Priva-13-Umschlag:Layout 1 24.05.2011 15:29 Uhr Seite 1 Privatisierungsreport – 13 Private Stiftungen versus demokratischer Staat – wie der Neoliberalismus weltweit das öffentliche Bildungswesen untergräbt Priva-13-Umschlag:Layout 1 24.05.2011 15:29 Uhr Seite 2 Impressum Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Hauptvorstand Verantwortlich: Ulrich Thöne, Ulf Rödde (V.i.S.d.P.) Autor: Matthias Holland-Letz Redaktion: Ulrich Thöne, Sarah Holze Reifenberger Str. 21 60489 Frankfurt Tel: 069/78973-0 Fax: 069/78973-202 info@gew.de www.gew.de Illustration: Thomas Plaßmann Gestaltung und Satz: Jana Roth ISBN: 978-3-939470-63-2 Mai 2011 Die Broschüre erhalten Sie im GEW-Shop (www.gew-shop.de, E-Mail: gew-shop@callagift.de, Fax: 06103-30332-20), Mindestbestellmenge: 10 Stück, Einzelpreis: 2,00 Euro. Preise zzgl. Verpackungs- und Versandkosten (siehe www.gew-shop.de). Artikel-Nr.: 1428 Einzelexemplare können Sie anfordern unter: broschueren@gew.de, Fax: 069/78973-70161. Einzelpreis 2,70 Euro inkl. Versandkosten. Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 3 Privatisierungsreport – 13 Private Stiftungen versus demokratischer Staat – wie der Neoliberalismus weltweit das öffentliche Bildungswesen untergräbt Vorwort 5 1. Worum es geht 9 2. USA:Wie US-Stiftungen die amerikanischen Lehrergewerkschaften bekämpfen 2.1 Der Film 2.2 Charter Schools und School Choice: Die Förderer und Finanziers 3. 4. 5. 6. 7. USA:Wie Gewerkschaften und unabhängige Bildungsexperten gegenhalten 3. 1 Kritik an Charter Schools und School Choice 3.2 Kritik an der Rolle der US-Stiftungen England:Wie neoliberale Politiker und Stiftungen das öffentliche Bildungswesen beschneiden 4.1 Kurze Chronologie 4.2 Das Weißbuch „The Importance of Teaching“ 4.3 Wer Academies und Free Schools betreibt und unterstützt England:Wie die Gewerkschaften gegen Kürzungen und Privatisierung kämpfen Deutschland:Wie Neoliberale und Stiftungen den Umbau des öffentlichen Bildungswesens betreiben 6.1 Der Aufstieg der Stiftungen 6.2 Wie Stiftungen das Bildungswesen umbauen Die Gründerinnen von Teach for America und Teach First:Verblüffende Parallelen 6.3 Fallbeispiel „Jobstarter“ 6.4 Vorbild Charter School: Das Lobbying hat begonnen Deutschland:Was die GEW fordert 17 31 39 49 53 71 3 Priva-13_innen:Layout 1 4 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 4 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 5 Vorwort Weltweit ist die Privatisierung des Bildungswesens auf dem Vormarsch. Darauf hatte die Bildungsinternationale bereits 2007 anlässlich ihres letzten Weltkongresses hingewiesen. Stephen J. Ball und Deborah Youdell veröffentlichten damals im Auftrag der Dachorganisation der Bildungsgewerkschaften ihre Analyse über die versteckte Privatisierung („Hidden privatisation in public education“1). Sie machten deutlich, dass der Privatisierungstrend schleichend und fast unsichtbar voranschreitet. Mit dem vorliegenden Privatisierungsreport stellt die GEW die Rolle von privaten Stiftungen in diesem Prozess dar. „Überall in der Welt werden verschiedene Formen von Privatisierung in die Systeme öffentlicher Bildung eingeführt.Viele dieser Veränderungen sind das Resultat willentlicher Politik – oft unter dem Schlagwort “Bildungsreform” – und sie beeinflussen die Bildung der Schülerinnen und Schüler und der Studierenden, Gleichheitsfragen und die Arbeitsbedingungen der im Bildungssystem beschäftigten.Andere Veränderungen geschehen unangekündigt: Dies betrifft die Art und Weise wie Schulen funktionieren (“Schulen müssen mit der Zeit mithalten”), aber in Wirklichkeit spiegelt dies die wachsende marktbasierte, wettbewerbliche und Konsumorientierung unser Gesellschaften wider.”2 Die „versteckte Privatisierung“ ist als Privatisierung staatlicher Bereiche „von innen heraus“ zu begreifen. Dabei trägt die neoliberale Ideologie das Dogma „Privat ist besser als staatlich“ in das Bildungswesen hinein. Eine Rhetorik heilsbringender, alternativloser „Reformen“ und „Modernisierungen“ wirkt auf den Umbau des staatlichen Bildungssystems in marktfähige Einheiten hin. Dies geschieht beispielsweise indem Schulen zu Betrieben umgebaut und auch wie solche gesteuert werden. Oder 5 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 6 durch die Einführung von Instrumenten wie Globalbudgets, Zielvereinbarungen, „Leistungsgerechte Vergütung“ usw. All diese Maßnahmen haben dabei eines gemeinsam: Sie sollen ein staatliches Bildungssystem schaffen, das kaum zu unterscheiden ist von seiner privaten „Konkurrenz“ und das sich zunehmend den gleichen Regeln wie diese unterwirft. Am Ende steht ein Bildungssystem, das sich – obwohl noch in staatlicher Hand und öffentlich finanziert – den Regeln von Markt und Konkurrenz unterwirft. „Diese verschiedenen Formen von Privatisierung verändern die Art und Weise wie Bildung organisiert, gesteuert und erbracht wird; wie das Curriculum festgelegt und gelehrt wird; wie die Leistungen der Schülerinnen, Schüler und Studierenden bewertet werden; und wie Schüler und Studierende, Lehrende, Schulen und das Gemeinwesen beurteilt werden“.3 Im vorliegenden dreizehnten Privatisierungsreport sollen Auswüchse der „versteckten Privatisierung“ anhand konkreter Erfahrungen und Entwicklungen in den USA, in Großbritannien und Deutschland näher beleuchtet und der notwendigen Kritik unterzogen werden. In den USA laufen die Republikaner (gestützt von der rechtslastigen Tea-Party-Bewegung) Sturm gegen den öffentlichen Dienst und seine Gewerkschaften, insbesondere die Lehrergewerkschaft. Dabei handelt es sich um einen Angriff auf das Bildungswesen, der von US-Milliardären und ihren märchenhaft reichen Stiftungen unterstützt und in weiten Teilen auch finanziert wird. Diese Allianz versucht mit einigem Erfolg, öffentliche Schulen sukzessive durch so genannte „Charter Schools“, zu ersetzen. Das sind von privaten Einrichtungen betriebene 6 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 7 Vertragsschulen, die Lehrkräfte heuern und feuern können, wann und wie sie wollen. Das sind Schulen, die Lehrpläne und -inhalte selbst bestimmen können, Schulen, die eigentlich alles tun und lassen können, was und wie sie es wollen – solange sie die vom Staat vorgegebenen Ziele erreichen. Auch in England streben neoliberale Politikerinnen und Politiker danach, den öffentlichen Dienst, inklusive der öffentlichen Schulen, zu dezimieren. Sie haben begonnen, die staatlichen Schulen durch private Academies und Free Schools zu ersetzen. Auch deshalb stehen Gehälter und Sozialleistungen von englischen Lehrkräften unter enormem Druck. In Deutschland sind ähnliche Tendenzen zu beobachten: Der Umbau der Schulsysteme in marktfähige Einheiten geht voran. Auch wenn kaum jemand die Debatte zur Überstellung von öffentlichen Schulen an private Betreiber anstoßen mag, haben einige bereits damit begonnen. Das Konzept der „Bürgerschulen“ und eine Forschungsarbeit zur Frage, wie das Konzept der Charter Schools auf Deutschland zu übertragen sei, verdeutlichen es. Autor Matthias Holland-Letz hat sich mit dem vorliegenden Privatisierungsreport die Aufgabe gestellt, das Verbindende und Trennende zwischen den Bildungs„reformen“ der genannten drei großen Industrienationen herauszuarbeiten. Immerhin gilt es, sich der Richtung der aktuell in Deutschland allerorten zu beobachtenden Reformen bewusst zu werden und von den Erfolgen und Misserfolgen der Kolleginnen und Kollegen in den anderen Ländern zu lernen. Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern eine anregende Lektüre. Ulrich Thöne Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft 7 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 8 Quellen: 1 2 Youdell/Ball 3 8 Youdell, Deborah/Ball, Stephen J. (2007): Hidden privatisation in public education. http://download.ei-ie.org/docs/IRISDocuments/Research%20on%20Education /Privatisation%20and%20Commercialisation/2007-00242-01-E.pdf Youdell/Ball Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 9 1. Worum es geht Er verspottete den Staat als „labyrinthischen Termitenbau“.1 Als „Jurassic Park“, von „dinosaurierhafter Schwerfälligkeit“. Nein, Joachim Fest, der konservative Publizist und Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), war kein Freund der öffentlichen Hand. Er fand es beklagenswert, dass der moderne Sozialstaat, „beginnend mit der Aufklärung“, immer mehr Aufgaben an sich gezogen habe. Aufgaben, „die bis dahin dem Gemeinsinn oder der karitativen Barmherzigkeit überantwortet waren.“ „... dringt der Staat in die von den Bürgern geräumte Bereiche ein und besetzt auch die letzten noch verbliebenen Entscheidungsräume des Einzelnen“.2 Joachim Fest, Einführung, in: Die großen Stifter. Lebensbilder – Zeitbilder, erschienen 1997 Doch zum Glück, so der studierte Historiker, zögen nun andere Zeiten auf. „Die Globalisierung...hat die Staaten nicht nur entmachtet, sondern auch einer neuartigen Form des Wettbewerbs ausgesetzt.“ In der Tat. Die Berliner Mauer fiel. China öffnete sich. Ganze Industrien wanderten gen Osten ab. Neoliberale Regierungen nahmen dies zum Anlass, einen internationalen Standortwettbewerb zu starten – nach dem Motto „Welcher Staat bietet die niedrigsten Steuersätze für Unternehmen und Großverdiener?“ „Wir haben uns in unserem sozialen Sicherheitsnetzwerk so verfangen, dass es uns vielleicht nicht mehr gelingen wird, uns in einer globalisierten Welt wettbewerbsfähig aufzustellen.“3 Hasso Plattner, Stifter und Mitbegründer des Software-Konzerns SAP, im Jahr 2007 9 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 10 Auch in Deutschland propagieren regierende Politiker und Wirtschaftsvertreter seit Jahren, der Staat müsse sich zurückziehen. So Anfang 2000 der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), so heute Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Noch 1996 verfügte der deutsche Staat über 49,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).4 2008 lag dieser Anteil, die so genannte Staatsquote, nur noch bei 43,8 Prozent. „Die Union hat immer gesagt: Wir streben 40 Prozent Staatsquote an. Daher kann ich nur sagen: Wir sind auf einem guten Weg.“5 Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf dem Unternehmertag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion am 22.9.2008 Dann kam die Finanzkrise, das BIP sank – und gleichzeitig legte der Bund ein gewaltiges Konjunkturpaket auf, um die taumelnde Wirtschaft zu stützen. Folge: Die Staatsquote kletterte 2009 auf 47,5 Prozent. Im Jahr darauf fiel sie wieder – auf 46,6 Prozent. Zudem einigten sich Bund und Länder im Februar 2009 auf die so genannte Schuldenbremse:6 Das Grundgesetz zwingt nun die öffentliche Hand, in den kommenden Jahren Ausgaben drastisch zu kürzen. „Die empirische Forschung legt eine Staatsquote von ca. 35 Prozent als wachstumsoptimal nahe.“7 Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), „BDI-Manifest für Wachstum und Beschäftigung – Deutschland 2020“, Juni 2008 Parallel zum Bemühen, die Staatsquote zu drücken, förderten die Berliner Regierungen die Neugründung von Stiftungen. Ganz im Sinne von Joachim Fest, dem neoliberalen Publizisten. Er preist in seinem Buch „Die großen Stifter“, das er 1997 herausgab, die Stiftungsszene in den 10 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 11 USA als großes Vorbild („Mit keinem anderen Land vergleichbar“). Rund 25.000 aktive Stiftungen gebe es dort. Sie verwalteten Vermögen von mehr als 100 Milliarden Dollar. Und sozial seien sie auch. Joachim Fest berichtete, „dass in den dreißiger Jahren die Sozialleistungen der Rockefeller Foundation zeitweilig die des Staates überstiegen“. Dass dies am märchenhaften Reichtum Rockefellers und an der Armut der USSozialleistungen lag, erwähnte er nicht. Joachim Fest stellte 1997 die rhetorische Frage: Wie kann Deutschland in diesem weltweiten, entfesselten Wettbewerb bestehen? Welche politischen Schritte sind notwendig? Und lieferte die Antwort gleich mit. „Am Ende wird der Staat, so oder so, seine allzu vielen Zuständigkeiten zurückschneiden müssen“, urteilte der FAZ-Mitherausgeber. Und wer sei imstande, „den Leerraum“ zu füllen? Hier brachte der Konservative den „dritten Sektor“ ins Spiel. Und meinte damit vor allem Stiftungen. „Die großen Stifter“ porträtiert nicht nur schwerreiche US-Mäzene wie Rockefeller und Henry Ford. Auch deutsche Stifter tauchen auf, gewürdigt von ehemaligen SPD-Politikern. Klaus von Dohnanyi preist den Bertelsmann-Patriarchen Reinhard Mohn („kein Fetischist der Privatisierung“).8 Helmut Schmidt pinselt ein liebevolles Porträt des Hamburger Unternehmers Kurt A. Körber („mein Freund“, “öffentlich wirkender Philanthrop“).9 „Wir brauchen eine neue Debatte über das Verhältnis von Staat und Bürgern. In einer funktionierenden Bürgergesellschaft muß privates philantropisches Engagement den Vorzug vor staatlicher Umverteilung haben.“10 Arnd Oetker, Präsident des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft, im Jahr 2006 11 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 12 Auch ein waschechter Ex-Gangster und Faschist findet bei Joachim Fest Würdigung: Juan March, der 1962 als reichster Mann Spaniens verstarb.11 Zitat: „Als Schmuggler von Zigaretten hat er begonnen, als Besitzer des Monopols auf Tabakwaren machte er sein Vermögen.“ Später wurde er Bankier, finanzierte den Putsch Francos gegen die Spanische Republik. „March rüstete die Putschisten mit einer Luftwaffe aus, er kaufte zahlreiche Flugzeuge im faschistischen Italien und Waffen im nationalsozialistischen Deutschland.“12 Während der anschließenden Diktatur gab er den Wohltäter. „1955 gründete er die größte spanische Stiftung zur Förderung junger Wissenschaftler und Künstler“, ist hier zu lesen. „Ich glaube, dass wir in 50 Jahren eine Bürgergesellschaft haben, die mit der Szene in Amerika vergleichbar sein wird.“13 Klaus Wehmeier, stellvertretender Vorsitzender der Körber-Stiftung, im Jahr 2007 Die Stiftungsszene wusste das Denken und Handeln Joachim Fests zu würdigen. Im Jahr 2002 bekommt er den Hanns-Martin-Schleyer-Preis der Hanns-Martin-Schleyer-Stiftung.14 Die nach dem ermordeten Arbeitgeberpräsidenten benannte Stiftung belohnt gerne Stiftungslobbyisten: 1998 zeichnet sie Reinhard Mohn aus. 2000 feiert sie den Heidelberger Wirtschaftsprofessor Paul Kirchhof, Mitglied der LudwigErhard-Stiftung. 2006 heißt der Preisträger Klaus von Dohnany. Man kennt sich, man hilft sich. So arbeitet die Hanns-Martin Schleyer-Stiftung mit der Heinz-Nixdorf-Stiftung zusammen.15 Und die fördert die Ludwig-Erhard-Stiftung.16 Joachim Fests Stifter-Buch wiederum ist in einem Verlag erschienen, der zu Reinhard Mohns Bertelsmannkonzern gehört. 