denn d •  ie Finanzierung ist viel zu gering. 2,54 Euro pro Teilnehmer und Unterrichtseinheit beträgt sie nach der zweiten Erhöhung. Das Finanzierungsgutachten belegt, dass mindestens rund vier Euro bezahlt werden müssten, um die Lehrkräfte in die Nähe eines Lehrereinstiegsgehaltes zu bringen. Dabei ist allerdings noch nicht der fast doppelt so hohe Sozialversicherungsbeitrag von Honorarkräften berücksichtigt. Statt mit Centbeträgen he­ rumzukleckern, müssten pro Teilnehmer/in und Unterrichtsstunde bei Einbeziehung der Sozialversicherung das Doppelte des aktuellen Betrags bezahlt werden; Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 3 4 5 6 60 •  en Lehrkräften wird der Status als Honorarkraft zuged mutet, obwohl sie im staatlichen Auftrag und nach vielfältigen Vorgaben arbeiten müssen, ähnlich wie Lehrkräfte in den Schulen. Abgesehen von dem Rechtsstreit, der darum geführt wird und in diesem Schwarzbuch dokumentiert ist, hätte der staatliche Auftraggeber die Möglichkeit, den Auftrag für einen Kurs davon abhängig zu machen, dass der Träger einen bestimmten Umfang an festen Stellen nachweisen kann. Das ist nach der Integrationskursverordnung möglich. Nehmen wir an, die Integrationskurse würden ausreichend höher finanziert und es gäbe die Auflage für feste Stellen. Dann müssten die Träger sich daran halten. Anderswo geht das auch – etwa bei den Aufträgen der Bundesagentur für Arbeit (BA). Sie weist neuerdings bei der Auftragsvergabe außerdem darauf hin, dass der im Juni 2012 für allgemeingültig erklärte Mindestlohn bezahlt werden muss. Wenn der politische Wille vorhanden ist, lässt sich auch für die Lehrkräfte in Integrationskursen ein verbindlicher Standard festlegen. Die Argumentation, dass dies unter die Vertragsfreiheit falle und in unserer marktwirtschaftlichen Ordnung nicht möglich sei, ist leicht zu widerlegen. Staatliches Handeln orientiert sich an Normen und setzt diese durch, ob durch Mindestlohnvereinbarungen oder durch andere Diskriminierung verbietende Auflagen. Es müsste für einen Sozialstaat eine Selbstverständlichkeit sein, diskriminierende Verträge nicht zu dulden! Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen Unsere wichtigsten Forderungen •  este Stellen für die Lehrkräfte in IntegrationsF kursen einrichten – statt der offensichtlichen „Scheinselbstständigkeit“; Festlegung eines Mindestanteils an festen Stellen beim Träger. •  ezahlung der Lehrkräfte wie im Öffentlichen B Dienst und Ankoppelung an dessen Tarifentwicklung. S •  olange es die Honorartätigkeit noch gibt, muss ein Mindesthonorar von 30 Euro bezahlt und eine Mindeststundengarantie gewährt werden. Darin enthalten sind anteilige Zahlungen für die Rentenund Krankenversicherung sowie für Urlaub. Auch im Krankheitsfall ist die Bezahlung zu entrichten. D •  ie für Integrationskurse nötige Fortbildung wird vom BAMF finanziert. I • nstitutionalisierung einer wirkungsvollen Dozent/innenvertretung sowohl bei den Trägern wie auch in der Bewertungskommission beim BAMF. Stephanie Odenwald, Leiterin des Organisationsbereichs Berufliche Bildung und Weiterbildung der GEW 61 1 2 3 4 Karikatur: Thomas Plaßmann 5 6 Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen >> 6 Dokumentation Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 64 6. Dokumentation An den Intergrationskursträger xyz Herrn/Frau Anne Musterfrau Hartzstr. IV 2345 