12 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 13 Gewerkschafter warnen: Der Einfluss der Großkonzerne auf die weltweite Politik nimmt zu Seoul, November 2010. Zum G20-Gipfel in der südkoreanischen Hauptstadt versammeln sich nicht nur Staats- und Regierungschefs. Von der Öffentlichkeit kaum bemerkt, tagen erstmals auch die Vorstandsvorsitzenden von etwa 120 weltweit operierenden Großunternehmen.17 Darunter Nestlé, Deutsche Bank, die japanische Takeda Pharmaceutical, der US-Finanzdienstleistungskonzern Visa und der indisch-luxemburgische Stahlriese ArcelorMittal.18 „G20 Business Summit“ nennt sich die Veranstaltung. In ihrer Abschlusserklärung bedanken sich die Firmenbosse für „die Bereitschaft der G20-Mitglieder, die business commmunity an der ... Konsolidierung der Weltwirtschaft zu beteiligen.“19 Sie geben auch gleich bekannt, wie die weitere globale Wirtschaftspolitik auszusehen hat. Stichwort Finanzpolitik: „Fiskale Strategien sollten sich darauf konzentrieren, die Staatsausgaben zu senken.“ Und: „Regierungen sollten Steuererhöhungen vermeiden...“. Beispiel Wasser- und Energieprojekte: „Regierung und Privatsektor sollten zusammenarbeiten, um alternative Finanzierungsinstrumente zu schaffen – damit der Druck auf die Regierungen sinke, in derartige Projekte selbst zu investieren. Die Konzernchefs wissen auch, wie sich die weltweite Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen lässt: „Schafft Public-Private-Partnerships, um Jugendliche für die verfügbaren Jobs zu trainieren.“ Gewerkschafter beobachten die Entwicklung mit Sorge. Die politische Macht der Großkonzerne, der multinational enterprises (MNEs), sei enorm gestiegen. Als Folge der Globalisierung. Das betonen Fachleute von Public Services International (PSI), dem 13 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 14 weltweiten Dachverband der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes.20 Die PSI-Gewerkschafter warnen zudem vor der Lobby-Arbeit der business community. So pflegen MNEs enge Verbindungen zu internationalen Organisationen – vom Internationalen Währungsfonds, der Weltbank bis hin zur OECD. Und überall verbreiten Konzernvertreter ihre Ideologie, den Neoliberalismus. Eines ihrer Ziele: Neue Märkte schaffen. „Es gibt MNEs, die jeden Tag mehr in die Tätigkeitsbereiche des öffentlichen Dienstes eindringen“, berichten die Gewerkschafter.Weltweit bedroht ist deshalb auch das öffentliche Bildungswesen. Denn das Lobbying der Neoliberalen zeigt Wirkung. Auch die Weltbank fordert inzwischen „Public-Private Partnerships in Education“.21 Zur Begründung verweist sie auf die weltweite “unbefriedigte Nachfrage nach Bildung, kombiniert mit schrumpfenden Regierungsbudgets”. Die Weltbank propagiert deshalb Charter Schools („publicly funded schools operated by private boards“) und setzt auf School Choice. Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) fordert in seiner entwicklungspolitischen „Bildungsstrategie 20102013“:22 „Mehr mit der Privatwirtschaft kooperieren“. Staatliche Stellen und private Unternehmen sollen mit Public-PrivatePartnerships Bildungsangebote in den armen Ländern schaffen, fordert das Niebel-Ministerium. 14 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 15 Quellen 1 alle Zitate von Fest siehe: Joachim Fest, Einführung, in: Joachim Fest (Hrsg.), Die großen Stifter. Lebensbilder – Zeitbilder, Berlin 1997, Seiten 7 bis 24 2 Joachim Fest, Einführung, in: Joachim Fest (Hrsg.), Die großen Stifter. Lebensbilder – Zeitbilder, Berlin 1997, Seite 7 3 „Reiche haben große Beiträge zu leisten“, Interview mit Hasso Plattner, in: Bundesverband Deutscher Stiftungen, Stiftungsreport 2007, Seite 130 4 http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_53848/DE/Wirtschaft__und__Ver waltung/Finanz__und__Wirtschaftspolitik/Oeffentlicher__Gesamthaushalt/051__ staatsquote.html?__nnn=true, 4.1.2011 5 http://www.bundesregierung.de/nn_774/Content/DE/Archiv16/Rede/2008/09/ 2008-09-23-merkel-unternehmerkongress.html, 31.1.2011 6 http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_90/DE/BMF__Startseite/Service/ Glossar/S/031__Schuldenbremse.html, 7.2.2011 7 Bundesverband der Deutschen Industrie, BDI-Manifest für Wachstum und Beschäftigung, Berlin, Juni 2008, Seite 269, zum Herunterladen unter: www.bdi.eu 8 Klaus von Dohnanyi, Reinhard Mohn, in: Joachim Fest (Hrsg.), Die großen Stifter. Lebensbilder – Zeitbilder, Berlin 1997, Seite 479 9 Helmut Schmidt, Kurt A. Körber, in: Joachim Fest (Hrsg.), Die großen Stifter. Lebensbilder – Zeitbilder, Berlin 1997, Seiten 457 und 459 10 zitiert nach: „Stiften wirkt!“, Sonderveröffentlichung der Anzeigenabteilung, in: DIE ZEIT, 14.9.2006 11 Walter Haubrich, Juan March, in: Joachim Fest (Hrsg.), Die großen Stifter. Lebensbilder – Zeitbilder, Berlin 1997, Seiten 407ff 12 Walter Haubrich, Juan March, Seite 422f 13 „Katastrophen sind Bewährungsmöglichkeiten“, Interview mit Klaus Wehmeier, in: Bundesverband Deutscher Stiftungen, Stiftungsreport 2007, Seite 107 14 dazu und zum Folgenden: http://www.schleyer-stiftung.de/preise/hms_preis/preise _schleyer_preistraeger.html; 15.3.2011 15 http://www.schleyer-stiftung.de/kooperationen/partner/kooperationen_partner. html; 15.3.2011 15 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 16 16 17 “…a new platform for coordinating public und and private sector cooperation”, schreibt die südkoreanische Zeitung The Korea Herald; siehe: Kim Ji-hyun, G20 Business Summit to draw leading figures, The Korea Herald, 27.10.2010; vgl. http://seoulg20businesssummit.org/en/contactus/faq.asp, 25.2.2011 18 dazu und zum Folgenden: http://www.seoulg20businesssummit.org/en/attend/convener5.asp, 21.2.2011 19 dazu und zum Folgenden: Seoul G20 Business Summit. Joint Statement by Partizipating Companies, 11.November 2010; zum Herunterladen: http://seoulg20businesssummit.org/en/media/reportV.asp?cate=PDS&cate2=EN G&page=1&search=&keyword=&boardno=255; 25.2.2011 20 dazu und zum Folgenden: Public Services International und Education International, Stop the world? No. Shape it!, Ferney-Voltaire Cedex/ Frankreich, Oktober 2006 21 dazu und zum Folgenden: http://web.worldbank.org/WBSITE/EXTERNAL/TOPICS/EXTEDUCATION/0,,contentMDK:20756247~menuPK:2448342~pagePK:210058~piPK:210 062~theSitePK:282386,00.html, 21.2.2011 22 16 http://www.heinz-nixdorf-stiftung.de/Foerderprojekte/Demokratisches_ Staatsw esen/Demokratisch_01_LudwigErhardStiftung.asp; 15.3.2011 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Zehn Ziele für Bildung. BMZ Bildungsstrategie 2010-2013 (Entwurf), Seite 8, zum Herunterladen unter: http://www.bmz.de/de/presse/aktuelleMeldungen/2011/februar/20110228_pm_35_bildungsstrategie/index.html; 29.3.2011 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 17 2. USA: Wie US-Stiftungen die amerikanischen Lehrergewerkschaften bekämpfen 2.1 Der Film Ein Kinofilm über „eine versteckte Katastrophe, die sich leise und heimtückisch in den Städten und Gemeinden unserer Nation verbreitet“.1 Doch dokumentiert der Streifen, der im Spätsommer 2010 in die USKinos kam, nicht die wachsende Armut in Amerika. Auch nicht die Gewalt, die Drogengangs verbreiten. Der Film thematisiert Missstände an öffentlichen Schulen in den USA. Er heißt „Waiting for Superman“. Rettung für die Schulen nahe, verspricht der Film. Die Retter, das seien die Charter Schools. Privatschulen, die kein Schulgeld nehmen und zu 100 Prozent vom Staat finanziert werden. Eine Schulform, die in weiten Teilen dem Modell entspricht, das die OECD bereits 2008 propagiert hat.2 Ein Dokumentarfilm zum Schulwesen, und das im US-Kino? Kaum ein Beobachter hätte vorhergesagt, dass der Film einschlägt wie eine Bombe. Gefeiert in der Presse, etwa im US-Magazin Time und in der Tageszeitung USA Today. Ausgezeichnet auf dem renommierten Sundance Filmfestival. Regisseur Davis Guggenheim erntet viel Beifall. Er ist kein nobody im Filmbusiness. Guggenheim drehte „Eine unbequeme Wahrheit“, den Dokumentarfilm zum Klimawandel mit Ex-Vizepräsident Al Gore – und bekam dafür einen Oscar. Doch viele Lehrerinnen und Lehrer in den USA sind entsetzt.3 Denn der Film stellt die US-Lehrergewerkschaften an den Pranger. Das kritisiert auch die Journalistin Gail Collins. Sie schreibt in der New York Times, mit Blick auf Guggenheims Klimafilm: „Die Gewerkschaft American Federation of Teachers und ihre Präsidentin Randi Weingarten scheinen die Rolle der CO-2Emissionen zu spielen“.4 17 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 18 USA: Machtvolle Lehrergewerkschaften Anfang des 20.Jahrhunderts entließen die US-Schulbehörden Lehrerinnnen, wenn diese heirateten.5 „Und als Lehrerinnen heiraten durften, wurden sie gefeuert, wenn sie schwanger wurden“. Die amerikanische Bildungswissenschaftlerin Diane Ravitch kennt sich aus mit der Geschichte des US-Schulwesens. Damals habe es keine Gewerkschaft gegeben, die Lehrkräfte schützen konnte, schreibt die Professorin. Sie erinnert zudem daran, dass pazifistische Lehrkräfte in den USA während des 1.Weltkrieges die Schule verlassen mussten – weil die Behörden deren Weltanschauung nicht duldeten. US-Lehrerinnen und -Lehrer organisierten sich in Gewerkschaften also nicht nur, um höhere Löhne oder bessere Arbeitsbedingungen zu fordern. Sondern auch, schreibt Diane Ravitch, „um ihr Recht zu verteidigen, frei zu denken, ihre Meinung zu sagen und zu unterrichten, ohne Angst zu haben.“ Heute sind die National Education Association (NEA) und die American Federation of Teachers (AFT) mächtige Organisationen. Allein die NEA, gegründet 1857, bringt es auf 3,2 Millionen Mitglieder.6 Sie erkämpfte Gehaltserhöhungen und setzte Pensionen für Lehrkräfte durch. Die AFT besteht seit 1916, kommt auf 1,5 Millionen Mitglieder.7 Neben Lehrkräften sind in der AFT auch Beschäftigte der Kindertagesstätten oder Angestellte von Regierungsbehörden organisiert. Albert Einstein besaß einen AFTMitgliedsausweis, ebenso der Romanautor Frank McCourt. Beide Gewerkschaften spielten eine wichtige Rolle in der Bürgerrechtsbewegung der 60er Jahre. Aus der AFT-Niederlassung in New York City ging im Jahr 1960 die United Federation of Teachers (UFT) hervor.8 Sie organisiert heute 200.000 Menschen. Ihr gehören auch Schulsekretärinnen, 18 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 19 Psychologen und Sozialarbeiterinnen an. 95 Prozent der New Yorker Lehrkräfte sind UFT-Mitglied, zahlen im Jahr jeweils 900 Dollar Beitrag.9 Über 1.000 hauptamtliche UFTler arbeiten in der Weltstadt am Hudson River. „Sie verwalten die Pensionsfonds, andere kümmern sich um das Vertragsnetz von Zahnärzten oder um marode Schulgebäude“. Das berichtet Cornelia Girndt, die im Spätsommer 2010 eine Delegation des GEW-Landesverbandes Berlin und des GEW-Hauptvorstandes zur UFT nach New York begleitete. Außerdem unterhält die Gewerkschaft so genannte Teacher Centers. „Dort werden Lehrkräfte, die eine schlechte Beurteilung erhielten, kollegial begutachtet und weitergebildet“, so Girndt. Für ihre Mitglieder handelte die UFT einen 190seitigen Tarifvertrag aus. Der sieht Gehälter bis zu 100.000 Dollar im Jahr vor. Und definiert, wie groß Klassen und Klassenräume sein dürfen. „Diese Gewerkschaft ist Personalrat, Sozialversicherung, Rechtsbeistand, Weiterbildungsinstitution, Stadtteilgruppe und politischer Arm in einem“, bringt es Cornelia Girndt auf den Punkt. Und deshalb seien Gewerkschaften den Charter SchoolBetreibern „Sand im Getriebe ihrer Geschäftsinteressen.“ Die Helden des Films hingegen, so Gail Collins, seien erklärte Gewerkschaftsgegner wie Michelle Rhee, bis vor kurzem Leiterin des Schuldistrikts von Washington, D.C. Und Geoffrey Canada, der charismatische Chef der Charter-School-Kette Harlem Children’s Zone (HCZ). HCZ dulde keine gewerkschaftlich organisierten Lehrkräfte, berichten USMedien.10 Washington-Post-Autorin Valerie Strauss spricht denn auch von einem „tendenziösen Film“, der traditionelle öffentliche Schulen „dämonisiert“.11 19 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 20 „Als Berufsgruppe genießen Lehrer mit den größten Schutz...In Illinois zum Beispiel verliert einer von 57 Ärzten seine medizinische Approbation. Einer von 97 Rechtsanwälten verliert seine Lizenz. Aber lediglich einer von 2.500 Lehrern hat jemals seine Lehrerlaubnis zurückgeben müssen.“12 Zitat aus dem Buch zum Film „Waiting for Superman“, New York City, 2010 Auch das Begleitbuch zum Film enthält eine Fülle von lehrer- und gewerkschaftsfeindlichen Aussagen. Tenor: Schuld an der amerikanischen Bildungsmisere seien vor allem schlechte Lehrer. Doch die könne man nicht einfach rausschmeißen. Weil große und einflussreiche Gewerkschaften sie schützten. „Die beiden größten Lehrergewerkschaften, die National Education Association (NEA), und die American Federation of Teachers (AFT) sind die größten Geldgeber für politische Kampagnen des Landes ... Mehr als 90 Prozent dieser Gelder geht an die Demokraten.“13 Zitat aus dem Buch zum Film „Waiting for Superman“, New York City, 2010 Im Begleitbuch kommen zumeist Befürworter von School Choice zu Wort. School Choice steht für die höchst umstrittene Idee, Prinzipien von Markt und Wettbewerb auf das Schulwesen zu übertragen. Eltern sollen zwischen verschiedenen Schulen wählen können. Die Schulen, so die Theorie, geraten unter Konkurrenzdruck – und das verbessert angeblich deren Qualität. Zu dieser Ideologie gehört, dass „gescheiterte“ Schulen geschlossen werden und vom „Markt“ verschwinden. 20 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 21 „Die guten Charter Schools werden hoffentlich überleben und wachsen, während die schlechten aus dem Geschäft aussteigen. Das ist genau die Art von Wettbewerb, die das öffentliche Schulwesen in Amerika braucht.“14 Geoffrey Canada, Charter School-Betreiber 2.2 Charter Schools und School Choice: Die Förderer und Finanziers In den USA machen inzwischen mehr als 5.000 Charter Schools den öffentlichen Schulen Konkurrenz. Etwa 1,6 Millionen Kinder und Jugendliche, oft aus sozial schwachen Wohnbezirken, lernen hier. Die Charter Schools werden zu 100 Prozent vom Staat finanziert. Sie sind von vielen Auflagen der Schulbehörden, der school districts, befreit.15 Sie dürfen ihre Unterrichtsschwerpunkte frei wählen. Sie können die Zahl der Unterrichtsstunden aufstocken. Und sie allein entscheiden, welche Lehrkräfte sie beschäftigen. Zu den Betreibern gehören Hedgefonds und kommerzielle Unternehmen, aber auch gemeinnützige Vereine sowie Eltern- und Nachbarschaftsorganisationen. Auch Lehrerinnen und Lehrer haben Charter Schools gegründet. Nicht nur US-Präsident George W. Bush förderte diese Art von Privatschulen. Auch Barack Obama unterstützt deren Betreiber. Damit nicht genug: Schwerreiche US-Stiftungen finanzieren die Charter Schools mit Millionen Dollar. Etliche dieser Stiftungen propagieren gleichzeitig School Choice, die freie Schulwahl. Walton Family Foundation Walmart ist ein Gigant – der mit Abstand größte Supermarktbetreiber der USA.16 Ein Arbeitgeber, der nicht gerade als gewerkschaftsfreundlich bekannt ist.17 Die Nachfahren des Gründers Sam Walton besetzen auf 21 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 22 der Forbes-Liste 2010 der reichsten Amerikaner die Plätze 4, 7, 8 und 9.18 Ihr gemeinsames Vermögen wird auf 84 Milliarden US-Dollar geschätzt. Sam Walton und Ehefrau Helen hoben eine Stiftung aus der Taufe – die Walton Family Foundation.19 In 2009 investierte die Stiftung 134 Millionen Dollar in Bildungsprojekte. Schwerpunkt: Die Förderung von Charter Schools und von School Choice-Projekten. Und das seit vielen Jahren. Allein von 1998 bis 2006 habe die Stiftung 150 Millionen Dollar ausgegeben, um 600 Charter Schools ins Leben zu rufen.20 So eine Studie der Nonprofit-Organsiation Education Sector, die in Washington arbeitet. Eli and Edythe Broad Foundation Der Unternehmer Eli Broad machte seine Milliarden in der Baubranche und mit Lebensversicherungen.21 2010 stand er auf Platz 44 der ForbesListe. Geschätztes Vermögen: 5,8 Milliarden US-Dollar. Seine beiden Stiftungen, die Eli and Edythe Broad Foundation und die Broad Art Foundation, besitzen zusammen 2,1 Milliarden Dollar.22 Seit dem Jahr 2000 finanzierte die Broad-Stiftung Charter School-Organisationen mit fast 100 Millionen Dollar.23 Laut eigenen Angaben schuf sie damit 54.000 Schulplätze in 16 US-Städten. Empfänger der Stiftungsmillionen sind unter anderem die Charter-School-Träger KIPP („Knowledge is Power Program“), Aspire, Green Dot und Uncommon Schools. Die Broad-Stiftung fördert auch School Choice. Bill & Melinda Gates Foundation Microsoft-Gründer Bill Gates gilt als zweitreichster Mann der Welt, die Nummer 1 auf der Forbes-Liste 2010 der reichsten Amerikaner. Geschätztes Privatvermögen: 54 Milliarden US-Dollar. Die nach ihm und seiner Frau Melinda benannte Stiftung besitzt 36,7 Milliarden US-Dollar – einschließlich der Milliarden, die US-Investor Warren Buffett (Platz 2 der Forbes-Liste, 45 Milliarden US-Dollar Vermögen) der Gates-Stiftung vermacht hat.24 Damit dürfte die Stiftung zu den weltweit ein22 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 23 flussreichsten gehören. Sie hat 891 Angestellte. Zum Vergleich: Für die Bertelsmann-Stiftung arbeiten rund 300 Festangestellte. Die Gates-Stiftung engagiert sich nicht nur in vielen Ländern in den Bereichen Gesundheit und Armutsbekämpfung. 2009 investierte sie 373 Millionen Dollar, um das US-amerikanische Bildungswesen nach ihren Vorstellungen umzubauen.25 Charter Schools spielen dabei eine wichtige Rolle.26 „Erfolgreiche Charter Schools ... haben die Zuversicht von Lehrenden geweckt, dass Schüler von unterschiedlicher sozialer Herkunft mit der richtigen Unterstützung hohe Niveaus erreichen können.“27 So die Homepage der Gates-Stiftung. Bill Gates gilt als Fan von „Waiting for Superman“. Er sei zum „Evangelisten für diesen Film“ geworden, schreibt das US-Magazin Time.28 Weiterer Schwerpunkt der Gates-Stiftung: Erforschen, wie sich die Leistungen von Lehrkräften messen können („Effective Teaching“).29 Denn Bill Gates fordert, Lehrerinnen und Lehrer nach Leistung zu bezahlen.30 Foundation for Educational Choice Milton Friedman, Vordenker der Neoliberalen, propagierte School Choice bereits im Jahr 1955.31 Damals verfasste er den Aufsatz „The Role of Government in Education“.32 Auch das Gutschein-System im Bildungswesen („voucher“)33 geht auf Friedman zurück. Um die Marktprinzipien im Schulsystem durchzusetzen, gründete der umstrittene Nobelpreisträger zusammen mit seiner Frau Rose die Milton and Rose D. Friedman Foundation.34 Diese Stiftung heißt heute, fünf Jahre nach Friedmans Tod, Foundation for Educational Choice. Sie bekämpft unter anderem die kollektiven Verträge über Gehälter und Sozialleistungen, die US-Gewerkschaften für Lehrkräfte durchsetzen konnten. Auf ihrer Homepage bewirbt sie eine Studie, die einen aufschlussreichen Titel trägt: „Lehrer-Verträge in Ohio. Das Schwarze Loch der Schulausgaben“.35 23 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 24 Die Friedman-Stiftung finanziert PR-Kampagnen, veröffentlicht Broschüren und Aufsätze und sponsert Forschungsarbeiten.36 Sie unterhält, zusammen mit gleichgesinnten Organisationen, ein Büro, das SchoolChoice-Advokaten für Konferenzen und Tagungen vermittelt. 2009 kassierte die Friedman-Stiftung 3,4 Millionen Dollar an Spenden.37 Wie hoch ihr Vermögen ist, darüber gibt die stiftungseigene Homepage keine Auskunft. Cato Institute Das neoliberale Cato Institute gehört zu den einflussreichsten Denkfabriken in den USA. Motto: „Individuelle Freiheit, Freie Märkte und Frieden.“38 Das Institut mit Sitz in Washington unterhält ein Center for Educational Freedom, das sich für freie Schulwahl einsetzt. Es vergibt einen nach Milton Friedman benannten Preis. Mitgründer des Cato Institute ist der US-Milliardär Charles G. Koch (Platz 5 der Forbes-Liste 2010 der reichsten Amerikaner).39 Dessen Charitable Foundation gehört zu den wichtigen Finanziers der Denkfabrik. David H. Koch (ebenfalls Platz 5 der Forbes-Liste), der Bruder von Charles, sitzt im Board of Directors des Institutes.40 Wie die ZEIT berichtet, gehören die schwerreichen Koch-Brüder zu den Finanziers der rechtslastigen Tea Party-Bewegung.41 „Gewerkschaften ... setzen sich dafür ein, dass die Ausgaben der Regierung allgemein steigen ... Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes gehören zu den einflussreichsten spezial interest groups des Landes.“42 Chris Edwards, Direktor des Cato Institute Goldman Sachs Group Inc. Stattliche 20 Millionen Dollar spendete die Wohltätigkeitsorganisation Goldman Sachs Gives an Harlem Children’s Zone (HCZ), die in New 24 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 25 York City mehrere Charter Schools betreibt.43 Das wurde im September 2010 bekannt. Harlem Children’s Zone baut mit dem Geld ein neues Schulgebäude, das auch ein Gemeindezentrum beherbergen soll. Ab Herbst 2012, so der Plan, unterrichtet die Charter School hier 1.200 Schülerinnen und Schüler. Die neue Schule verfügt laut Betreiber über 52 Klassenräume, drei naturwissenschaftliche Labors, zwei Bibliotheken, zwei Kunsträume, ein Computerlabor, Cafeteria, Tanzsaal, FitnessCenter, Musikzimmer und Dachterasse. Goldman Sachs Gives wird von der US-Großbank Goldman Sachs44 und ihren Partnern finanziert. Die Goldman-Sachs-Organisation gab im September 2010 bekannt, dass sie auch eine Leadership Academy aufbauen wird. Die bietet Zweitageskurse für die Chefs jener Gemeinden an, die Geld aus dem Promise Neighborhood-Programm von US-Präsident Barack Obama erhalten. Obama unterstützt mit diesem Programm den Aufbau weiterer Charter Schools. Zum Kuratorium (Board of Trustees) der Harlem Children’s Zone gehört Gary D. Cohn, Präsident von Goldman Sachs.45 Vorsitzender des Kuratoriums ist der Milliardär und ehemalige Hedgefonds-Manager Stanley F. Druckenmiller.46 Teach for America Teach for America (TFA) ist eine nicht gewinnorientierte New Yorker Organisation, gegründet 1990. TFA schickt Uni-Absolventen aller Fachrichtungen, die hervorragende Abschlüsse erzielt haben, für zwei Jahre an Brennpunktschulen.47 Das Konzept: Die Jungakademiker fördern als eine Art Hilfslehrer benachteiligte Mädchen und Jungen. Dadurch beweisen sie soziales Engagement. Was Pluspunkte bei vielen Unternehmen bringt, also mittelfristig der Karriere dient. 25 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 26 Derzeit sind mehr als 8.200 TFA-Hilfslehrkräfte an US-Schulen zu finden.48 20.000 Ehemalige zählt die Organisation. 65 Prozent dieser „alumni“ engagieren sich weiter im Bildungswesen, vor allem als Lehrer, aber auch als Schulleiter oder Mitarbeiter in Schulbehörden, berichtet TFA.49 Teach for America unterstützt die Charter School-Bewegung.50 Zwei ehemalige TFA-Hilfslehrer gründeten KIPP, eine Organisation, die inzwischen 99 Charter Schools betreibt und als Vorreiterin der Bewegung gilt.51 Zum National Boards of Directors der in New York beheimateten Organisation gehören Hochschullehrer, der Präsident des konservativen Aspen Institute, Vertreter von US-Stiftungen und von großen Unternehmen – von McKinsey über Kraft Foods bis zur Sony Corporation.52 Teach for America bekam Millionenbeträge von der Walton Family-Stiftung53, der Broad-Stiftung und der Gates-Stiftung. 26 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 27 Quellen 1 http://film.waitingforsuperman.com/synopsis, 10.1.2011 2 Die OECD empfiehlt zum Beispiel, „...den Schulen die Autonomie einzuräumen, selbst zu entscheiden, wie Bildungsziele zu erreichen sind, und die Lehrkräfte für die Bildungsergebnisse zur Rechenschaft zu ziehen“; sie macht sich ferner stark für „den verstärkten Einsatz finanzieller Anreize für gute Lehrerleistungen...“ und fordert die „Weiterbildung der Schulleiterinnen und Schulleiter als effektive Führungskräfte“; zitiert nach: Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Policy Brief, Wirtschaftsbericht Deutschland, 2008, Seite 8; zum Herunterladen unter: www.oecd.org/dataoecd/26/34/40376916.pdf; 30.3.2011; siehe auch: OECD, PISA 2009 Results: What Makes a School Successful? Ressources, Policies and Practices, Vol. IV, 2010, Seite 105 3 Kritik am Film übt auch: Elizabeth Dutro, Review of Waiting for Superman, National Education Policy Center, University of Colorado, 2011; http://nepc.colorado.edu/thinktank/review-waiting-superman; 25.2.2011 4 http://www.nytimes.com/2010/09/30/opinion/30collins.html?ref=charterschools, 10.1.2011 5 dazu und zum Folgenden: Diane Ravitch, The Death and Life of the Great American School System, Seite 174, New York City, 2010 6 http://www.nea.org/home/1704.htm; 29.3.2011 7 http://www.aft.org/about/, 18.2.2011 8 http://www.uft.org/who-we-are/union-basics, 18.2.2011; die UFT kooperiert heute nicht nur mit der AFT, sondern auch mit der New York State United Teachers (NYSUT), die 600.000 Mitglieder hat 9 dazu und zum Folgenden: Cornelia Girndt, New Yorks machtvolle Lehrergewerkschafter, in: Mitbestimmung. Magazin der Hans-Böckler-Stiftung, 11/2010 10 vgl. Lee Ferguson, Review: Waiting for Superman, in: CBC News; http://www.cbc.ca/arts/film/story/2010/10/01/waiting-for-superman-review.html, 10.1.2011 11 Valerie Strauss, Why Waiting for Superman premiere was chilling, in: Washington Post, 16.9.2010; http://voices.washingtonpost.com/answer-sheet/dc-schools/achilling-premiere-of.html. 4.2.2011 12 Karl Weber (Editor), Waiting for Superman. How we can save America’s Failing Public Schools, New York City, 2010, Seite 7 27 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 28 13 Karl Weber (Editor), Waiting for Superman. How we can save America’s Failing Public Schools, New York City, 2010, Seite 6f 14 Geoffrey Canada, Bringing Change to Scale: The Next Big Reform Challenge, in: Waiting for Superman. How we can save America’s Failing Public Schools, New York City, 2010, Seite 197 15 Diane Ravitch, The Death and Life of the Great American School System, Seite 126 16 http://walmartstores.com/AboutUs/297.aspx, 13.1.2011 17 vgl. http://www.bloomberg.com/news/2010-07-22/wal-mart-cracks-chicago-marketby-splitting-unions-from-non-union-workers.html; 18.3.2011 18 http://www.forbes.com/forbes-400/, 11.3.2011 19 http://www.waltonfamilyfoundation.org/aboutus/index.asp, 13.1.2011 20 Bryan, C. Hassel/ Thomas Toch, Connecting the Dots. Big Box: How the Heirs of the Wal-Mart-Fortune Have Fueled the Charter School Movement, November 2006, Seite 5 21 http://www.broadfoundation.org/about_broads.html, 13.1.2011 22 23 dazu und zum Folgenden: The Broad Foundations 2009/10 Report, Seite 10, zum Herunterladen unter: http://www.broadeducation.org/news/biannualreport.html, 13.1.2011 24 Bill & Melinda Gates Foundation, Foundation Fact Sheet, zum Herunterladen unter: http://www.gatesfoundation.org/about/Pages/foundation-fact-sheet.aspx, 13.1.2011 25 Bill & Melinda Gates Foundation. 2009 Annual Report, Seite 12, zum Herunterladen unter: http://www.gatesfoundation.org/annualreport/2009/Pages/overview.aspx, 13.1.2011 26 http://www.gatesfoundation.org/college-ready-education/Pages/charter-schoolsnetworks.aspx, 13.1.2011 27 http://www.gatesfoundation.org/college-ready-education/Pages/charter-schoolsnetworks.aspx, 13.1.2011 28 Amanda Ripley, Waiting for Superman: A Call to Action for Our Schools, in: Online-Ausgabe des US-Magazins Time, 23.9.2010; http://www.time.com/time/specials/packages/article/0,28804,2019663_2020590_2020592,00.html, 10.1.2011 29 28 http://www.broadfoundation.org/about_broads.html, 13.1.2011 http://www.gatesfoundation.org/Pages/home.aspx, 13.1.2011 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 29 30 http://www.gatesfoundation.org/speeches-commentary/Pages/bill-gates-2010ccsso.aspx, 13.1.2011 31 http://www.edchoice.org/About-Us/Mission—-History.aspx, 13.1.2011 32 http://www.schoolchoices.org/roo/fried1.htm, 13.1.2011 33 siehe Privatisierungsreporte Nr. 4, Seite 42f, Nr. 5, Seite 31 und Nr.7, Seite 17f. 34 http://www.edchoice.org/About-Us/Our-Founders.aspx, 13.1.2011 35 Education Action Group, Ohio teacher contracts: The black hole of school spending, Frühjahr 2010, zum Herunterladen unter: http://www.edchoice.org/Research/Reports/Ohio-teacher-contracts—The-black-hole-of-school-spending.aspx, 13.1.2011 36 http://www.edchoice.org/Foundation-Services/What-We-Do.aspx, 13.1.2011 37 The Foundation for Educational Choice, 2009 Year in Review, zum Herunterladen unter: http://www.edchoice.org/About-Us/Annual-Review.aspx, 13.1.2011 38 http://www.cato.org/, 21.1.2011 39 http://www.forbes.com/forbes-400/#p_1_s_arank_-1_; 11.3.2011 40 http://www.cato.org/people/directors.html, 21.1.2011 41 Heike Buchter, Big Brothers. Die milliardenschweren Koch-Brüder halfen mittelbar der Tea-Party-Bewegung auf die Beine, in: DIE ZEIT, 28.10.2010 42 Chris Edwards, Public Sector Unions and the Rising Costs of Employee Compensation, Seite 112zum Herunterladen unter: www.cato.org/pubs/journal/cj30n1/cj30n1-5.pdf, 21.1.2011 43 dazu und zum Folgenden: Harlem Children’s Zone, Harlem Children’s Zone Receives 20 Million Dollar Contribution From Goldman Sachs Gives…., Pressemitteilung vom 16.9.2010, zum