Ohneheim Ohneheim, den Betr.: Antrag auf Urlaub und Urlaubsvergütung nach § 12 a Tarifvertragsgesetz Sehr geehrter Herr/Frau, hiermit beantrage ich Urlaubsvergütung für den Urlaub des Jahres 2012. Ich bin als selbständige Lehrkraft in den Integrationskursen ihrer Einrichtung seit regelmäßig tätig. In den Jahren 2011 und 2012 habe dort ich in folgendem Umfang unterrichtet: Ich erziele mein Einkommen überwiegend/ausschließlich durch meine persönlich ausgeübte Tätigkeit als Lehrkraft an Ihrer Einrichtung/in Ihrem Unternehmen. Nach § 12 a Tarifvertragsgesetz bin ich somit als arbeitnehmerähnliche Person sozial schutzbedürftig und habe Anspruch auf bezahlten Urlaub gemäß § 2 Bundesurlaubsgesetz. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat Sie in seinem Trägeranschreiben vom 03.01.2012 bereits aufgefordert diese Ansprüche zu erfüllen: "Bei der Erteilung der Zulassung weist das Bundesamt den Träger auf die Rechte seiner Lehrkräfte, beispielsweise die Rechtsprechung zu Ansprüchen von freiberuflich, aber arbeitnehmerähnlichen Tätigen auf Urlaubsentgelt hin." Zudem werden Sie in der Zweiten Verordnung zur Änderung der Integrationskursverordnung in § 20 b darauf hingewiesen, dass Ihre Zulassung als Integrationskursträger mit Wirkung für die Zukunft u.a. widerrufen werden kann, wenn der Kursträger die Rechte seiner Mitarbeiter verletzt. Ich bitte Sie, mir meinen Urlaubsanspruch und das Urlaubsentgelt auf Grundlage der Rechtsprechung nachvollziehbar zu berechnen. Ich behalte mir vor, mir zustehende Urlaubsentgeltansprüche für meine Tätigkeit der vergangenen drei Jahre nachzufordern. Den Betriebsrat/Personalrat bitte ich auf diesem Wege um Unterstützung und um Vertretung meines Rechtsanspruchs. Mit freundlichen Grüßen Anne Musterfrau Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen Formulierungshilfe Urlaubsantrag (Seite 1 von 1): Antrag auf Urlaub und Urlaubsvergütung nach § 12 a Tarifvertragsgesetz 65 Vertretung der Berliner VHS-DozentInnen  1 z. Hd. Beate Strenge, c/o VHS Mitte, Antonstrasse 37, 13347 Berlin DozVertretung-VHS-Berlin@gmx.de Einkommen hauptberuflich tätiger VHS-Dozent/innen Honorar pro UE (Honorargruppe 1.2) Zuschuss zur Rentenversicherung (9,6 % des Honorars) Zuschuss zur Krankenversicherung (6,6 % des Honorars) Urlaubsgeld (8,6 % der Summe daraus) Abzüglich Rentenversicherung (19,9 %) - 5,72 Euro 23,04 Euro Ohne Abzug der Krankenversicherungsbeiträge ergibt sich bei den oft üblichen 700 UE an der VHS (Unterrichtsstunden) ein Jahreseinkommen in Höhe von 16.128,00 Euro. Für die Krankenversicherung wird von den Versicherungen unabhängig vom tatsächlichen Einkommen ein zu versteuerndes monatliches Mindesteinkommen in Höhe von 1.800,00 Euro im Monat angesetzt. Von dem o.g. Betrag sind also 3.088,80 Euro Krankenversicherungsbeiträge abzuziehen. Das ergibt ein Jahreseinkommen in Höhe von 13.039,20 Euro. Abzüglich Steuern (laut Grundtabelle Einkommensteuer 2010, Betriebskosten unberücksichtigt gelassen) Einkommen netto pro Jahr bei 700 UE 2 22,79 Euro 2,19 Euro 1,50 Euro 2,28 Euro 28,76 Euro - Tischvorlage „Einkommen hauptberuflich tätiger VHS-Dozent/innen (Berlin)“ (Seite 1 von 1): Informationsmaterial der Berliner VHS-DozentInnen-Vertretung 3 4 936,00 Euro 12.103,20 Euro Bei 1000 UE – der jährlichen Unterrichtszeit einer angestellten Lehrkraft in vergleichbarer Tätigkeit – liegt das VHS-Jahreseinkommen bei 17.113,30 Euro (netto). 