Herunterladen unter: www2.goldmansachs.com/citizenship/gsg/hcz-press-release.pdf , 17.1.2011 44 vgl. Privatisierungsreport Nr. 10, Seite 14 45 http://www2.goldmansachs.com/our-firm/our-people/leadership/board-ofdirectors.html#GaryD.Cohn, 17.1.2011 46 http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2010/08/20/ AR2010082006322.html, 17.1.2011 47 http://www.teachforamerica.org/the-corps-experience/our-corps-members/, 4.2.2011 29 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 30 48 http://www.teachforamerica.org/about-us/history/, 4.2.2011 49 http://www.teachforamerica.org/after-the-corps/alumni-careers/, 4.2.2011 50 beispielhaft: Teach for America and Building Excellent Schools. Partners in charter school recreation; zum Herunterladen unter: http://www.teachforamerica.org/searchresults.html?cx=004151454005537680908 %3Aprl3pdigac0&cof=FORID%3A10%3BNB%3A1&ie=UTF8&q=Charter+Schools, 4.2.2011 51 http://www.teachforamerica.org/searchresults.html?cx=004151454005537680908 %3Aprl3pdigac0&cof=FORID%3A10%3BNB%3A1&ie=UTF-8&q=KIPP, 4.2.2011 52 53 30 http://www.teachforamerica.org/about-us/boards/, 4.2.2011 http://www.teachforamerica.org/about-us/donors/#matthew-kramer, 4.2.2011 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 31 3. USA: Wie Gewerkschaften und unabhängige Bildungsexperten gegenhalten 3.1 Kritik an Charter Schools und School Choice Die Charter School-Bewegung verhalte sich zunehmend gewerkschaftsfeindlich, warnt die US-Bildungswissenschaftlerin Diane Ravitch.1 „Betreiber wollen Lehrkräfte nach Belieben heuern und feuern“, schreibt Ravitch. Sie strebten an, Lehrkräfte nach Leistung zu bezahlen („merit pay“). Und sie versuchten, längere Arbeitszeiten durchzusetzen. Allen voran: Die KIPP-Betreiber.2 „KIPP-Schulen bieten 60 Prozent mehr Unterrichtszeit als öffentliche Schulen“, berichtet Diane Ravitch.3 Mädchen und Jungen lernen neuneinhalb Stunden am Tag. Auch samstags wird unterrichtet. Und die Sommerferien dauern lediglich drei Wochen. Entsprechend viele Stunden müssen die Lehrkräfte unterrichten. Was auf Widerstand stößt – die Lehrerfluktuation sei groß, berichtet Ravitch. Auch viele Schüler halten das stramme Programm nicht durch. 60 Prozent der KIPP-Schüler, die in der 5. Klasse starteten, verlassen die Schule zum Ende der 8. Klasse.4 So das Ergebnis einer Studie für den Großraum San Francisco. Die Befürworter betonen gern, dass die Gründung von Charter Schools für Wettbewerb sorgt. Öffentliche Schulen müssten sich dann anstrengen und gute Leistungen bringen, damit sie für Eltern und deren Nachwuchs attraktiv bleiben. So die Theorie. Doch wie misst man die Qualität von Schulen? Durch standardisierte Tests, sagen die Befürworter. Wir ermitteln regelmäßig die Schülerleistungen in Lesen und Mathematik – und veröffentlichen die Ergebnisse. Unabhängige Bildungsfachleute halten dieses Konzept für wenig hilfreich. „Ein verkürzter Bildungsbegriff “, kritisiert die GEW. Fächer wie Naturwissenschaften, Geschichte, Kunst, Musik oder Sport spielen zudem keine oder alleinfalls eine untergeordnete Rolle; sie werden von den Tests zumeist nicht erfasst. Auch soziale Kompetenzen wie Teamfähigkeit, die in der Schule erlernt werden, bleiben außen vor. 31 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 32 US-Schauspieler Matt Damon hält nichts von Charter Schools „Obamas Leute preisen Charterschulen als die Lösung der Probleme.Alle Pädagogen laufen Sturm gegen dieses Konzept. Das Beispiel von der Schule meines Freundes: Die Charterschule produziert keinen besseren Notendurchschnitt, die Kinder erzielen später keine besseren Ergebnisse am College.Aber sie haben die besten Computer und feinste Möbel, und zu Thanksgiving hatte die Charterschule in der Lobby einen Tresen aufgebaut, wo Truthahn an die Schüler verteilt wurde. Die Kinder der öffentlichen Schule gingen vorbei und bekamen nichts ab.“5 Matt Damon im Interview mit dem Magazin der Süddeutschen Zeitung, Frühjahr 2011 Viele Pädagogen und Bildungsfachleute halten nichts von School Choice. Schulen sollten zusammenarbeiten, sich austauschen, statt gegeneinander zu konkurrieren, lautet ihr Argument. Außerdem könnten Charter Schools Sonderregelungen nutzen. So hätten sie das Recht, Schüler abzuweisen – im Gegensatz zu public schools. Kinder aus Einwandererfamilien, die wenig Englisch sprechen, sind deshalb unterrepräsentiert, belegen Studien.6 Für Empörung sorgt zudem, dass neue Charter Schools oftmals die besonders begabten und fleißigen Mädchen und Jungen abziehen. Schüler, die dann an den public schools fehlen. Der Wettbewerb schwächt also das öffentliche Schulsystem. 32 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 33 Lehrer in den USA beobachten, dass der Hunger in den Schulklassen zunimmt „Zwei Drittel aller Lehrkräfte in den USA sagen, dass sie Schüler in der Klasse haben, die regelmäßig zu hungrig in die Schule kommen, um lernen zu können. Dies zeigt eine neue Studie ... Lehrer erklären, dass sich dieses Problem verschlimmert hat ... Drei von fünf Lehrkräften berichteten, dass sie Lebensmittel für ihre Klassen aus eigener Tasche bezahlen, wofür sie im Durchschnitt 25 Dollar im Monat ausgeben.“7 Meldung der American Federation of Teachers, Februar 2011 Charter Schools verursachen zudem Unsicherheit. So ging 2004 der große Betreiber California Charter Academy (CCA) pleite.8 6.000 Schülerinnen und Schüler standen Anfang des Schuljahres vor verschlossenen Türen. 2007 wurden zwei CCA-Verantwortliche verhaftet – wegen des Verdachts, öffentliche Gelder in Millionenhöhe veruntreut zu haben.9 Und wie steht es mit der Qualität? Die sei höchst unterschiedlich, berichtet Diane Ravitch mit Blick auf zahlreiche Untersuchungen. „Einige sind exzellent, einige sind schauerlich, und die meisten irgendwo dazwischen.“10 Neoliberale Tea-Party-Bewegung bekämpft die Lehrergewerkschaften „Komm raus! Komm raus!“. Zornige Demonstranten riefen am 16. Februar dieses Jahres nach Scott Walker, dem republikanischen Gouverneur des US-Bundesstaates Wisconsin.11 Doch der versteckte sich hinter verschlossenen Türen, im Capitol der Hauptstadt Madison. Mehr als zehntausend Beschäftigte des 33 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 34 öffentlichen Dienstes, darunter viele Lehrkräfte, protestierten in Madison tagelang gegen Walkers Sparpläne.12 Der frisch gewählte Regierungschef hatte angekündigt, die Beiträge für Krankenversicherung und Altersvorsorge per Gesetz drastisch anzuheben. Was für Lehrerinnen, Feuerwehrleute und Krankenpfleger heißt: Monatlich sieben Prozent weniger im Portemonnaie. Gleichzeitig plante der Republikaner, der von der rechtslastigen Tea-Party-Bewegung unterstützt wird, die Gewerkschaften des öffentlichen Sektors zu schwächen.Walker will deren Rechte beschneiden, Löhne und Sozialleistungen für ihre Mitglieder auszuhandeln. „Wir haben keine Wahl“, erklärte Scott Walker mit Blick auf das Defizit von 3,6 Milliarden Dollar, das dem Haushalt Wisconsins in den kommenden beiden Jahren voraussichtlich droht. „Wir sind pleite.“ Aber Gelder für Steuergeschenke an Unternehmen und die Milliar-denhilfen für Wall Street-Banken seien vorhanden, entgegneten Demonstranten.Wisconsin ist ein Staat, in dem starke Gewerkschaften eine lange Tradition haben, berichtete die New York Times. Hat Gouverneur Scott Walker hier Erfolg, könnte der Angriff auf den öffentlichen Dienst und seine Gewerkschaften in anderen republikanisch geführten Bundesstaaten Nachahmer finden. Entsprechend groß fiel der Widerstand aus. Demonstranten übernachteten vor dem Capitol. Diane Ravitch erklärte ihre Solidarität. Filmemacher Michael Moore eilte nach Madison, um die Demonstranten zu unterstützen.13 Doch umsonst: Am 9.März trennten die Republikaner das Gesetzespaket auf – und peitschten den Teil, der die Gewerkschaften schwächt, durch’s Parlament.14 Angestellte des öffentlichen Dienstes, Gewerkschafter und Studierende kündigten US-weite Proteste an.15 Derweil geraten Lehrkräfte und ihre Gewerkschaften in immer mehr Bundesstaaten unter Beschuss.16 So beabsichtigt Florida 34 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 35 nach Gewerkschaftsangaben, seine Bildungsausgaben um 10 Prozent zu senken, 44.000 Lehrkräfte stehen vor dem Rausschmiss.17 Gleichzeitig stimmte der Senat Floridas für ein Gesetz, das ein neues Bezahlsystem für Lehrkräfte einführt. Die Höhe des Lehrergehaltes richtet sich künftig danach, wie die Schüler bei standardisierten Tests abgeschnitten haben. Das Entlassen von Lehrkräften wird vereinfacht. Lehrkräfte, die neu eingestellt werden, erhalten nur noch Ein-Jahres-Verträge.18 In Idaho sorgte die Regierung per Gesetz dafür, dass Gewerkschaften künftig nicht mehr über Klassengrößen oder Arbeitsbelastung verhandeln dürfen.19 Gleichzeitig können Lehrerinnen und Lehrer auch in Idaho künftig schneller entlassen werden. Die Laufzeit von Lehrer-Arbeitsverträgen wird ebenfalls auf ein Jahr beschränkt.20 Der Senat von Oklahoma ließ Ende März ein Gesetz passieren, dass das Feuern von Lehrern vereinfacht.21 Auch in Michigan und Ohio planen republikanische Politiker, die Zuständigkeiten der Lehrergewerkschaften zu beschneiden.22 Überall lautet die offizielle Begründung: Der öffentliche Dienst müsse sparen, die Staatsschulden seien erdrückend. 3.2 Kritik an der Rolle der US-Stiftungen „Club der Milliarden-Boys“ nennt Diane Ravitch die schwerreichen US-Stiftungen.23 Deren Einfluss auf das amerikanische Schulsystem sei enorm, sagt die New Yorker Professorin. Sie bestimmten die politische Agenda nicht nur für Schuldistrikte, sondern auch für das US-Bildungsministerium. Gleichzeitig seien die Stiftungen „fundamental antidemokratisch“. Wenn der Wähler deren Reformprogramm ablehnt, könne er die Stiftungen nicht abwählen. „Die Stiftungen verlangen, dass öffentliche Schulen und Lehrkräfte Rechenschaft über ihre Leistungen 35 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 36 ablegen“, betont Ravitch. „Aber sie selbst sind niemandem Rechenschaft schuldig.“ Ein Thema, das US-Massenmedien am liebsten nicht antasten.24 Auch amerikanische Hochschullehrer und Forscher tun sich schwer, die superreichen „foundations“ zu kritisieren. Zu groß sei deren Furcht, ihre Universität könnte künftig bei der Vergabe von Stiftungsmitteln leer ausgehen. Das habe in den USA zu einer „Verschwörung des Schweigens“ geführt. Bill Gates stößt auf Widerspruch „Warum gibt es da einen Mann, der entscheidet, was in Tausenden Schulen überall im Land passiert – und Millionen von Eltern und Lehrern und Kindern haben keine Stimme?“25 Kommentar von Leonie Haimson am 13.12.2010 auf der Homepage der Gates-Stiftung 36 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 37 Quellen 1 Diane Ravitch,The Death and Life of the Great American School System, Seite 124 2 http://www.kipp.org/, 4.2.2011 3 Diane Ravitch, The Death and Life of the Great American School System, Seite 135 4 Diane Ravitch, The Death and Life of the Great American School System, Seite 136 5 Lars Jensen, „Erziehungsratgeber?“, Interview mit Matt Damon, in: Magazin der Süddeutschen Zeitung, Heft 6/2011; http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/ anzeigen/35343/1/1, 15.2.2011 6 vgl. Bruce D. Baker, Richard Ferris, Adding Up The Spending: Fiscal Disparities and Philanthropy Among New York City Charter Schools, National Education Policy Center, University of Colorado, 2011; http://nepc.colorado.edu/publication/NYC-charter-disparities, 25.2.2011 7 http://www.uft.org/news-briefs/teachers-see-hunger-growing-classrooms; 4.4.2011 8 Sam Dillon, Collapse of 60 Charter Schools Leaves Californians Scrambling, New York Times, 17.9.2004; http://www.nytimes.com/2004/09/17/education/17charter.html?_r=1; 11.3.2011 9 http://www.cde.ca.gov/nr/ne/yr07/yr07rel113.asp; 11.3.2011 10 Diane Ravitch, The Death and Life of the Great American School System, Seite 138 11 Monica Davey und Steven Greenhouse, Angry Demonstrations in Wisconsin as Cuts Loom, New York Times, 16.2.2011; http://www.nytimes.com/2011/02/17/ us/17wisconsin.html?_r=1; 25.2.2011 12 http://www.ei-ie.org//en/news/show.php?id=1535&theme=rights&country=usa; 25.2.2011 13 Michael Moore, Amerika ist nicht pleite, in: Junge Welt, 10.3.2011; http://www.jungewelt.de/2011/03-10/015.php?sstr=Wisconsin; 15.3.2011 14 Dorothea Hahn, Gewerkschaften mobilisieren, in: taz, 11.3.2011, http://www.taz.de/1/politik/amerika/artikel/1/gewerkschaften-mobilisierenmassiv/, 15.3.2011 15 siehe auch: It’s Not Over in Wisconsin, in: New York Times, 10.3.2011; http://www.nytimes.com/2011/03/11/opinion/11fri2.html?_r=1; 15.3.2011 16 http://www.aft.org/newspubs/periodicals/at/feature.cfm; 5.4.2011 37 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 38 17 http://www.reuters.com/article/2011/03/24/us-florida-teachers-idUSTRE72N7 K320110324; 5.4.2011 19 http://www.uft.org/news-briefs/idaho-guts-teachers-union-rights; siehe auch: Betsy Z.Russel, Idaho moves to strip collective bargaining rights form teachers, in: The Spokesmen-Review; http://www.spokesman.com/stories/2011/mar/08/idaho-mo ves-strip-collective-bargaining-rights-tea/; 4.4.2011 20 http://www.reuters.com/article/2011/03/09/us-usa-unions-states-idUSTRE7280 BS20110309; 5.4.2011 21 http://www.reuters.com/article/2011/04/01/us-oklahoma-teachers-idUSTRE7300 KM20110401; 5.4.2011 22 http://www.uft.org/news-briefs/teachers-see-hunger-growing-classrooms; 4.4.2011 23 dazu und zum Folgenden: Diane Ravitch, Seite 197ff 24 Frederick M.Hess, Einführung zu: With the Best of Intentions: How Philanthropy Is Reshaping K-12 Education, Cambridge, 2005 25 38 http://stoptheattackonteachers.org/; 5.4.2011 18 http://www.gatesfoundation.org/speeches-commentary/Pages/bill-gates-2010ccsso.aspx, 13.1.2011 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 39 4. England:1 Wie neoliberale Politiker und Stiftungen das öffentliche Bildungswesen beschneiden 4.1 Kurze Chronologie 6. Mai 2010. Die britischen Konservativen, die Tories, gewinnen die Parlamentswahlen. Sie bilden eine Koalition mit den Liberaldemokraten. David Cameron, Chef der Konservativen, wird neuer Premierminister. Er ist Jahrgang 1966, Sohn eines wohlhabenden Börsenmaklers und mit der Queen verwandt.2 6. Oktober 2010. David Cameron kündigt einen rigorosen Sparkurs an. Die Lage der öffentlichen Haushalte sei „katastrophal“. Seine Regierung plant, in den kommenden fünf Jahren umgerechnet 91 Milliarden Euro einzusparen.3 Vor allem durch Kürzungen im öffentlichen Dienst. Diese Einschnitte seien volkswirtschaftlich fatal, vernichteten bis 2015 rund 600.000 Jobs im öffentlichen Dienst und 700.000 Jobs in der Privatwirtschaft, betonen Gewerkschafter.4 „Die unabhängige Work Foundation hat gezeigt, dass die Einschnitte im öffentlichen Dienst dort die größten Auswirkungen haben werden, wo die Privatwirtschaft am schwächsten ist.“5 National Union of Teachers, What Teachers need to know about the cuts, Winter 2010 10. November 2010: Aus Protest gegen die enorme Erhöhung der Studiengebühren demonstrieren 52.000 Studenten in London.6 Die Regierung will den Unis erlauben, künftig umgerechnet bis zu 9.000 Pfund (10.300 Euro) im Jahr zu kassieren.7 Am Rande der Demonstration stürmen Vermummte die Parteizentrale der Tories. Sie werfen Fensterscheiben ein und entfachen ein Feuer vor dem Gebäude. Die Polizei räumt das Gebäude und nimmt 35 Demonstranten fest. „Die drastische Erhöhung der Studiengebühren geht mit einer Streichung der Regie39 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 40 rungszuschüsse in den Geistes- und Sozialwissenschaften einher“, berichtet die Neue Zürcher Zeitung (NZZ).8 24. November 2010. Das Bildungsministerium veröffentlicht – „im Auftrag Ihrer Majestät“ – das Weißbuch „The Importance of Teaching“.9 Das Weißbuch enthält den Fahrplan für den radikalen, markorientierten Umbau des öffentlichen Schulwesens. Eine Blaupause für weitere Privatisierung. 4.2 Das Weißbuch „The Importance of Teaching“ Bildungsminister Michael Gove erklärt, Englands Schulen sollten sich in „Motoren für soziale Mobiliät“ wandeln. Es gelte, so Gove, arme Schülerinnen und Schüler stärker zu fördern, damit diese hohe Bildungsabschlüsse erreichten. Premierminister David Cameron und sein Vize Nick Clegg beklagen zudem, dass Englands Schüler bei den PISATests 2006 deutlich schlechter abschnitten als bei PISA 2000.10 Eine umfassende Schulreform sei deshalb erforderlich, findet die britische Regierung. Das Weißbuch sieht folgende Projekte vor: q Damit Kinder aus armen Familien bessere Bildungschancen haben, verspricht die Regierung, im Jahr 2011/12 insgesamt 625 Millionen Pfund zusätzlich zu investieren.11 Dieser Betrag steige pro Jahr, bis er 2014/15 bei 2,5 Milliarden Pfund liegt. Ein Programm, das Bildungsminister Gove „Pupil Premium“ getauft hat. Dieses Geld werde „ärmeren Kindern an die Schule folgen, die sie besuchen.“12 q Das Programm zugunsten der Academies wird „dramatisch“ ausgeweitet.13 Academies sind, ähnlich wie Charter Schools, private Schulen, die kein Schulgeld verlangen und vom Staat finanziert werden.14 Für zusätzliche Einnahmen sorgen Sponsoren. Academies arbeiten weitgehend autonom.15 Das heißt, die lokalen Schulbe40 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 41 hörden verlieren ihre Zuständigkeit. Die Schulleiter dürfen eigene Lehrpläne festlegen sowie die Gehälter und Arbeitszeiten der Lehrkräfte bestimmen.16 Oftmals sind Academies aus öffentlichen Schulen hervorgegangen, die wiederholt schlechte Testergebnisse erzielt hatten. Das Regierungsprogramm zeigt bereits Wirkung: Allein von August 2010 bis November 2010 entschieden 80 Schulen, sich in Academies zu verwandeln.17 Deren Gesamtzahl lag im Januar 2011 bei 407.18 Die britische Regierung will allen Schulen ermöglichen, den Academy-Status anzunehmen. „Lehrergewerkschaften töten Innovation“ Geoffrey Canada, Gallionsfigur der US-Charter-SchoolBewegung, sprach als Gastredner auf dem Tory-Parteikongress im Oktober 2010.19 Das berichtet die britische Tageszeitung Guardian. Der Leiter von Harlem Children’s Zone riet den Konservativen, mit den Lehrergewerkschaften aufzuräumen. „Geoffrey Canada warnt Michael Gove: Lehrergewerkschaften töten Innovation“, schreibt Guardian. q „Wir wollen Lehrer, Wohlfahrtsorganisationen, Elterngruppen, Glaubensgruppen und andere unterstützen, neue Schulen zu eröffnen“.20 Vorausgesetzt, es bestehe eine „klare Nachfrage“. So steht es im Weißbuch. Gemeint sind „Free Schools“, vom Staat finanzierte Freie Schulen, denen die Behörden noch mehr Freiheiten als Academies einräumen. Free Schools können entscheiden, ob sie qualifizierte Lehrkräfte einstellen oder Aushilfskräfte.21 Sie dürfen eigene Lehrpläne entwickeln. Sie haben die Möglichkeit, Räume in leerstehenden Ladenlokalen, Büros oder Fabriken zu nutzen. Was heißt: Bauvorschriften, die für staatliche Schulen gelten, sind außer Kraft. 41 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 42 q Die Bürokratie wird für alle Schulen massiv reduziert. q Herausragende Schulen erhalten eine größere Rolle beim Ausbilden von Lehrkräften. „So wie unsere besten Krankenhäuser neue Ärzte und Krankenschwestern ausbilden.“ q Schulleiter erhalten die Möglichkeit, sich leichter von Lehrkräften zu trennen.22 q Die Investitionen in das „fantastische Teach- First-Programm“23 steigen um 100 Prozent. Teach First ist der britische Ableger von Teach for America. Eine gemeinnützige Organisation, die hochqualifizierte und persönlich geeignete Hochschulabsolventen in Brennpunktschulen schickt. Dort unterstützen sie Lehrkräfte, unterrichten zuweilen selbst. Das Weißbuch bezeichnet sie als „Lehrer“.24 Eine „sehr effektive Organisation des Dritten Sektors, die von der Wirtschaft und von der Regierung unterstützt wird“, heißt es im Weißbuch. Die Zahl der englischen Teach First-Lehrer steigt laut Planung von 560 pro Jahr auf 1.140 pro Jahr. q Teach First wird beauftragt, ein Programm namens Teach Next aufzulegen.25 Das richtet sich an talentierte Berufstätige, die in den Lehrerberuf wechseln möchten. Diese erhalten die Möglichkeit, eine Kurzausbildung zu durchlaufen. Im September 2013, so das Weißbuch, beginnen um die 200 „hochtalentierte Karrierewechsler“ an den Schulen. q Ein neues Programm der britischen Regierung richtet sich an ehemalige Armee-Angehörige, die künftig an Schulen unterrichten möchten.26 42 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 43 „Wir werden ehemalige Armee-Angehörige ermutigen, Lehrer zu werden, in dem wir ein „Truppen zu Lehrern“Programm („Troops to Teachers“) entwickeln. Das wird Ex-Soldaten unterstützen, die sich zum Lehrer ausbilden lassen.“27 Weißbuch des Englischen Bildungsministeriums, November 2010 Universitäten sollen prüfen, wie sie eine verkürzte Ausbildung für Ex-Soldaten mit „relevanten Erfahrungen und Kenntnissen“ anbieten können. Teach Next soll mit den früheren Army-Mitgliedern zusammenarbeiten. Ein Vorhaben, dass an den preußischen Schuldienst des 18. Jahrhunderts erinnert. Als auch altgediente Soldaten im Klassenzimmer wirkten. Eine Geschichte aus dem Preußen des ausgehenden 18. Jahrhunderts In einem pommerschen Dorf war eine Lehrerstelle zu besetzen. Zur Wahl stellten sich fünf Kandidaten – ein Schuster, ein Weber, ein Schneider, ein Kesselflicker und ein Unteroffizier. Dorfpfarrer und Gemeindevorstand entschieden sich für den Weber, obwohl der nur schlecht lesen und schreiben konnte. Und warum? Weil Pfarrer und Gemeindevorstand den drei übrigen Handwerkern gar nichts zutrauten. Und bei dem Unteroffizier hatten sie den Verdacht, dass er die Schulkinder über Gebühr mit dem Stock traktieren könnte. Rainer Bölling, Sozialgeschichte der deutschen Lehrer, Göttingen 198328 43 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 44 4.3 Wer Academies und Free Schools betreibt und unterstützt The Aldridge Foundation Gegründet 2006 von Rod Aldridge, dem Gründer und langjährigen Chef der Capita Group.29 Laut Sunday Times Rich List 2010 besitzt Aldridge ein Vermögen von 110 Millionen Britischen Pfund.30 Capita ist nach eigenen Angaben das größte Outsourcing-Unternehmen in Großbritannien.31 Der Konzern erledigt Dienstleistungen im Auftrag von Gemeinden, managt die Pensionszahlungen für Lehrkräfte und hilft Versicherungskonzernen, Verwaltungsaufgaben nach Indien zu verlagern.32 Die Aldridge-Stiftung unterstützt laut Homepage vier Academies. Mit zwei Millionen Britischen Pfund sponserte Stifter Rod Aldridge beispielsweise die Darwen Aldridge Community Academy in Lancashire.33 Essa Foundation Die Essa Foundation unterstützt im englischen Bolton, gemeinsam mit dem Bolton Council, die Essa Academy. Die Academy besteht seit Januar 2009. Mehr als 50 Prozent der Schüler haben indische oder pakistanische Wurzeln.34 Laut Imagebroschüre ist sie spezialisiert auf „Naturwissenschaften, Fremdsprachen, kombiniert mit starkem Geschäftsund Unternehmens-Ethos.“35 Edge Foundation Die britische Stiftung betrachtet sich als unabhängige Einrichtung, die Bildungsprojekte fördert.36 An ihrer Spitze steht Lord Kenneth Baker, der unter Margaret Thatcher Bildungsminister war.37 Die Edge-Stiftung sponsert Academies in Milton Keynes, Nottingham und Telford.38 Wolfson Foundation Gegründet 1955, steckt die Stiftung pro Jahr rund 30 Millionen Britische Pfund in wohltätige Projekte.39 Das Geld fließt in die Bereiche Wissen44 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 45 schaft und Medizin, Bildung und Kunst. Laut National Union of Teachers (NUT), der englischen Gewerkschaft für Lehrkräfte, kommt auch die John Cabot Academy in South Gloucestershire in den Genuss von Stiftungsgeldern. Absolute Return for Kids (ARK) Absolute Return for Kids ist der Name einer internationalen Wohltätigkeitsorganisation, die seit 2002 existiert.40 Zur Führungsmannschaft gehört Arpad A. Busson, millionenschwerer Hedgefonds-Manager.41 Mit dabei sind weitere Männer, die in der Finanzindustrie Karriere machten. Darunter Stanley Fink, der ein geschätztes Vermögen von 100 Millionen Britischen Pfund besitzt.42 ARK betreibt acht Academies, die 4.400 Kinder und Jugendliche unterrichten.43 Nach Angaben von NUT gehört ARK auch zu den Betreibern von Free Schools, etwa in Westminster. Sonstige Träger und Unterstützer Unter den Academy-Trägern und -Sponsoren finden sich zahlreiche kirchliche und religiöse Organisationen (z.B. Diocese of London, Diocese of Manchester).44 Auch Universitäten (z.B. University of Bradford) sind engagiert. Ferner Einrichtungen wie der Fußballverein Aston Villa, die Schweizer Großbank UBS, die British Telecom und das britische Verteidigungsministerium. 45 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 46 Quellen 1 Die Zentralregierung in London ist für das Bildungswesen in England zuständig. Die Bildungssysteme in Wales, Schottland und Nord-Irland genießen Teilautonomie, zuständig sind die jeweiligen Regionalregierungen. 2 http://www.telegraph.co.uk/news/politics/david-cameron/, 8.3.2011; http://www.independent.co.uk/news/uk/politics/revealed-how-cameron-is-relatedto-the-queen-518176.html; 8.3.2011 3 Tina Kaiser, Britische Familien bangen um ihre Existenz, Welt Online, 31.1.2011 4 NUT, What Teachers need to know about the cuts, Winter 2010, Seite 4 5 NUT, What Teachers need to know about the cuts, Winter 2010, Seite 5, zum Herunterladen unter: http://www.teachers.org.uk/, 17.1.2011 6 http://www.guardian.co.uk/uk/blog/2010/nov/10/demo-2010-student-protestslive; 18.3.2011 7 http://www.bbc.co.uk/news/education-11829102; 18.3.2011 8 Marin Löhndorf, Die Büchse der Pandora, in: NZZ Online, 18.1.2011 9 Department for Education, The Importance of Teaching. The Schools White Paper 2010 10 White Paper, Seite 3 11 Department for Education, Written ministerial statement by the Secretary of State for Education on schools financial settlement – Pupil Premium, 13.12.2010; http://www.education.gov.uk/inthenews/inthenews/a0070359/written-ministerialstatement-by-the-secretary-of-state-for-education-on-schools-financial-settlementpupil-premium, 14.1.2011 12 White Paper, Seite 4 13 White Paper, Seite 52 14 siehe Privatisierungsreport Nr.1, Seite 24f 15 http://www.education.gov.uk/schools/leadership/typesofschools/academies/whatis anacademy/a0061252/about-academies; 11.3.2011 16 46 White Paper, Seite 53 17 White Paper, Seite 55 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 47 18 http://www.bbc.co.uk/news/education-12121889; 18.3.2011 19 Jeevan Vasagar, Allegra Stratton, Geoffrey Canada warns Michael Gove teaching unions “kill” innovation, guardian.co.uk, 5.10.2010; http://www.guardian.co.uk /politics/2010/oct/05/geoffrey-canada-education-unions, 17.1.2011 20 White Paper, Seite 57 21 NUT/YOUGOV Opinion Poll on Free Schools – Summary Analysis; http://www.teachers.org.uk/files/Summary-Free-School-Survey.doc, 14.1.2011 22 White Paper, Seite 25; vgl. Gina Thomas, Nur die Guten sollen Lehrer werden, in: Online-Ausgabe der FAZ, 4.12.2010 23 siehe Privatisierungsreport Nr.12 24 White Paper, Seite 21 25 White Paper, Seite 21 26 White Paper, Seite 22 27 White Paper, Seite 22 28 Böllings Anekdote ist zu finden in: Rolf Messerschmidt, Elementarschule und schulische Lernkultur um 1800, Seite 5 29 http://www.aldridgefoundation.com/; 18.3.2011 30 The Sunday Times Rich List 2010; http://features.thesundaytimes.co.uk/richlist/live/richlist/view/group1/1/rank/-/Rod%20Aldridge#list, 19.1.2011 31 http://www.capita.co.uk/Pages/Default.aspx; 18.3.2011 32 http://www.capita.co.uk/markets/Pages/markets.aspx, 17.1.2011; siehe auch Privatisierungsreport Nr. 2, Seite 28f 33 http://www.aldridgefoundation.com/faq, 17.1.2011 34 Siehe Bericht der britischen Schulinspektionsbehörde OFSTED vom 13.5.2010, zum Herunterladen unter: http://www.ofsted.gov.uk/oxedu_providers/full/ (urn)/135770/(type)/8192/(typename)/Secondary%20education, 18.1.2011 35 Essa Academy, Online Prospectus, zum Herunterladen unter: http://www.essaacademy.org/About+Us+-+GCSE+Results/3/, 18.1.2011 36 http://www.edge.co.uk/about-edge, 18.1.2011 37 http://www.edge.co.uk/our-people, 18.1.2011 38 http://www.edge.co.uk/projects/edge-academies, 18.1.2011 47 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 48 39 http://www.arkonline.org/, 18.1.2011 41 http://www.arkonline.org/about-ark/the-team/, 18.1.2011 42 The Sunday Times Rich List 2010; http://features.thesundaytimes.co.uk/richlist/live/richlist/view/group1/1/rank/-/Stanley%20Fink#list, 19.1.2011 43 http://www.arkonline.org/education/ark-schools/; 21.3.2011 44 48 http://www.wolfson.org.uk/about-us/, 18.1.2011 40 dazu und zum Folgenden: NUT, List of Academies: Sponsors and Local Authorities – Updated November 2010, zum Herunterladen unter: www.teachers.org.uk/ files/Academies-table-showing-sponsors-and-LA.-Nov10.doc, 18.1.2011 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 49 5. England: Wie die Gewerkschaften gegen Kürzungen und Privatisierung kämpfen „Wir werden diese grausamen Einschnitte bekämpfen“, verspricht Brendan Barber, Generalsekretär des britischen Gewerkschaftsdachverbandes Trades Union Congress (TUC).1 Mehr als 250.000 Menschen protestieren am 26. März 2011 in London gegen das gewaltige Kürzungsprogramm der Regierung. Einzelne Demonstranten greifen Geschäfte und Banken an, 214 werden verhaften, 66 Menschen verletzt. Das meldet die BBC. „Das Ausmaß des Angriffs auf den öffentlichen Dienst und auf öffentliche Bildung wird Tag für Tag klarer.