5 Zu der Unterrichtstätigkeit mit Vorbereitungszeit und Korrekturen kommen Konferenzen, Prüfungen, Weiterbildungen und ein erheblicher Arbeitsaufwand durch die unbezahlte Erledigung von Verwaltungsaufgaben, etwa in der Betreuung von Integrationskursteilnehmer/innen (Listenführung, Anmeldungen, Gespräche, E-Mails mit der VHS). Anders als bei angestellten Lehrkräften exsistieren weder Arbeitslosenversicherung noch Honorarfortzahlung im Krankheitsfall. Die Rentenaussichten liegen nach einem Arbeitleben als Integrationslehrer/in bei der Berliner VHS bei etwa 400/500 Euro in Monat. 6 Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 66 Anschreiben DaZ-Netzwerk an Bundespräsidenten (Seite 1 von 2): Das DaZ-Netzwerk informiert B ­ undespräsident Joachim Gauck über die unwürdige soziale Lage von über 10.000 hauptberuflichen Integrationskurslehrkräften. Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 67 1 2 Anschreiben DaZ-Netzwerk an Bundespräsidenten (Seite 2 von 2) 3 4 5 6 Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 68 Antwortschreiben Bundeskanzleramt (Seite 1 von 2): Laut dem Bundeskanzleramt unterliegt die Höhe der Vergütung von Lehrkräften in Integrationskursen der Vertragsfreiheit zwischen dem jeweiligen Träger und der Lehrkraft. Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 69 1 2 Antwortschreiben Bundeskanzleramt (Seite 2 von 2) 3 4 5 6 Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 70 BAMF: Trägerrundschreiben (Seite 1 von 4): Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) informiert die Träger über die Anpassung des Kostenerstattungssatzes für die Durchführung von Integrationskursen auf 2,54 Euro pro Teilnehmer und Unterrichtseinheit. In diesem Zusammenhang weist das BAMF auf die Änderung bei künftigen Trägerzulassungen hin: „Bisher hat das Bundesamt eine auf ein Jahr befristete Zulassung ausgesprochen, wenn ein Honorar von weniger als 15 Euro pro Unterrichtseinheit an die Lehrkraft gezahlt wird. Künftig wird die Grenze bei 18 Euro liegen.“ Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 71 1 2 BAMF: Trägerrundschreiben (Seite 2 von 4) 3 4 5 6 Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 72 BAMF: Trägerrundschreiben (Seite 3 von 4) Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 73 1 2 BAMF: Trägerrundschreiben (Seite 4 von 4) 3 4 5 6 Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen 74 Unsere Anschriften GEW-Mitglieder erhalten Beratung und Rechtsschutz durch ihren Landesverband. GEW Baden-Württemberg Silcherstraße 7 70176 Stuttgart Telefon: 0711/21030-0 Telefax: 0711/2103045 E-Mail: info@gew-bw.de www.gew-bw.de GEW Bremen Bahnhofsplatz 22-28 28195 Bremen Telefon: 0421/33764-0 Telefax: 0421/33764-30 E-Mail: info@gew-hb.de www.gew-bremen.de GEW Niedersachsen Berliner Allee 16 30175 Hannover Telefon: 0511/33804-0 Telefax: 0511/33804-46 E-Mail: email@gew-nds.de www.gew-nds.de GEW Bayern Schwanthalerstraße 64 80336 München Telefon: 089/544081-0 Telefax: 089/53894-87 E-Mail: info@bayern.gew.de www.gew-bayern.de GEW Hamburg Rothenbaumchaussee 15 20148 Hamburg Telefon: 040/414633-0 Telefax: 040/440877 E-Mail: info@gew-hamburg.de www.gew-hamburg.de GEW Nordrhein-Westfalen Nünningstraße 11 45141 Essen Telefon: 0201/294030-1 Telefax: 0201/29403-51 E-Mail: info@gew-nrw.de www.gew-nrw.de GEW Berlin Ahornstraße 5 10787 Berlin Telefon: 