“ 2 Christine Blower, Generalsekretärin der National Union of Teachers, Dezember 2010 Auch die Lehrergewerkschaft National Union of Teachers (NUT) gehört zum TUC, auch viele Tausend NUT-Mitglieder waren dem Ruf nach London gefolgt. „Unterstützt Bildung, unterstützt Schulen und kämpft dafür, dass die Tür zum Lernen für alle Kinder offen bleibt“, fordert die Gewerkschaft.3 NUT betont nicht nur, wie schädlich die Kürzungen für bestehende öffentliche Schulen sind. Sie hat sich vor allem den Kampf gegen neue Academies und Free Schools auf ihre Fahnen geschrieben. Denn die neuen Privatschulen bedrohen das kollektive Vergütungssystem und die Sozialleistungen, die die Gewerkschaft für Lehrkräfte ausgehandelt hat.4 „Academies und Freie Schulen bewegen sich, vom Gesetz her, außerhalb dieses Systems“, stellt NUT klar. Wenn eine öffentlichen Schule in eine Academy umgewandelt wird, so bleiben die Rechte der bisher beschäftigten Lehrkräfte zwar bestehen. Doch sei ungewiss, ob sie künftig von den Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst profitieren werden, betont NUT. Kommen zudem immer neue Lehrerinnen und Lehrer hinzu, steige der Druck, das nationale Vergütungssystem zu verlassen. Und mit den neu eingestellten Lehrern könne eine 49 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 50 Academy-Leiter ohnehin „tun was er will.“ NUT warnt ihre Mitglieder, der Umwandlung ihrer Schule zur Academy zuzustimmen. Dazu stellt sie auf ihrer Homepage Argumentationshilfen bereit. Auch kritische Unterlagen zu US-Charter Schools finden sich dort. Außerdem eine Liste, auf der alle bestehenden Academies und ihre Sponsoren veröffentlicht sind.5 „Weitere Academies und neue, so genannte Freie Schulen zu schaffen, ist ein Angriff auf freie, öffentliche und demokratisch kontrollierte Bildung. Es ist Privatisierung in großem Maßstab und nicht akzeptabel.“6 Christine Blower, Generalsekretärin der National Union of Teachers, im Juni 2010 Eine ähnliche Liste publiziert sie auch zu den Free Schools.7 NUT ließ zudem 1.000 Eltern in jenen 22 Regionen befragen, in denen neue Freie Schulen entstehen sollen.8 Ergebnis: „Freie Schulen werden nicht gebraucht oder gewollt“. 75 Prozent der Eltern bewerten die Qualität der gegenwärtigen Schulen mit gut oder ziemlich gut. Nur 20 Prozent der Eltern glauben, dass Freie Schulen Qualitätsstandards anheben. 52 Prozent sind der Meinung, dass der Betrieb von Schulen Aufgabe der lokalen Behörden sein soll. 72 Prozent fordern, dass auch freie Schulen dem nationalen Curriculum zu folgen haben. 78 Prozent legen Wert darauf, dass lediglich ausbildete Lehrkräfte unterrichten. Mehr als zwei Drittel der Eltern wünschen Schulen, die auch eine Bücherei, Freiflächen zum Spielen, eine Kantine und eine Küche bieten. Was eine Freie Schule, die in einem ehemaligen Ladenlokal untergebracht ist, kaum leisten kann. Christine Blower, Generalsekretärin der NUT, urteilt zudem: Das millionenschwere „Pupil Premium“-Förderprogramm des Bildungsmini50 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 51 steriums sei nichts als ein Taschenspielertrick.9 „Die Regierung verschiebt einfach nur Geld innerhalb des Systems.“ Von diesem Programm profitierten nur wenige Schulen, betont die Gewerkschafterin. Nach Schätzungen des britischen Institute for Fiscal Studies gilt, dass in England 60 Prozent aller Grundschüler (primary students) und 87 Prozent aller Mittelstufenschüler (secondary students) von Einschnitten im Schulbudget betroffen sein werden. Mehr noch: Lehrergehälter werden eingefroren, Pensionen gekürzt.10 Schon heute, so NUT, liege die durchschnittliche Pension eines englischen Lehrers bei weniger als 10.000 Britischen Pfund pro Jahr.11 Auch das Schulbauprogramm wird um 60 Prozent runtergefahren. Christine Blower bringt es auf den Punkt: Privatisierung und die Einschnitte führen dazu, dass die Klassen größer werden. Und dass sich Lehrer besorgt fragen, wie sie unter diesen Umständen hochwertigen Unterricht anbieten können. 51 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 52 Quellen 1 NUT, Standing up for Education – Tough Times Ahead, Pressemitteilung vom 16.12.2010; http://www.teachers.org.uk/node/12275, 14.1.2011 3 http://www.teachers.org.uk/, 18.1.2011 4 dazu und zum Folgenden: NUT, Academies. The Facts, zum Herunterladen unter: http://www.teachers.org.uk/academies, 18.1.2011 5 NUT, List of Academies: Sponsors and Local Authorities 6 NUT, Save our Schools lobby of parliament, Pressemitteilung vom 30.6.2010; http://www.teachers.org.uk/taxonomy/term/1594, 14.1.2011 7 NUT, Free schools and their linked companies, zum Herunterladen unter: http://www.teachers.org.uk/freeschools, 18.1.2011 8 Pressemitteilung der NUT vom 3.1.2011; http://www.teachers.org.uk/, 14.1.2011 9 NUT, Standing up for Education – Tough Times Ahead, Pressemitteilung vom 16.12.2010; http://www.teachers.org.uk/node/12275, 14.1.2011 10 NUT, Gove admits school funding cuts, Pressemitteilung vom 26.10.2010; http://www.teachers.org.uk/taxonomy/term/1594, 14.1.2011 11 52 http://www.bbc.co.uk/news/uk-12864353; 13.4.2011 2 NUT, Pay and pensions under attack, Pressemittteilung vom 30.6.2010; http://www.teachers.org.uk/taxonomy/term/1594, 14.1.2011 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 53 6. Deutschland: Wie Neoliberale und Stiftungen den Umbau des öffentlichen Bildungswesens betreiben 6.1 Der Aufstieg der Stiftungen Das Stiftungswesen in Deutschland blickt auf eine lange Geschichte zurück. Ob im Mittelalter, zu Kaiser Wilhelms Zeiten, in der Weimarer Republik – Stiftungen gab es immer. Doch zu Beginn der 2000er Jahre setzte ein Aufschwung sondergleichen ein. Die rot-grüne Bundesregierung verabschiedete im Jahr 2000 ein Gesetz, um Stifter und Stiftungen steuerlich noch besser zu stellen.1 Der zuständige Finanzminister damals: Hans Eichel (SPD). 2007 legte die rot-schwarze Bundesregierung nach. Das „Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements“ verschaffte Stiftern weitere Steuererleichterungen.2 Der Finanzminister hieß: Peer Steinbrück (SPD). Parallel dazu wurden die Abgaben für Wohlhabende und viele Unternehmen gesenkt. Deutschland sei nun eine „Steueroase für Reiche“, erklärt Ulrich Thöne, Vorsitzender der GEW. Der Erfolg ließ nicht auf sich warten. 1999 lag die Zahl der Stiftungen bei rund 8.000. Derzeit sind es gut 18.000. Nach Angaben des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen besitzen sie inzwischen ein Vermögen von zusammen „mehr als 100 Milliarden Euro.“3 Für „satzungsgemäße Zwecke“ geben Stiftungen jährlich 16 bis 17 Milliarden Euro aus. Zu den reichsten Stiftungen zählen laut Bundesverband:4 Robert-BoschStiftung (5,25 Mrd. Euro Vermögen), Dietmar-Hopp-Stiftung (2,9 Mrd. Euro), Else-Kröner-Fresenius-Stiftung (2 Mrd. Euro), Alfried-Kruppvon-Bohlen-und-Halbach-Stiftung (1 Mrd. Euro), Software-AGStiftung (1 Mrd.), Gemeinnützige Hertie-Stiftung (799 Mio. Euro) und Bertelsmann-Stiftung (619 Mio. Euro).5 Die meisten Stiftungen pro Einwohner finden sich in den westlichen Bundesländern. Der Stadtstaat Hamburg etwa kommt auf 68 Stiftungen pro 100.000 Einwohner.6 Nordrhein-Westfalen meldet 20. Deutli53 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 54 cher weniger gibt es in den neuen Bundesländern. Thüringen kommt auf 11 Stiftungen pro 100.000 Einwohner, in Sachsen sind es 9, in Brandenburg 6. 6.2 Wie Stiftungen das Bildungswesen umbauen Sie vergeben Stipendien für Schüler aus Migrantenfamilien. Sie stiften Preise für besonders engagierte Lehrerinnen und Lehrer. Sie geben Geld, damit Streitschlichter an Schulen ausgebildet werden können. Viele Stiftungsprojekte tragen dazu bei, die Lage an öffentlichen Schulen zu verbessern. Das ist die eine Seite. „Wir können mit Stolz sagen: 15.000 Stiftungen gibt es in Deutschland und 3.000 davon engagieren sich ganz intensiv im Bildungsbereich und übernehmen damit gesellschaftliche Verantwortung, die aus unserer Bildungslandschaft ... überhaupt nicht mehr wegzudenken ist.“7 Bundeskanzlerin Angela Merkel, 16.10.2007 Auf der anderen Seite zielen Stiftungen darauf, das öffentliche Bildungswesen umzubauen, Elemente aus der Privatwirtschaft einzuführen. Allen voran die Bertelsmann-Stiftung in Gütersloh. 2002 startete sie gemeinsam mit der Landesregierung NRW das Projekt „Selbstständige Schule“.8 Schulen sollen sich aus dem starren Korsett der staatlichen Vorgaben lösen. Sie sollen lernen, Personalhoheit zu übernehmen und ein eigenes Budget zu verwalten. Gleichzeitig entwickelte die Gütersloher Stiftung das Evaluationsinstrument SEIS. Damit Schulen die Qualität ihrer Leistungen ermitteln können. Ein Programm, das die Deregulierung vorantreibt, warnen Teile 54 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 55 der GEW und unabhängige Bildungsexperten. In Aufsätzen, Büchern und Konferenzen nehmen sie die Stiftung des Gütersloher Medien- und Dienstleistungskonzerns kritisch unter die Lupe.9 „Die Schulen in Nordrhein-Westfalen beispielsweise, die am Programm „Selbstständige Schule“ teilnehmen, können als eine konvertierte traditionelle Charter School angesehen werden, da sie im Gegensatz zu schon bestehenden Schulen nach neuen Regelungen agieren.“10 Nathalie Maibauer, Interfakultatives Institut für Entrepreneurschip, Universität Karlsruhe, im Jahr 2006 Die Deregulierung der öffentlichen Schulen zwingt auch die Schulleiterinnen und Schulleiter, sich neuen Aufgaben zu öffnen. Und wer unterstützt sie dabei? Unabhängige staatliche Einrichtungen? Nicht in NRW. Dort werden die Schulleiter von Managern im Ruhestand gecoacht, von so genannten SeniorExperten. Ein Projekt, das die Essener Stiftung Mercator finanziert.11 Stifterin ist die Kaufmannsfamilie Schmidt, die zu den Gründern des Metro-Konzerns gehört. Viele unternehmensnahe Stifter und Stiftungen fördern zudem private Bildungseinrichtungen. Manche unterhalten gar ihre eigene Privathochschule. Etwa die Gemeinnützige Hertie-Stiftung (Hertie School of Governance, Berlin) und die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius (Bucerius Law School, Hochschule für Rechtswissenschaft, Hamburg). Der Milliardär Otto Beisheim und seine Stiftung sponsern die WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar bei Koblenz. Die Jacobs-Stiftung sorgte für Schlagzeilen, als sie 200 Millionen Euro in die International University Bremen steckte – die prompt in Jacobs University umbenannt wurde. 55 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 56 „Ich werde stets einer der glühendsten Verfechter unserer Idee der Privatinitiative im Hochschulbereich und in der Eliteförderung sein.“12 Otto Beisheim, Gründer der Metro AG, Milliardär und Stifter Auch andere Stiftungen pflegen enge Beziehungen zu privaten Bildungseinrichtungen. So zählt die Bertelsmann-Stiftung seit Jahren zu den Förderern der privaten Universität Witten-Herdecke.13 Die Vodafone-Stiftung vergibt Stipendien für Studierende mit Migrationshintergrund – aber nur dann, wenn sie sich an privaten Hochschulen einschreiben.14 Die Stiftung des Schraubenkönigs und Milliardärs Reinhold Würth betreibt eine Privatschule – die Freie Schule Anne-Sophie in Künzelsau bei Heilbronn15. Auch Barbara Schadeberg, deren Familie die Krombacher-Brauerei besitzt, engagiert sich auf diesem Feld. Aus ihrem Vermögen wurde die Barbara-Schadeberg-Stiftung errichtet, die Schulen in evangelischer Trägerschaft fördert.16 Die Dietmar-HoppStiftung zog 3,7 Millionen Euro aus der Schatulle, um eine hochmoderne Sporthalle zu finanzieren – für das Privatgymnasium in der Gemeinde St.Leon-Rot, südwestlich von Heidelberg.17 Die SoftwareAG-Stiftung gibt Geld für die private Alanus-Hochschule in Alfter und Bonn.18 Sie förderte zudem Studien, die der Privatschullobby Argumente an die Hand geben. Beispiel: Die Untersuchung mit dem Titel „Keine Zukunftsperspektive für Schulen in freier Trägerschaft?“19 Die Chefs vieler unternehmensnahen Stiftungen sind zudem der Meinung, dass an Schulen vor allem der Unterricht zu fördern ist, der von der Industrie verlangt wird. Gemeint sind die MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). Entsprechend nehmen sie Einfluss. MINT-Unterricht fördert die Deutsche-TelekomStiftung21, die Siemens-Stiftung22, die Heinz-Nixdorf-Stiftung23 oder die Bayer Science & Education Foundation.24 Um nur einige zu nennen. 56 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 57 „Die kommunalen, die Landes- und die Bundesmittel gehen zurück; das Vermögen im privaten und auch im Industriebereich ist enorm gewachsen. Da liegt es nahe, dass die Wirtschaft in einigen Bereichen über Stiftungen einspringt.“20 Klaus Kinkel, Vorsitzender der Deutschen Telekom-Stiftung, Ex-Bundesaußenminister, im Jahr 2007 Auch die private Initiative Teach First Deutschland wäre wohl kaum auf die Beine gekommen, gäbe es nicht die Finanzkraft großer Stiftungen. Zu den Förderern zählen Gemeinnützige Hertie-Stiftung, VodafoneStiftung, Robert-Bosch-Stiftung, Haniel-Stiftung und RAG-Stiftung.25 Jüngst kam die Stiftung des Unternehmers Manfred Lautenschläger (Finanzdienstleister MLP) hinzu.26 Die Gründerinnen von Teach for America und Teach First: Verblüffende Parallelen Wendy Kopp, die Gründerin von Teach for America, studierte an der privaten Princeton University. In ihrer Abschlussarbeit entwickelte sie die Idee, dass ein „teacher corps“, bestehend ausTopAbsolventen der Unis, zwei Jahre lang an Brennpunktschulen arbeiten könnte.27 „An oft-told tale“, eine häufig erzählte Geschichte, kommentiert die amerikanische Bildungswissenschaftlerin Diane Ravitch.28 Das US-MagazinTime zählte Wendy Kopp im Jahr 2010 zu den weltweit 100 einflussreichsten Persönlichkeiten.29 Auch Kaija Landsberg studierte an einer privaten Hochschule, der Hertie School of Governance. Wieder sorgte eine Uni-Ab57 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 58 schlussarbeit für die Initialzündung: Landsberg untersuchte in ihrer Masterarbeit, wie sich Teach for America auf Deutschland übertragen lässt.30 Auch diese Gründungsgeschichte geht durch die Presse. Was denn Teach for America bewirken konnte, wird Kaija Landsberg gefragt.31 Ihr „Lieblingsbeispiel“ sei Michelle Rhee, antwortet Landsberg. Michelle Rhee ist ehemalige Teach for America-Aktivistin und arbeitete jahrelang als Oberste Schulinspektorin von Washington D.C. Rhee, gefeiert im Film „Waiting for Superman“, gilt als Gegnerin der US-Lehrergewerkschaften.32 Doch große, unternehmensnahe Stiftungen, die mit viel Geld locken und politisch bestens vernetzt sind, bilden nur einen Ausschnitt der Stiftungs-landschaft. Den Löwenanteil stellen kleine und mittlere Stiftungen. Die arbeiten häufig nur in ihrer Heimatregion. Finanziell sind sie schwach auf der Brust. Macht es Sinn, ihnen politische Verantwortung für gesellschaftliche Aufgaben zu übertragen? Der GEW-Vorsitzende Ulrich Thöne lehnt deren Beteiligung grundsätzlich ab. „Stiftungen sind keine Repräsentanten der Bürgerinnen und Bürger. Sie können deren demokratische Teilhabe nicht ersetzen“, so der GEW-Chef. 6.3 Fallbeispiel „Jobstarter“ Randstad-Stiftung, Stiftung Bürgermut, Louis-Leitz-Stiftung, HeidehofStiftung – sie und viele weitere Stiftungen haben ihre Leute nach Berlin-Wilmersdorf geschickt. Dort sitzen sie nun, im großen, stuckverzierten Saal des Logenhauses, in dem sich sonst Berlins Freimaurerlogen treffen. Geladen haben die Verantwortlichen von Jobstarter, einem Projekt, dass sich um zusätzliche Ausbildungsmöglichkeiten für Jugendliche kümmert.33 Jobstarter wird vom Bundesbildungsministerium und dem Europäischen Sozialfonds mit 125 Millionen Euro finanziert. Das Pro58 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 59 jekt läuft von 2006 bis 2013 und ist beim Bonner Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB) angesiedelt. Jobstarter zielt auf eine „bessere Kooperation der Akteure vor Ort“, heißt es auf der Projekthomepage. Ein Aktionsfeld: „Die Förderung von Stiftungen in der beruflichen Bildung“. Stiftungen sollen also helfen, dass jungen Frauen und Männern der Einstieg ins Arbeitsleben gelingt. Um Unternehmern und wohlhabenden Einzelpersonen das Stiften schmackhaft zu machen, weisen die Jobstarter-Projektbetreiber in gleich zwei Broschüren auf die Vorteile hin, die Stifter genießen. Beide Veröffentlichungen kommen hochoffiziell daher, tragen das Logo des Bundesbildungsministerium. In der Broschüre „Stiftungen für die berufliche Bildung“ heißt es etwa: „Die Stiftung kann natürlich auch – behutsam – zu Marketingzwecken eingesetzt werden.“34 Der Nutzen beginne beispielsweise damit, dass die Stiftung den Namen des eigenen Unternehmens trage. Außerdem könne die Stiftung als „strategisches Kommunikationsinstrument“ eingesetzt werden. „Man denke beispielsweise an ein Arzneiunternehmen, dessen Stiftungen alljährlich Fortbildungsangebote für Medizinstudenten anbietet...“ Die Frage laute, heißt es in der Broschüre weiter: Wie könne mit der Stiftung die zukünftige Zielgruppe des Unternehmens erreicht werden? Doch bislang hält sich der Erfolg offenbar in Grenzen – selbst aus Sicht der Initiatoren. Zwar seien aus dem Jobstarter-Programm bereits zehn Stiftungen zur Förderung der beruflichen Bildung hervorgegangen, heißt es in einem Jobstarter-Faltblatt.36 Doch stünden diese, wie andere kleine und mittlere Stiftungen, vor einer Herausforderung: „Weil die Stiftungskapitalerträge nicht zur Fortführung ihre Projekte ausreichen, müssen sie Zustiftungen und Spenden einwerben.“37 Die JobstarterLeute luden deshalb zur „Fachtagung Stiftung & Fundraising“. Im Logenhaus geht es also um die Frage: Wie können wir Geld einsammeln, 59 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 60 „Sie dürfen ein Drittel der jährlichen Erträge für sich und ihre nächsten Angehörige nutzen ...“ „Wer mit einer Million Euro eine Stiftung gründet, erhält im optimierten Fall rund 500.000 Euro vom Fiskus zurück! ... Bei der Übertragung des Vermögens auf eine gemeinnützige Stiftung fallen weder Schenkung- noch Erbschaftsteuer an ... Sie dürfen ein Drittel der jährlichen Erträge für sich und ihre nächsten Angehörigen nutzen ... Mit Ihrer Stiftung erlangt Ihr Name oder der Ihres Unternehmens Unsterblichkeit.“35 „Eine Stiftung gründen – berufliche Ausbildung gestalten“, herausgegeben von der Programmstelle beim BIBB für das Programm Jobstarter im Jahr 2008 damit die Förderprojekte der Stiftungen nicht gleich wieder den Bach runtergehen? Auch Heike Kahl, Geschäftsführerin der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS), sieht das Problem. „Der Stiftungsboom hält an“, erklärt die promovierte Germanistin auf der Berliner Tagung. Doch entstünden in der Regel kleine Stiftungen. „Die sind auf Fundraising angewiesen.“ Als Ausweg empfiehlt sie Zusammenarbeit. Doch dazu seien viele nicht bereit, so Kahl. Denn viele kleine Stiftungen fürchteten, in einem Gemeinschaftsprojekt ihr Profil zu verlieren. Wie begrenzt die Möglichkeiten einer kleinen Stiftung sind, bestätigt Uwe Otto von der Berliner Ausbildungsstiftung „HandWerk stiftet Zukunft“. Zu den Gründungsstiftern gehört die Berliner Innung Sanitär, Heizung, Klempner, Klima.38 Mit dabei sind große Unternehmen wie Vattenfall und Vaillant. Und das Stiftungskapital? Durch Zustiftungen sei man inzwischen bei rund 100.000 Euro angenommen, berichtet Stephanie Irrgang, die bei der Ausbildungsstiftung für Fundraising zuständig ist.39 Damit lassen sich schwerlich Projekte auf die Beine stellen. So 60 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 61 werden die fünf Mitarbeiter der Ausbildungsstiftung von Jobstarter bezahlt. Also heißt es: Klinken putzen, um Spenden und Sponsorengelder einzutreiben. Man gehe jetzt auf große Berliner Unternehmen und finanzstarke Einzelpersonen zu, erzählt Uwe Otto. Er gibt sich zuversichtlich. „Wir kommen langsam in die Türme rein“. Auch Drittmittel der öffentlichen Hand habe man schon eingeworben, ergänzt Stephanie Irrgang.40 Wichtig sei das richtige Auftreten. Die Stiftung präsentiere sich deshalb möglichen Unterstützern als „Bildungsdienstleister“, berichtet Otto. So sorge man gemeinsam mit einem Unternehmen dafür, dass Auszubildende, die durch die Prüfung gerasselt sind, für die Wiederholungsprüfung fit gemacht werden. Weiteres Projekt: Nachhilfe in Mathematik, angeboten an zwei Berliner berufsbildenden Schulen, den so genannten Oberstufenzentren (OSZ). Kosten für die Stiftung: 180 Euro pro Schüler und Halbjahr. „30 Azubis werden regelmäßig unterrichtet“, so Stephanie Irrgang. Und zwar jeweils eine Stunde pro Woche. Es unterrichten Lehrkräfte, überwiegend von den OSZ, die auf Honorarbasis bezahlt werden. Man plane, künftig auch Nachhilfe in Deutsch anzubieten, sagt Stephanie Irrgang. Auch Nachhilfe in Chemie sei denkbar. Auch Stephanie Odenwald vom GEW-Hauptvorstand kritisiert die bundesweite „Projektitis“, wenn es um den Übergang von der Schule in den Beruf geht. Ein Flickenteppich, bestehend aus ungezählten Initiativen, Programmen und Maßnahmen. Das sei „intransparent und wenig effizient“, was eine aktuelle Untersuchung für Nordrhein-Westfalen belege.41 Stephanie Odenwald fordert stattdessen „dauerhafte und verlässliche Strukturen“. Entweder im dualen System, wo sich Unternehmen in Zusammenarbeit mit berufsbildenden Schulen umfassender als bisher um Ausbildung kümmern. Oder an Vollzeit-Berufsschulen, die vom Staat finanziert werden. Und was hält die Gewerkschafterin vom Nachhilfe-Projekt der Berliner Ausbildungsstiftung? Gar nichts. Die GEW fordere, so Odenwald, dass schwächere Jugendliche Lern61 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 62 rückstände an der Berufsbildende Schule aufholen können. „Wenn kleine oder große Stiftungen diese Aufgabe übernehmen, ist das für die Berliner Schulverantwortlichen geradezu peinlich.“ 6.4 Vorbild Charter School: Das Lobbying hat begonnen Karlsruhe, Engesserstrasse 13. Hier forschte der Wirtschaftswissenschaftler und Pädagoge Ludwig Paul Häußner, Jahrgang 1958.42 Sein Arbeitsplatz war das Interfakultative Institut für Entrepreneurship, auf Deutsch: Institut für Unternehmertum. Eine Einrichtung der Universität Karlsruhe, die bis September 2010 von Professor Götz Werner geleitet wurde, dem Gründer der Drogeriemarktkette dm.43 Häußner findet, Schule müsse als „pädagogisch-unternehmerische Aufgabe“ verstanden werden.44 Dies sei an herkömmlichen öffentlichen Schule nicht möglich. Er suchte Alternativen – und fand sie in Amerika. Häußner schreibt im Jahr 2007: „Erfreulicherweise bieten die in den USA als Charter Schools bezeichneten Schulen Raum für Educational Entrepreneurship“. Nathalie Maibaum ging in ihrer Diplom-Arbeit am Entrepreneur-Institut, betreut von Ludwig Paul Häußner, einen Schritt weiter. Sie untersuchte, wie sich das Charter School-Modell auf Deutschland übertragen lässt. Für eine Übertragung sprächen „die vorwiegend positiven Ergebnisse der Charter Schools in den USA“, so Maibaum. Allerdings seien „veränderte Rahmenbedingungen“ und Gesetzesänderungen“ nötig, etwa zur „Absicherung der Finanzierung“.45 Nathalie Maibaum erinnert auch daran, wer sich in den USA gegen weitere Charter Schools stellt („...immer mehr Gegenwind von den Lehrergewerkschaften...“).46 62 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 63 „Es gibt nicht zu viele, sondern zu wenige Privatschulen und Charter Schools.“ 47 Christian Füller, taz-Redakteur und Bildungsjournalist Christian Füller, taz-Redakteur und Bildungsjournalist ist es, der auf die Arbeiten von Ludwig Paul Häußner aufmerksam macht. Und zwar in seinem Buch „Ausweg Privatschulen?“, erschienen im Verlag der Körber-Stiftung. Dort plädiert er dafür, Charter Schools in Deutschland einzuführen. Und feiert den US-Charter-School-Betreiber Geoffrey Canada („... der gerade das Wunder von Harlem vollbringt“, „voller pädagogischer Ideen – und Unternehmergeist“ ).48 Nicht Charter School, sondern „Bürgerschule“ nennt die FDP im Berliner Abgeordnetenhaus ihr Schulmodell.49 Die FDP fordert, die Organisation aller öffentlichen Schulen Berlins „auf freie Träger wie Vereine, Stiftungen oder Kirchen zu übertragen.“ Die so entstehende „Bürgerschule“ erhält Budgetfreiheit, Personalfreiheit und Gestaltungsfreiheit. „Welche pädagogischen Schwerpunkte sie setzen, entscheidet jede Schule in eigener Verantwortung“, wünschen die Berliner Liberalen. Gleichzeitig wollen sie ein Gutscheinmodell einführen. Jedes schulpflichtige Kind erhält dann einen Gutschein, den es an jeder Berliner Schule einlösen kann – unabhängig von deren Trägerschaft. Was die Wahlmöglichkeiten der Eltern erweitern soll. Die Schule wiederum reicht ihre Gutscheine beim Land Berlin ein. Und erhält dann pro Gutschein einen festen Betrag. Elternbeiträge, wie heute an Privatschulen üblich, fallen in diesem Modell weg. „Wir ermöglichen Privatschule für alle!“, jubeln die Liberalen. Der Wohlfahrtsverband „Der Paritätische“, Landesverband Berlin, zum dem auch Träger privater Schulen gehören, bläst ins gleiche Horn.50 Er 63 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 64 fordert einen „Modellversuch zu Bürgerschulen in Berlin.“51 Und Bildungsgutscheine obendrein. Das Konzept schrieb Warnfried Dettling, ehemals Leiter der Planungsgruppe in der CDU-Bundesgeschäftsstelle,52 mit guten Kontakten zur Bertelsmann-Stiftung. Der Gesamtverband des Paritätischen plädiert inzwischen bundesweit für die „Bürgerschule“.53 „Schule muß aus zentralistischen Verwaltungsstrukturen herausgelöst werden“, verlangt er. Und: „Frei-gemeinnützige Schulträgerschaften müssen gefördert werden.“ Ähnlich die Position der Stiftung Zukunft Berlin. Sie stellt „die Frage nach selbstständigen, von Bürgern getragenen Schulen“.54 Und zwar „gemeinsam mit unseren Partnern“, zu denen der Paritätische Wohlfahrtsverband und die Bürgerstiftung Berlin gehörten. So steht es auf der stiftungseigenen Homepage. Gründer der mit vielen Prominenten besetzten Stiftung ist der Fabrikant und Kunstsammler Dieter Rosenkranz.55 Den Vorsitz des Stiftungsvorstandes hat Volker Hassemer inne, einst Berliner Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz. Zu den Stiftungsförderern zählen die Commerzbank, die Unternehmensberatung KPMG sowie das Pharmaunternehmen Sanofi-Pasteur MSD. Freie Trägerschaft bei öffentlicher Finanzierung, das fordert auch der von der bayerischen Wirtschaft finanzierte Aktionsrat Bildung.56 Tiefgreifende Änderungen, die in Richtung Bürgerschule und US-Charterschule gehen, verlangen die hessischen Unternehmerverbände.57 Sie reden der „weiteren Dezentralisierung“ das Wort, durch „Übertragung der vollständigen Personal- und Budgetverantwortung auf die Schulen“. Sie fordern längere Arbeitszeiten für Lehrkräfte plus Einführung einer vermeintlich „leistungsorientierten Lehrervergütung“. Ebenfalls im Programm: Die „Zusammenlegung von Schulämtern“, zur „Reduzierung der Schulverwaltung“. 64 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 65 „Die Einführung einer leistungsorientierten Lehrervergütung erhöht die qualitätswirksamen Effekte. Mit gleichen Mitteln lassen sich höhere Wirkungsgrade der eingesetzten Personalbudgets erreichen. Die dafür freiwerdenden Mittel in Hessen betragen zwischen gut 40 und rund 580 Millionen Euro ...“58 Vereinigung der Hessischen Unternehmerverbände, September 2010 Widerspruch gegen die „Bürgerschule“ erhebt sich. Etwa in Bremen, wie der Weser-Kurier berichtet.59 „Braucht man für mehr schulische Autonomie und inhaltliche Impulse tatsächlich ein neues rechtliches System?“, fragt Hajo Kuckero von der Bremer GEW. „Die Unterfinanzierung der Schulen ist das eigentliche Problem“, stellt GEW-Vorsitzender Ulrich Thöne fest. „Das öffentliche Bildungswesen materiell auszutrocknen, um den Weg zu bereiten für den Systemwechsel, für die umfassende Privatisierung – das dürfen wir niemals zulassen“, erklärt Ulrich Thöne. 65 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 66 Quellen 1 2 Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements vom 10.10.2007 (Bundesgesetzblatt I Nr.50 ) 3 Bundesverband Deutscher Stiftungen, Zahl der Stiftungen klettert auf über 18.100, Pressemitteilung vom 10.2.2011, http://www.stiftungen.org/de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen-dynamische-inhalte/detailseite-pressemitteilung. html?tx_leonhardtfebecm_pi1%5Bmode%5D=teaserstart&tx_leonhardtfebecm_pi1%5Bid%5D=800, 17.2.2011 4 Bundesverband Deutscher Stiftungen, Stiftungen in Zahlen. Stand: 10.2.2011, Folie 10, zum Herunterladen unter: http://www.stiftungen.org/de/newswissen/zahlen-daten.html, 17.2.2011 5 Der Journalist Thomas Schuler ist überzeugt, dass das Vermögen der BertelsmannStiftung in Wirklichkeit um ein Vielfaches höher liegt. Siehe: Thomas Schuler, Bertelsmann Republik Deutschland. Eine Stiftung macht Politik, Frankfurt, New York, 2010. 