030/219993-0 Telefax: 030/219993-50 E-Mail: info@gew-berlin.de www.gew-berlin.de GEW Hessen Zimmerweg 12 60325 Frankfurt am Main Telefon: 069/971293-0 Telefax: 069/971293-93 E-Mail: info@gew-hessen.de www.gew-hessen.de GEW Rheinland-Pfalz Neubrunnenstraße 8 55116 Mainz Telefon: 06131/28988-0 Telefax: 06131/28988-80 E-Mail: gew@gew-rlp.de www.gew-rlp.de GEW Brandenburg Alleestraße 6a 14469 Potsdam Telefon: 0331/27184-0 Telefax: 0331/27184-30 E-Mail: nfo@gew-brandenburg.de i www.gew-brandenburg.de GEW Mecklenburg-Vorpommern Lübecker Straße 265a 19059 Schwerin Telefon: 0385/48527-0 Telefax: 0385/48527-24 E-Mail: andesverband l @gew-mv.de www.gew-mv.de GEW Saarland Mainzer Straße 84 66121 Saarbrücken Telefon: 0681/66830-0 Telefax: 0681/66830-17 E-Mail: info@gew-saarland.de www.gew-saarland.de Schwarzbuch 2 | Arbeit in Integrationskursen GEW Sachsen Nonnenstraße 58 04229 Leipzig Telefon: 0341/4947404 Telefax: 0341/4947406 E-Mail: gew-sachsen  @t-online.de www.gew-sachsen.de GEW Sachsen-Anhalt Markgrafenstraße 6 39114 Magdeburg Telefon: 0391/73554-0 Telefax: 0391/7313405 E-Mail: info@gew-lsa.de www.gew-lsa.de GEW Schleswig-Holstein Legienstraße 22-24 24103 Kiel Telefon: 0431/5195-1550 Telefax: 0431/5195-1555 E-Mail: info@gew-sh.de www.gew-sh.de GEW Thüringen Heinrich-Mann-Straße 22 99096 Erfurt Telefon: 0361/59095-0 Telefax: 0361/59095-60 E-Mail: info@gew-thueringen.de www.gew-thueringen.de Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Ich mache mit! Antrag auf Mitgliedschaft (Bitte in Druckschrift ausfüllen) Vorname/Name Straße/Nr. Land (D für Deutschland), Postleitzahl/Ort Geburtsdatum Nationalität Telefon E-Mail Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Hauptvorstand Reifenberger Straße 21 60489 Frankfurt am Main Telefon: 069/78973-0 Telefax: 069/78973-201 E-Mail: info@gew.de www.gew.de bisher gewerkschaftlich organisiert bei von bis (Monat/Jahr) Name/Ort der Bank Kontonummer BLZ Berufsbezeichnung/-ziel Fachgruppe Tarif-/Besoldungsgebiet GEW-Hauptvorstand, Parlamentarisches Verbindungsbüro Berlin Wallstraße 65 10179 Berlin Telefon: 030/235014-0 Telefax: 030/235014-10 E-Mail: parlamentsbuero@gew.de Tarif-/Besoldungsgruppe Stufe seit Bruttoeinkommen € monatlich (falls nicht öffentlicher Dienst) Betrieb/Dienststelle/Schule Trägerdes Betriebs/der Dienststelle/der Schule Straße/Nr. des Betriebs/der Dienststelle/der Schule Postleitzahl/Ort des Betriebs/der Dienststelle/der Schule Beschäftigungsverhältnis o o o o o Honorarkraft angestellt beurlaubt ohne Bezüge beamtet teilzeitbeschäftigt mit ____Std./Woche o o o o o teilzeitbeschäftigt mit ____Prozent in Rente/pensioniert im Studium Altersteilzeit o o o o befristet bis______ Referendariat/Berufspraktikum arbeitslos Sonstiges______________ in Elternzeit Jedes Mitglied der GEW ist verpflichtet, den satzungsgemäßen Beitrag zu entrichten und seine Zahlungen daraufhin regelmäßig zu überprüfen. Mit meiner Unterschrift auf diesem Antrag ermächtige ich die GEW zugleich widerruflich, den von mir zu leistenden Mitgliedsbeitrag vierteljährlich von meinem Konto abzubuchen. Ort, Datum Unterschrift Die uns von Ihnen angegebenen personenbezogenen Daten sind nur zur Erfüllung unserer satzungsgemäßen Aufgaben auf Datenträgern gespeichert und entsprechend den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes geschützt. 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