6 Bundesverband Deutscher Stiftungen, Stiftungen in Zahlen. Stand: 10.2.2011, Folie 6, zum Herunterladen unter: http://www.stiftungen.org/de/newswissen/zahlen-daten.html, 17.2.2011 7 http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Bulletin/2007/10/109-3-bksymposium,layoutVariant=Druckansicht.html; 21.3.2011 8 http://www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/SID-22F0896D-BBA42E3C/ bst/hs.xsl/88751.htm, 17.2.2011 9 zum Beispiel: Privatisierungsreport Nr.2, Seite 8ff, Jens Wernicke u.a. (Hg.), Netzwerk der Macht – Bertelsmann, Marburg 2007; Thomas Schuler, Bertelsmann Republik Deutschland, Frankfurt am Main, 2010 10 Nathalie Maibauer, Educational Entrepreneurship. Schule als pädagogisch-unternehmerische Aufgabe unter Berücksichtigung des Charter-School-Modells, Karlsruhe 2006, Seite 74f 11 http://www.stiftung-mercator.de/kompetenzzentren/bildung/schulleitungscoa ching-durch-seniorexperten-nrw.html, 17.2.2011 12 66 Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen vom 14.7.2000 (Bundesgesetzblatt I S.1034) zitiert nach: http://www.whu.edu/cms/whu/otto-beisheim/, 19.1.2011 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 67 13 weitere Förderer sind u.a.: Vodafone-Stiftung, Stiftung Mercator, Software-AGStiftung; Stiftung Westfalen; siehe: Universität Witten-Herdecke, Strategiepapier 2009/10, Seiten 78 und 92, zum Herunterladen unter: http://www.uni-wh.de/universitaet/presse/publikationen/; 19.1.2011 14 http://www.vodafone-stiftung.de/content/programme/vodafone_chancen/presse /index.html, 20.1.2011 15 http://www.freie-schule-anne-sophie.de/impressum.html, 19.1.2011 16 http://schulen.evangelischer-bildungsserver.de/index.php?view=article&id=308%3 Abarbara-schadeberg-stiftung&option=com_content&Itemid=14; 19.1.2011 17 http://dietmar-hopp-stiftung.de/s6_bildung/hier-macht-bewegung-spass, 17.2.2011 18 http://www.software-ag-stiftung.com/de/projekte/wissenschaftsfoerderung/alanusuniversity.html,17.2.2011 19 http://www.software-ag-stiftung.com/de/die-stiftung/veroeffentlichungen.html, 17.2.2011 20 Ohne Mathe läuft nichts! Interview mit Dr. Klaus Kinkel, in: Bundesverband Deutscher Stiftungen, Stiftungsreport 2007, Seite 143 21 http://www.telekom-stiftung.de/dtag/cms/content/Telekom-Stiftung/de/407658, 17.2.2011 22 http://www.siemens-stiftung.org/de/bildung-soziale-mobilitaet/technischnaturwissenschaftliche-bildung.html, 17.2.2011 23 http://www.heinz-nixdorf-stiftung.de/Foerderprojekte/Bildung/Bildung_06_ MINToring.asp, 17.2.2011 24 http://www.bayer-stiftungen.de/de/schulfoerderprorgramm.aspx, 17.2.2011 25 http://www.teachfirst.de/investoren, 17.2.2011 26 http://www.manfred-lautenschlaeger-stiftung.de/, 18.2.2011 27 http://www.teachforamerica.org/about-us/our-team/#wendy-kopp; 21.3.2011 28 Diane Ravitch, Death and Life of the Great American School System, Seite 188 29 http://www.time.com/time/specials/packages/completelist/0,29569,198468 5,00.html, 7.2.2011 30 vgl. Vom Kopf auf die Füße gestellt, Porträt Kaija Landsberg, zum Herunterladen unter: http://www.vodafone-stiftung.de/content/social_entrepreneurship/teach_ first_deutschland/presse/portrait_kaija_landsberg/index.html, 4.2.2011 67 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 68 31 32 Diane Ravitch, Death and Life of the Great American School System, Seite 172f 33 http://www.jobstarter.de/de/104.php; 21.3.2011 34 dazu und zum Folgenden: Programmstelle beim Bundesinstitut für Berufsbildung für das Programm Jobstarter des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (Hg.), Stiftungen für die berufliche Praxis. Jobstarter Praxis – Band 3, Seite 76, Bonn, Juli 2009 35 Programmstelle beim Bundesinstitut für Berufsbildung für das Programm Jobstarter des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (Hg.), Eine Stiftung gründen – berufliche Ausbildung gestalten, Seiten 8f und 5, Bonn, Berlin 2008 36 Flyer zur “Jobstarter Fachtagung Stiftung und Fundraising”, 10.2.2011 in Berlin. 37 Flyer zur “Jobstarter Fachtagung Stiftung und Fundraising”, 10.2.2011 in Berlin. 38 http://www.handwerkstiftetzukunft.de/index.php?id=311, 17.2.2011 39 Stephanie Irrgang per Telefon am 4.3.2011 40 Stephanie Irrgang per Telefon am 4.3.2011 41 Institut Arbeit und Technik, Bildungswildwuchs zwischen Schule, Ausbildung und Beruf in NRW, Pressemitteilung vom 9.2.2011; http://www.iatge.de/index.php?article_id=1001&clang=0, 22.2.2011 42 http://www.iep.uni-karlsruhe.de/149.php, 20.1.2010 43 http://www.iep.uni-karlsruhe.de/147.php; 21.3.2011; Das Institut ist inzwischen geschlossen. Die Universität Karlsruhe heißt heute Karlsruher Institut für Technologie (KIT) 44 Ludwig Paul Häußner, Unternimm die Schule – Schule als pädagogisch-unternehmerische öffentliche Aufgabe, 2007, zum Herunterladen unter: www.iep.uni-karlsruhe.de/download/LPH_-_HIERO_Beitrag_Educational_Entrepreneurship.pdf, 20.1.2011 45 Nathalie Maibauer, Educational Entrepreneurship. Schule als pädagogisch-unternehmerische Aufgabe unter Berücksichtigung des Charter-School-Modells, Karlsruhe 2006, Seite 95 46 68 Anne Haeming im Gespräch mit Kaija Landsberg, Von der Schule und vom Lebern lernen: Rezepte für den Bildungshunger, in: Bildung und Arbeit. Forum der Eberhard von Kuenheim Stiftung Nathalie Maibauer, Educational Entrepreneurship. Schule als pädagogisch-unternehmerische Aufgabe unter Berücksichtigung des Charter-School-Modells, Karlsruhe 2006, Seite 72 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 69 47 Christian Füller, Ausweg Privatschulen? Was sie besser können, woran sie scheitern, Hamburg 2010, Seite 251 48 Christian Füller, Ausweg Privatschulen? Was sie besser können, woran sie scheitern, Hamburg 2010, Seite 244 49 http://www.fdp-fraktion-berlin.de/index.php/page/kampagnen/kampagne/3/kapi tel/5, 20.1.2011 50 ausführlich dazu: Jens Wernicke, Auf dem Weg zur „Bürgerschule“, http://www.nachdenkseiten.de/?p=4331; 13.4.2011 51 http://www.paritaet-berlin.de/artikel/artikel.php?artikel=4294, 20.1.2011 52 Der Paritätische Berlin, Bürgerschulen für alle! Schulen in Berlin – ein Reformkonzept, Berlin 2007; zum Herunterladen unter: www.paritaet-berlin.de/upload/download/3606_buergerschulen.pdf, 20.1.2011 53 Paritätischer Gesamtverband, Der Paritätische macht Schule, Thesenpapier, zum Herunterladen unter: www.paritaet-bw.de/content/e5003/e6403/PDF/thesen_bildung_gv.pdf, 20.1.2011 54 http://stiftungzukunftberlin.de/en/node/384, 20.1.2011 55 http://stiftungzukunftberlin.de/de/die-stiftung/gremien/die-stiftung, 20.1.2011 56 Aktionsrat Bildung, Bildungsautonomie: Zwischen Regulierung und Eigenverantwortung. Jahresgutachten 2010, Seite 78; zum Herunterladen unter: http://www.aktionsrat-bildung.de/; 14.3.2011; siehe auch diverse Veröffentlichungen von Ludger Wößmann, Bildungsökonom in München; Wößmann ist Mitglied des Aktionsrats Bildung 57 Vereinigung der Hessischen Unternehmerverbände in Kooperation mit dem Institut der deutschen Wirtschaft, Bildung in Zeiten knapper Kassen: Pro-KopfFinanzierung statt Institutionenförderung, September 2010, Seite 9 bis 11 58 Vereinigung der Hessischen Unternehmerverbände in Kooperation mit dem Institut der deutschen Wirtschaft, Bildung in Zeiten knapper Kassen: Pro-KopfFinanzierung statt Institutionenförderung, September 2010, Seite 10 59 Elke Hoesmann, Norbert Pfeiffer, Marcus Schuster, Bremen lehnt Bürgerschulen ab, Wester-Kurier, 7.10.2010; http://www.weser-kurier.de/Artikel/Bremen/Politik/243351/Bremen+lehnt+Buergerschulen+ab.html, 20.1.2011 69 Priva-13_innen:Layout 1 70 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 70 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 71 7. Deutschland: Was die GEW fordert q Gewerkschaften und Tarifrecht international verteidigen. q In Deutschland Unterfinanzierung des öffentlichen Sektors beseitigen. Politik der Steuersenkung stoppen. q Bildung ist keine Ware. q Bildung muß gebührenfrei und öffentlich finanziert sein. q Kein weiterer Ausbau des privaten Schulwesens. q Gegen die Einführung von privatwirtschaftlichen Organisationsformen an öffentlichen Schulen. q Gegen die Einführung von Bildungsgutscheinen. q Berufliche Ausbildung ist ein Grundrecht. Sie soll entweder im dualen System stattfinden (praktische Ausbildung im Betrieb, theoretische Ausbildung in der Berufsschule). Oder an einer staatlich finanzierten Berufsbildenden Schule in Vollzeit. 71 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 72 Ihr Kontakt zur GEW GEW Baden-Württemberg Silcherstraße 7 70176 Stuttgart Telefon: 0711/21030-0 Telefax: 0711/2103045 E-Mail: info@gew-bw.de www.gew-bw.de GEW Bayern Schwanthalerstraße 64 80336 München Telefon: 089/544081-0 Telefax: 089/5389487 E-Mail: info@gew-bayern.de www.gew-bayern.de GEW Berlin Ahornstraße 5 10787 Berlin Telefon: 030/219993-0 Telefax: 030/219993-50 E-Mail: info@gew-berlin.de www.gew-berlin.de GEW Brandenburg Alleestraße 6a 14469 Potsdam Telefon: 0331/27184-0 Telefax: 0331/27184-30 E-Mail: info@gew-brandenburg.de www.gew-brandenburg.de GEW Bremen Bahnhofsplatz 22-28 28195 Bremen Telefon: 0421/33764-0 Telefax: 0421/33764-30 E-Mail: info@gew-hb.de www.gew-bremen.de GEW Hamburg Rothenbaumchaussee 15 20148 Hamburg Telefon: 040/414633-0 Telefax: 040/440877 E-Mail: info@gew-hamburg.de www.gew-hamburg.de GEW Hessen Zimmerweg 12 60325 Frankfurt am Main Telefon: 069/971293-0 Telefax: 069/971293-93 E-Mail: info@gew-hessen.de www.gew-hessen.de GEW MecklenburgVorpommern Lübecker Straße 265a 19059 Schwerin Telefon: 0385/485270 Telefax: 0385/4852724 E-Mail: landesverband@gew-mv.de www.gew-mv.de GEW Niedersachsen Berliner Allee 16 30175 Hannover Telefon: 0511/33804-0 Telefax: 0511/33804-46 E-Mail: email@gew-nds.de www.gew-nds.de GEW Nordrhein-Westfalen Nünningstraße 11 45141 Essen Telefon: 0201/294030-1 Telefax: 0201/29403-51 E-Mail: info@gew-nrw.de www.gew-nrw.de GEW Rheinland-Pfalz Neubrunnenstraße 8 55116 Mainz Telefon: 06131/28988-0 Telefax: 06131/28988-80 E-Mail: gew@gew-rlp.de www.gew-rlp.de GEW Saarland Mainzer Straße 84 66121 Saarbrücken Telefon: 0681/66830-0 Telefax: 0681/66830-17 E-Mail: info@gew-saarland.de www.gew-saarland.de GEW Sachsen Nonnenstraße 58 04229 Leipzig Telefon: 0341/4947404 Telefax: 0341/4947406 E-Mail: gew-sachsen@t-online.de www.gew-sachsen.de GEW Sachsen-Anhalt Markgrafenstraße 6 39114 Magdeburg Telefon: 0391/73554-0 Telefax: 0391/7313405 E-Mail: info@gew-lsa.de www.gew-lsa.de GEW Schleswig-Holstein Legienstraße 22-24 24103 Kiel Telefon: 0431/5195-1550 Telefax: 0431/5195-1555 E-Mail: info@gew-sh.de www.gew-sh.de GEW Thüringen Heinrich-Mann--Straße 22 99096 Erfurt Telefon: 0361/59095-0 Telefax: 0361/59095-60 E-Mail: info@gew-thueringen.de www.gew-thueringen.de Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Hauptvorstand Reifenberger Straße 21 60489 Frankfurt am Main Telefon: 069/78973-0 Telefax: 069/78973-201 E-Mail: info@gew.de www.gew.de GEW-Hauptvorstand Parlamentarisches Verbindungsbüro Berlin Wallstraße 65, 10179 Berlin Telefon: 030/235014-0 Telefax: 030/235014-10 E-Mail: parlamentsbuero@gew.de Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 73 Antrag auf Mitgliedschaft (Bitte in Druckschrift ausfüllen) Persönliches Online Mitglied werden unter www.gew.de/Mitgliedsantrag.html Berufliches Frau/Herr Nachname (Titel) Berufsbezeichnung für Studierende: Berufsziel Vorname Diensteintritt / Berufsanfang Straße, Nr. Tarif- / Besoldungsgebiet Postleitzahl, Ort Tarif / Besoldungsgruppe Fachgruppe Stufe seit Telefon E-Mail Bruttoeinkommen Euro monatlich (falls nicht öffentlicher Dienst) Geburtsdatum Nationalität Betrieb / Dienststelle / Schule gewünschtes Eintrittsdatum bisher gewerkschaftlich organisiert bei Träger des Betriebs / der Dienststelle / der Schule von/bis (Monat/Jahr) Straße, Nr. des Betriebs / der Dienststelle / der Schule Name/Ort der Bank Postleitzahl,Ort des Betriebs/der Dienststelle / der Schule Kontonummer BLZ Ihr Mitgliedsbeitrag: - - BeamtInnen zahlen 0,75 Prozent der Besoldungsgruppe und -stufe, nach der sie besoldet werden. - Angestellte zahlen 0,7 Prozent der Entgeltgruppe und Stufe, nach der vergütet wird. - Der Mindestbeitrag beträgt immer 0,6 Prozent der untersten Stufe der Entgeltgruppe 1 des TVöD. - Arbeitslose zahlen ein Drittel des Mindestbeitrages. - Studierende zahlen einen Festbetrag von 2,50 Euro. - Mitglieder im Referendariat oder Praktikum zahlen einen Festbetrag von 4 Euro. - Mitglieder im Ruhestand zahlen 0,66 Prozent ihrer Ruhestandsbezüge. Weitere Informationen sind der Beitragsordnung zu entnehmen. Jedes Mitglied der GEW ist verpflichtet, den satzungsgemäßen Beitrag zu entrichten. Der Austritt ist mit einer Frist von drei Monaten schriftlich dem Landesverband zu erklären und nur zum Ende eines Kalendervierteljahres möglich. Mit meiner Unterschrift auf diesemAntrag ermächtige ich die GEW zugleich widerruflich, den von mir zu leistenden Mitgliedsbeitrag vierteljährlich von meinem Konto abzubuchen. Beschäftigungsverhältnis: t Honorarkraft t in Elternzeit t beurlaubt ohne Bezüge t teilzeitbeschäftigt mit t angestellt t beamtet t in Rente / pensioniert t im Studium t Altersteilzeit Ort, Datum t befristet bis t teilzeitbeschäftigt mit Std. / Woche Prozent t Referendariat / Berufspraktikum t arbeitslos t Sonstiges Unterschrift wird von der GEW ausgefüllt GEW-KV/-OV Dienststelle Tarifbereich Beschäftigungsverhältnis Bitte senden Sie den ausgefüllten Antrag an den für Sie zuständigen Landesverband der GEW bzw. an den Hauptvorstand. ¢ Vielen Dank! Ihre GEW Fachgruppe Kassiererstelle MItgliedsbeitrag Euro Startmonat Die uns von Ihnen angegebenen personenbezogenen Daten sind nur zur Erfüllung unserer satzungsgemäßen Aufgaben auf Datenträgern gespeichert und entsprechend den Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes geschützt. Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 74 Fachgruppe Nach § 11 der GEW-Satzung bestehen folgende Fachgruppen: - Erwachsenenbildung - Gesamtschulen - Gewerbliche Schulen - Grundschulen - Gymnasien - Hauptschulen - Hochschule und Forschung - Kaufmännische Schulen - Realschulen - Schulaufsicht und Schulverwaltung - Sonderschulen - Sozialpädagogische Berufe Bitte ordnen Sie sich einer dieser Fachgruppen zu. Betrieb/Dienststelle Hierunter versteht die GEW den jeweiligen Arbeitsplatz des Mitglieds. Im Hochschulbereich bitte den Namen der Hochschule/der Forschungseinrichtung und die Bezeichnung des Fachbereichs/Fachs angeben. Berufsbezeichnung Geben Sie hier bitte Ihren Beruf oder Ihre Tätigkeit an, eingetragen werden sollen auch Arbeitslosigkeit oder Ruhestand. Tarifgruppe/Besoldungsgruppe Die Angaben Ihrer Vergütungs- oder Besoldungsgruppe ermöglicht die korrekte Berechnung des satzungsgemäßen Beitrags. Sollten Sie keine Besoldung oder keine Vergütung nach TVöD/TV-L oder BAT erhalten, bitten wir Sie um die Angabe Ihres Bruttoeinkommens. Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 75 Priva-13_innen:Layout 1 24.05.2011 15:34 Uhr Seite 76